1959, vor 60 Jahren, gab sich die SPD in Bad Godesberg ein neues Parteiprogramm: Mit ihm warf die SPD die letzten Reste über Bord, die sie noch mit ihrer fernen Vergangenheit als revolutionäre, sozialistische Arbeiterpartei verbanden.
Die SPD strich aus dem Programm jegliche Idee von Enteignung großer Konzerne und von einer sozialistischen Zukunft, in der die arbeitende Klasse die Wirtschaft übernimmt und im Interesse des Gemeinwohls leitet.
Stattdessen erklärte sie nun, die kapitalistische Marktwirtschaft könne allen Menschen Wohlstand und ein besseres Leben bringen… wenn man sie nur richtig organisiere. Wie dieser angebliche „Wohlstand für alle“ aussieht, das erleben wir heute!
Vor allem verabschiedete sich die SPD vom Klassenkampf und damit von der Idee, dass die Arbeitenden für ihre Interessen gegen die kapitalistische Klasse kämpfen müssen und dass die Arbeiter die einzige Klasse sind, die eine andere, eine bessere und gerechtere Gesellschaftsordnung erkämpfen können. Vom wissenschaftlichen Marxismus ging sie zurück zu einem Weltbild geprägt von „Humanismus, christlicher Ethik und klassischer Philosophie“. Sie behauptete von nun an auch nicht mehr, eine Arbeiterpartei zu sein.
Tatsächlich hat die SPD nicht erst in Bad Godesberg, sondern schon viel früher die Seiten gewechselt und gegen die Arbeiter die Interessen der Kapitalisten durchgesetzt. Es begann bereits 1914, als sie die Arbeiter dazu aufrief, in den 1. Weltkrieg zu ziehen, der für die Profitinteressen der Konzerne geführt wurde. Und erst recht seit 1918/19, wo sie die beginnende Revolution der Arbeiter erwürgte und so den Sturz des Kapitalismus verhinderte.
Doch damals tat sie noch so, als stünde sie auf Seiten der Arbeiter. Und so waren auch in den Jahren danach die große Mehrheit ihrer Mitglieder weiterhin Arbeiter, die mit Mut und Überzeugung gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Zukunft kämpfen wollten – so, wie es das damalige Parteiprogramm der SPD noch verkündete.
Dies veränderte sich bereits in den darauffolgenden Jahrzehnten. Doch auch 1959 waren noch immer viele Arbeiter in der SPD schockiert und empört, als die SPD-Führung die Hüllen fallen ließ und zum Vertreter des Kapitalismus und auch der kapitalistischen Kriege wurde.
Seit den 1980er Jahren nun verlangt die kapitalistische Klasse immer massivere Angriffe gegen die Arbeiter und eine immer rücksichtslosere Plünderung der Öffentlichen Kassen, um in der anhaltenden Krise trotzdem ihre Profite steigern zu können. Sie verlangt dies von allen Parteien, die in ihrem Dienst regieren, also auch von der SPD.
In dieser bedingungslosen Verteidigung der Profite hat die SPD sich endgültig erschöpft und diskreditiert. Es ist nicht einmal mehr sicher, wie lange sie noch die 5%-Hürde schaffen wird.
Es gibt also keinen Grund, der SPD der 70er Jahre hinterher zu trauern. Was (damals wie heute) aufgebaut werden muss, ist eine wirkliche Arbeiterpartei, also eine sozialistische und revolutionäre Partei.