Das rote Tuch – Nr. 174

  • Endlich streiken einmal Viele konsequenter für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten, und schon kriegen Politiker, Unternehmer und Medien Schnapp-atmung. Die Streiks wären „unverhält-nismäßig“ und „verantwortungslos“, tönen sie – und versuchen immer wieder, sie zu verbieten.

    Unverhältnismäßig? Die Lufthansa hat den dritthöchsten Gewinn ihrer Firmengeschichte. Ihren Beschäftigten aber wollen sie nicht einmal die Inflation ausgleichen. Das ist unverhältnismäßig!
    Verantwortungslos? Die Regierungen haben bei Bus und Bahn über Jahre radikal Arbeitsplätze vernichtet und so unerträgliche Bedingungen geschaffen. Das ist verantwortungslos und nicht, wenn Arbeitende deshalb streiken.

    In Belgien oder Frankreich streiken sie fünf Mal so häufig, selbst in Schweden drei Mal so oft wie in Deutschland. Doch kaum wird hier mal ein bisschen mehr gestreikt, tun Politiker und Wirtschaftsvertreter so, als würden die Wirtschaft und das Land zusammenbrechen.

    Sie erklären, man müsse verhandeln statt zu streiken. Klar! Dann könnten sie wochenlang an Konferenz-Tischen sitzen und reden, ohne irgendetwas herauszurücken… während die Arbeiter*innen weiter schuften. Entschlossene Streiks sind im Gegenteil die Bedingung für ernsthafte Verhandlungen. Sie sind unser Druckmittel, um in Verhandlungen überhaupt etwas durchzusetzen.

    Um die Streikenden kleinzukriegen, versuchen die Herrschenden, die übrige Bevölkerung gegen sie aufzuhetzen. Lassen wir das nicht zu! Natürlich sind Streiks insbesondere bei Bus und Bahn eine Herausforderung für alle, die darauf angewiesen sind. Doch die Streikenden kämpfen letztlich für uns alle.

    Die Arbeitsbelastung nimmt überall zu. Und überall nutzen die Bosse Inflation und Krise, um unsere Reallöhne zu senken. Jede Branche, in der die Arbeitenden daher Lohnerhöhungen oder mehr Freizeit zur Erholung erkämpfen, macht es auch allen anderen leichter, bessere Bedingungen durchzusetzen. Auch deshalb wollen die Unternehmer möglichst nichts herausrücken.

    In der Stahlindustrie konnten die Kapitalisten im Dezember durchsetzen, dass sie die Arbeitszeit um drei Stunden erhöhen können. Seitdem wollen Unternehmer anderer Branchen ebenfalls mögliche längere Arbeitszeiten einführen. Auch die Deutsche Bahn und die Nahverkehrsbetriebe wollten dies gegen die Streikenden durchsetzen.

    Entsprechend bekommen wir ständig die Propaganda zu hören, dass wir wegen des „Fachkräftemangels“ (den sie selber verursacht haben) mehr arbeiten müssten. Keine Woche vergeht, ohne dass ein Unternehmer oder CDU-Sprecher verkündet, wir würden „zu früh“ in Rente gehen. Keine Woche ohne Hetze gegen die angebliche „Faulheit“ der jungen Generation oder der Bürgergeldempfänger.

    Sie wollen, dass wir ALLE noch mehr, länger und flexibler arbeiten – während gleichzeitig in vielen Branchen Stellen abgebaut werden. Nach dem Motto: Die einen entlässt man, die anderen müssen noch mehr arbeiten. Die Stahlindustrie macht es vor: Erst hat sie durchgesetzt, die Arbeitszeit erhöhen zu können. Und kurz darauf kündigt sie den Abbau tausender Stellen an.
    Unser Gegenprogramm kann nur lauten: Aufteilung der Arbeit unter Allen, damit jeder Arbeit hat und alle weniger und kürzer arbeiten können!

    Mit der sich verschlimmernden Wirtschaftskrise bereiten sich die Herrschenden darauf vor, uns härter anzugreifen. Eben deshalb wollen die Herrschenden es uns nach Möglichkeit noch schwerer machen zu streiken.
    Ermutigt von deren Stimmungsmache haben Rechtsextreme begonnen, reihenweise anonyme Droh-Mails an die Gewerkschaften zu verschicken. In ihnen fordern sie, die Streiks zu beenden und drohen zum Teil sogar mit Anschlägen. Einmal mehr zeigt sich, was die Rechtsextremen sind: nämlich die brutalsten Verteidiger der Reichen.

    Die Herrschenden und ihre Verteidiger werden auf allen Ebenen aggressiver. Auch deshalb können wir Arbeitenden es uns nicht mehr leisten, uns nur in dem von den Gewerkschaftsführungen vorgegebenen Rahmen zu wehren. So können wir uns nicht immer auf ein- oder mehrtägige Streiks beschränken, bei denen die Gegenseite von Vornherein weiß, wann der Streik wieder vorbei ist.

    Und vor allem können wir uns nicht leisten, weiterhin alle getrennt zu streiken. Derzeit streiken an den Flughäfen getrennt voneinander die Flugbegleiter der Lufthansa, das Bodenpersonal der Lufthansa und das Sicherheitspersonal. Die Beschäftigten des Nahverkehrs und der Deutschen Bahn streiken getrennt voneinander. Der Einzelhandel ebenfalls. Dabei haben alle ähnliche Forderungen und viele sind sogar in der gleichen Gewerkschaft. Wie viel größere Macht hätten sie, wenn sie alle gemeinsam für die gleiche Forderung streiken würden!

    Die Gewerkschaften beharren auf ihren zig getrennten Tarifverhandlungen. Doch das müssen wir überwinden, ohne oder gegen sie! Selbst mit entschlossenen Einzelstreiks schaffen wir es höchstens, Verschlechterungen zu verlangsamen. Doch mit gemeinsamen Kämpfen und mit Perspektiven wie die Erhöhung aller Löhne und Renten oder die Aufteilung der Arbeit unter Allen, die alle vereinen (Arbeitende aller Branchen, mit oder ohne Tarifvertrag, Arbeitssuchende, Rentner*innen), können wir das Kräfteverhältnis grundlegend verändern.

    Nur in solchen, gemeinsamen Kämpfen können wir uns außerdem bewusst werden, über welch eine große Kraft wir als Arbeiterklasse verfügen. Dieses Bewusstsein ist lebenswichtig! Denn die herrschende Klasse treibt die Gesellschaft in rasantem Tempo in die Katastrophe. Und nur die Arbeiterklasse hat die Kraft und Möglichkeit, sie daran zu hindern – in dem sie die Geschicke der Gesellschaft selber in die Hand nimmt.

  • Geheime Taurus-Pläne: Ein Spiel mit dem Feuer

    Das sollten wir eigentlich nie erfahren. Doch da hohe Bundeswehr-Offiziere so leichtfertig waren, sich abhören zu lassen, ist nun bekannt, warum die ukrainische Armee unbedingt Taurus-Raketen haben will und warum CDU und Co. darauf drängen, sie zu liefern: Mit den Taurus-Raketen können und sollen gezielt strategische Orte in Russland selber angegriffen und zerstört werden.

    Genau diese Sorge, in direkte Angriffe auf Russland hineingezogen zu werden ist der Grund, warum Bundeskanzler Scholz die Lieferung bislang ablehnt. Die Bundeswehr-Offiziere überlegten daher, wie sie ihn überzeugen könnten, doch zuzustimmen – und was sie ihm notfalls auch verheimlichen müssten. Denn die Programmierung der Raketen ist kompliziert und erfordert Übung. Daher diskutierten die Offiziere, wie die Bundeswehr sie aus der Ferne programmieren könnte – heimlich, damit nicht herauskommt, dass sich die Bundeswehr aktiv an Angriffen auf russischem Staatsgebiet beteiligt.

    Der Krieg war die ganze Zeit schon ein Krieg zwischen Russland und der NATO, den letztere mit Hilfe der ukrainischen Armee führt. Und schon vorher hat die NATO maßgeblich zu dessen Ausbruch beigetragen, indem sie über Jahre Stück für Stück an die russische Grenze herangerückt ist. Hinter unserem Rücken (und sogar teilweise hinter dem des Kanzlers) plante die Bundeswehr-Spitze, die Kriegs-Spirale nun noch etwas weiter zu drehen und sich aktiv am Ukraine-Krieg zu beteiligen – eine Entscheidung mit unberechenbaren Folgen! Das ist die Armee-Führung, die angeblich unseren Frieden sichern soll.

  • Tesla: Die größten Verbrecher sitzen in der Chefetage

    Ein Brandanschlag auf einen Strommast hat die Produktion des Tesla-Werks in Brandenburg und auch die Stromversorgung der Anwohner eine Woche lang lahmgelegt. Eine kleine anarchistische Gruppe wollte damit anscheinend gegen den Ausbau des Tesla-Werks protestieren. Dessen Produktion soll nämlich auf 1 Million Autos pro Jahr verdoppelt werden, obwohl schon das jetzige Werk das dortige Grundwasser-Reservoir gefährdet, welches die Region mit Trinkwasser versorgt.

    Der Anschlag auf die Stromleitung kam Tesla-Besitzer Elon Musk in Wahrheit sehr gelegen. Denn in den letzten Monaten war der Unmut unter den Arbeitenden im Werk stetig gewachsen. Viele organisierten sich in der IG Metall, obwohl Tesla jeden Gewerkschafter offen zum Feind erklärt. Und erst kürzlich protestierten 1.000 Arbeiter*innen nach vielen schweren Arbeitsunfällen für mehr Sicherheitsmaßnahmen, langsamere Taktzeiten am Fließband und einen Tarifvertrag.

    Die Chefetage nutzte den Anschlag, um die „Querulanten“ im Betrieb unterschwellig mit denen gleichzusetzen, die den Strommast sabotiert haben. Und sie versucht das Gefühl zu erzeugen, dass alle – von den Arbeitenden am Band bis zu Elon Musk – Ziel und Opfer des Anschlages wären. Jetzt müssten alle zusammenhalten, rief der Werksleiter in einer flammenden Rede. Es ist allerdings nicht sicher, wie viele Arbeiter*innen er damit überzeugt hat.

    Sicher hingegen ist, dass die Polizei, die jetzt die Saboteure der Stromleitung verfolgt, nicht den eigentlichen Verbrecher jagt: Elon Musk, der das Werk ohne Genehmigung und trotz der massiven Umwelt- und Trinkwasser-Risiken hat bauen lassen – und der in den nicht mal zwei Jahren, in denen das Werk existiert, durch Arbeitsunfälle, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen und extreme Arbeitshetze bereits die Gesundheit dutzender Arbeiter*innen zerstört hat.

  • Arbeitspflicht für Asylbewerber: Widerliche Propaganda, um die wahren Probleme zu verschleiern

    Mit großem Medien-Spektakel zwingen CDU und AfD nun im ersten Landkreis (dem Saale-Orla-Kreis in Thüringen) alle Asylbewerber, vier Stunden am Tag für 0,80 Euro Stundenlohn zu arbeiten – begleitet von der Propaganda, dass viele von ihnen „nicht arbeiten wollten“. Eine widerliche Lüge!

    Nicht nur, dass die meisten Geflüchteten in den ersten 6-9 Monaten gar nicht arbeiten dürfen. Zig bürokratische Hürden hindern sie obendrein daran, danach in regulären Jobs zu arbeiten. Angefangen damit, dass ihre Abschlüsse oft nicht anerkannt werden.
    Sogar der Führerschein von ukrainischen LKW-Fahrern, die vor dem Krieg bereits für ukrainische oder polnische Speditionen in Deutschland gefahren sind, wird oftmals nicht anerkannt. Und dann müssen sie erst Sprachkurse machen, um dann den Führerschein erneut zu machen… und dann endlich wieder dieselbe Arbeit machen zu dürfen wie vorher.

    Hinzu kommt die totale Unterbesetzung in den Behörden. Viele Geflüchtete, die eine Arbeit oder Ausbildung gefunden haben, können sie letztlich nicht antreten, weil die zuständige Behörde überlastet ist und die notwendigen Papiere hierfür erst mit Monaten Verzögerung ausstellt.

    Statt all dies zu beschleunigen, sollen dieselben Ämter nun Zeit damit verbringen, sich um 0,80-Euro-Jobs zu kümmern. Obendrein besteht die Gefahr, dass die 0,80-Euro-Jobs am Ende regulär bezahlte Stellen in Grünpflege, Reinigung, Vereinen oder Kitas ersetzen. Auf diese Weise verschlechtern CDU und AfD letztlich die Bedingungen für Alle. Das verstehen sie unter „mehr Gerechtigkeit“.

  • ThyssenKruppStahl: Das Schweigen brechen

    Im Februar haben bei der Aktionärs-Hauptversammlung von ThyssenKruppSteel (TKS) Kollegen und Angehörige des 26-jährigen bulgarischen Leiharbeiters Refat Süleyman demonstriert.
    Vor über einem Jahr wurde dieser tot in einem Schlacke-Becken im Duisburger Stahlwerk gefunden. Nachdem über 1.000 Menschen demonstriert und Aufklärung verlangt hatten, wurde eine Untersuchung eingeleitet. Diese stellte Sicherheitsmängel fest. Unter anderem fehlte am Schlacke-Becken ein Geländer, weshalb er vermutlich dort hineinstürzte.
    Doch seitdem passierte nichts. Daher gilt Refats Tod nicht einmal als Arbeitsunfall, weshalb die Unfallversicherung nicht zahlt. Auch TKS weigert sich, seine Frau und ihre beiden kleinen Kinder zu unterstützen. Und selbst vom Jobcenter bekommt seine Familie keinen Cent, weil ihnen als „EU-Ausländern“ nicht einmal Bürgergeld zusteht. Das einzige Recht, das sie haben, ist sich ausbeuten zu lassen… für die Profite von ThyssenKrupp und Co.
    Gezielt heuern die Subfirmen für TKS in Duisburg-Marxloh und Bruckhausen Leiharbeiter aus Bulgarien und Rumänien an, die gezwungen sind jeden Job anzunehmen. Auf dem Werksgelände, dessen Gefahrenquellen sie nicht kennen, müssen sie dann die dreckigsten und gefährlichsten Arbeiten erledigen.
    Mehr als zehn schwere Arbeitsunfälle gibt es dabei fast jedes Jahr, über die niemand spricht. Refats tödlicher Arbeitsunfall ist nur deshalb überhaupt bekannt und wird untersucht, weil Angehörige und Kollegen seit über einem Jahr dafür kämpfen.

  • RAF: 30 Jahre später noch immer vom Staat gejagt

    126.349 Frauen wurden in Deutschland 2022 Opfer von Gewalt in ihrer Beziehung, 133 Frauen wurden dabei getötet. Alle viereinhalb Stunden gab es einen politisch motivierten Angriff auf einen Geflüchteten – doppelt so oft wie noch ein Jahr zuvor. Doch wen jagt die Polizei mit einem Großaufgebot und Sonderkommissionen? Drei ehemalige RAF-Mitglieder, die seit 30 Jahren unauffällig und integriert gelebt haben.
    Der Staat ist auf dem rechten Auge blind, das hat sich in den letzten 30 Jahren nicht geändert.


    Die Mitglieder der RAF waren Menschen, die ab den 1970er Jahren aus Wut und Verzweiflung über Unterdrückung, Kriege und den Hunger in der Welt zu dem Schluss kamen, dass man das kapitalistische System notfalls als kleine Minderheit mit Gewalt bekämpfen müsse – allen voran den deutschen Staatsapparat, der nach dem Krieg von ehemaligen Nazigrößen aufgebaut und durchsetzt war.
    Es zeigte sich, dass ihr Weg in eine Sackgasse führt. Eine kleine Minderheit alleine kann keine Gesellschaftsordnung umstürzen. Doch sie entführten oder töteten einige große Unternehmer und Vertreter des Staates, die symbolisch für diese Verbrechen standen. Und das kann der deutsche Staat nie verzeihen, auch nicht nach 30 Jahren.

  • Entlassungen bei Evonik und Bayer: Sie sparen nur bei sinnvollen Dingen

    Die Chemiekonzerne Evonik und Bayer haben beide wegen der „schwierigen wirtschaftlichen Lage“ radikalen Stellenabbau angekündigt.

    Bei Evonik sollen 2.000 Stellen vernichtet werden, aber angeblich „vor allem im Management“. Seit wann bitte gibt es 2.000 Manager bei Evonik? Da müssen sie aber schnell noch viele Leute befördern. In Wahrheit treffen die Pläne kleine Vorgesetzte, Laborleiter,…

    Die wirklichen Manager – die Vorstände von Evonik – müssen hingegen weder um ihre Posten, noch um ihr Einkommen fürchten, ebenso wenig wie die Aktionäre. Ihre Dividende bleibt (auch wegen der Sparpläne) trotz sinkender Umsätze und Gewinne gleich.

    Auch Bayer versucht den derzeitigen Abbau tausender Arbeitsplätze dadurch zu beschönigen, dass vor allem „Bürokratie“ und „Führungsebenen“ wegfallen würden.

    Unter „Bürokratie“ verstehen sie Kolleg*innen in der Verwaltung, die sich um Einstellungen, Lohnabrechnungen, Bestellungen, Sicherheitsvorschriften und anderes kümmern.

    Sie alle sind genau wie alle anderen Arbeitenden auf ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen angewiesen, ebenso wie die kleinen Vorgesetzten.

    Tausende von ihnen aber sollen mit Abfindungen aus dem Betrieb gedrängt werden. Und ihre Arbeiten sollen andere, zum Teil die „einfachen Mitarbeiter“ zusätzlich übernehmen, natürlich ohne zusätzlichen Lohn.

    Mit dieser Ankündigung setzen sie obendrein alle Vorgesetzten unter Druck, aus „ihren“ Arbeitenden noch mehr rauszuholen und in ihrer Abteilung noch mehr zu sparen… in der Hoffnung, dass sie dann nicht auf der Abschussliste stehen.

    Egal wie sie es verpacken: Wenn die Konzernchefs Stellen abbauen und einen Teil der Beschäftigten angreifen, treffen die Folgen am Ende alle.

  • Haiti: Putsch der Gangsterbanden – und Manöver der USA

    Der folgende Artikel ist angelehnt an einen Artikel unserer französischen Genoss*innen von Lutte Ouvrière in ihrer gleichnamigen Wochenzeitung vom 14. März 2024.

    Am 12. März ist der offizielle Staatschef Haitis, den die USA 2021 eingesetzt hatten, zurückgetreten. Ein Zusammenschluss bewaffneter Gangsterbanden hat nun de facto die Macht übernommen.

    Über Monate hinweg haben diese Gangs ihre Macht ausgeweitet und gefestigt. Sie haben Straßensperren errichtet und Wegezoll von den Arbeiter*innen verlangt. Sie haben Schutzgeld von kleinen und großen Betrieben kassiert und wahllos Menschen gekidnappt, um Lösegeld zu verlangen. Sie haben viele ärmere Stadtviertel übernommen und die dortige Bevölkerung durch Terror und willkürliche Morde eingeschüchtert.
    Mittlerweile sind sie stark genug, um auch Polizei-kommissariate und Gefängnisse zu stürmen und westliche Botschaften anzugreifen.

    Solange Morde, Vergewaltigungen und Hunger fast nur die ärmere Mehrheit der Bevölkerung trafen, haben die haitianische Bourgeoisie und die westlichen Staaten die Gangs toleriert. Tatsächlich sind viele Banden-Chefs sogar ihre ehemaligen Handlanger. Sie haben für die Reichen und Mächtigen Streiks, Arbeiterdemonstrationen und Studentenproteste niedergeschlagen oder für einen Politiker dessen Konkurrenten und seine Anhänger aufgemischt.
    Andere Gangster sind ehemalige Polizeifunktionäre, die in den Drogenhandel eingestiegen sind.

    Lange Zeit haben diese bewaffneten Gangs der haitianischen Bourgeoisie und dem westlichen Kapital also maßgeblich geholfen, die haitianischen Arbeiter*innen auszubeuten. Heute nun beißen die Kampfhunde ihre ehemaligen Herren und verlangen die ganze Macht. Die beiden mächtigsten Gangs haben sich verbündet und einen „Revolutions-Rat“ gegründet – in der Hoffnung, dass die USA ihn als offizielle Übergangsregierung anerkennen. Und das scheint gar nicht so unwahrscheinlich.

    Nachdem der letzte von ihnen eingesetzte Staatschef nichts mehr taugt, haben US-Abgesandte bereits vorsichtig angedeutet, dass ein „Übergangs-Rat“ doch eine sinnvolle Lösung sein könnte, um das Land in die Demokratie zu führen… und man dies vielleicht auch finanziell unterstützen könne.

    Wundert es einen? Die US-Regierungen haben schon ganz andere Diktaturen unterstützt, wenn sie hofften, dass diese für Stabilität sorgen könnten – sprich dafür, dass die Ausbeutung wieder „normal“ weitergehen kann. Was bei diesem Geschachere auch immer am Ende herauskommt: Die Arbeitenden und Armen Haitis wissen aus vielen Erfahrungen, dass sie von den westlichen Mächten nichts zu erwarten haben.

  • Ein paar Hilfsgüter nach Gaza – und viele Waffen an Israel

    Nach fünf Monaten setzt die israelische Regierung ihren vernichtenden Krieg im Gazastreifen weiter fort. Weit über 30.000 Kinder, Frauen und Männer sind bereits gestorben. Mittlerweile sind laut der UNO 500.000 Palästinenser akut von Hungertod bedroht. Die israelische Regierung blockiert weiterhin fast alle Routen für Hilfsgüter nach Gaza. Es ist nichts anderes als ein Völkermord, den die israelische Regierung vor den Augen der Weltöffentlichkeit begeht.

    Um so zu tun, als würden sie etwas unternehmen, bringen die USA, Deutschland oder Frankreich ein paar wenige Hilfsgüter mit dem Schiff nach Gaza oder werfen sie per Flugzeug ab. Doch das ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein, und obendrein gefährlich. Kürzlich erst stürzten mehrere Hilfspakete in ein Flüchtlingslager und erschlugen mehrere Palästinenser. Und vor allem schicken sie gleichzeitig weiter Waffen und Geld an die israelische Regierung: eine eindeutige Botschaft an den israelischen Staat, dass dieser seinen Massenmord ruhig fortsetzen kann.

    Ihre Alibi-Hilfsgüterlieferungen haben einzig den Zweck, die Gemüter zu beruhigen. Biden, Scholz und Co. sorgen sich um ihr Image in der eigenen Bevölkerung. Und sie haben Angst vor der Reaktion der Palästinenser über den Gazastreifen hinaus und das legitime Aufbegehren der Bevölkerungen insbesondere in den arabischen Ländern angesichts der Barbarei der israelischen Führung.
    Gerade darin, in einer gemeinsamen Revolte der ärmeren Bevölkerungen der Region gegen die israelische Regierung, die imperialistischen Machthaber und alle Regime, die sie unterdrücken, liegt die einzige Hoffnung auf Freiheit für die palästinensische Bevölkerung und alle Völker des Nahen Ostens.

  • Portugal: massiver Aufschwung für die extreme Rechte

    In Portugal hat bei den Parlamentswahlen die konservative Partei gesiegt. Der größte Wahlgewinner jedoch ist die rechtsextreme Partei Chega („Es reicht“), die ihren Stimmenanteil von 7 auf 18% vergrößern konnte. Die Sozialistische Partei, die acht Jahre lang an der Macht gewesen war, verliert hingegen die Hälfte ihrer Abgeordneten. Die Wähler*innen haben sie abgestraft für die explodierenden Mieten, die niedrigen Löhne und Renten, die wachsende Armut und die regelmäßigen Korruptionsskandale.

    Die rechtsextreme Chega machte in ihrem Wahlkampf die Migranten für alle sozialen Probleme verantwortlich und trauerte offen der arbeiterfeindlichen Diktatur hinterher, die in Portugal bis in die 1970er Jahre regiert hatte. Dass sich die berechtigte Unzufriedenheit der Bevölkerung vor allem in einem Stimmenzuwachs für diese rechten Demagogen ausdrückt, verheißt nichts Gutes für die Arbeitenden.