Leitartikel
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NRW: Eine neue Landesregierung, und sofort Angriffe gegen uns Arbeiter
CDU und FDP haben in den letzten Wochen angekündigt, was sie als neue Landesregierung in NRW alles vorhaben. Eins ist dabei schnell deutlich geworden: Über diese Regierung können sich nur die Unternehmer freuen.
CDU und FDP hatten im Wahlkampf versprochen, für weniger Staus und bessere Straßen zu sorgen. Und wie wollen sie das nun erreichen? Indem sie mehr Bauarbeiter einstellen? Nein. Sie wollen auf allen öffentlichen Baustellen eine verpflichtende 6-Tage-Woche einführen. Die Bauarbeiter, die schon hart genug malochen müssen, sollen also auch noch samstags arbeiten müssen.
Den großen Einzelhandelskonzernen wollen CDU und FDP erlauben, an 8 statt bislang an 4 Sonntagen zu öffnen. Was nichts anderes bedeutet, als dass sie den Verkäuferinnen auch noch doppelt so viele Sonntage zerstören – den einzigen freien Tag, an dem auch ihre Familie und Freunde meist frei haben.
Die neue Landesregierung will außerdem im Bundesrat ein Gesetz einbringen, das den gesetzlichen 8-Stunden-Tag abschaffen soll, ebenso dass man höchstens 10 Stunden am Tag arbeiten darf und zwischen zwei Arbeitstagen 11 Stunden frei haben muss.
Die Bosse sollen uns bis zu 60 Stunden die Woche ausbeuten und dabei frei und flexibel entscheiden dürfen, uns drei Tage hintereinander 12 Stunden schuften zu lassen oder uns an einem Tag auf Spätschicht bis 22 Uhr arbeiten und am nächsten Morgen um 6 Uhr auf Frühschicht kommen zu lassen. Kommen sie damit durch, wäre dies ein heftiger Schritt zurück für alle Arbeitenden!Ein weiteres Geschenk ist für die Gastronomie, Supermärkte und Lebensmittelbetriebe geplant. Gerade erst war entschieden worden, zukünftig die Ergebnisse der amtlichen Hygienekontrollen im Internet zu veröffentlichen. CDU und FDP aber wollen selbst diese winzige Kontrolle sofort wieder abschaffen.
Dass Verbraucher und Beschäftigte auch nur irgendein Recht haben, zu erfahren, was in den Betrieben passiert – ob bei der Hygiene, bei den Arbeitsbedingungen, beim Geld – das ist für die Bosse unerträglich. Und so sorgt die Regierung dafür, dass die Unternehmer auch weiterhin die Hygiene missachten können – ohne dass die Kunden dies auch nur erfahren dürfen.In den Schulen will die Regierung übrigens ein neues Unterrichtsfach flächendeckend einführen: Wirtschaft. Wieso? Wollen sie uns etwa beibringen, wie wir mit unserer Arbeit die Profite der ganzen Konzerne und Banken schaffen? Nein, wo denken wir hin. Sie wollen – so die FDP wörtlich – den Schülern eine positivere Haltung zu Unternehmern und ihrer Mentalität vermitteln!
Da haben sie schon alle Medien, das Fernsehen, Politiker, eine ganze Maschinerie, die ständig den Kapitalismus lobt und uns erzählt, wie wichtig die Rolle der Unternehmer ist. Doch offensichtlich sind sie nicht sehr überzeugend. Vielleicht, weil die Unternehmer uns täglich das Gegenteil beweisen?
Jetzt brauchen sie also noch ein extra Schulfach, um diese Wirtschaftsordnung anzupreisen. Und ganz zufällig werden dafür die Geschichts-Stunden gekürzt, in denen die Schüler sehen könnten, was der Kapitalismus schon alles angerichtet hat.Apropos Schulen: Monatelang wurde diskutiert, ob die Schulzeit am Gymnasium 8 oder wieder 9 Jahre dauern sollte. Viele Eltern und Schüler wünschen sich 9 Jahre, in der Hoffnung, so mehr lernen zu können, einen vielseitigeren Unterricht und vor allem mehr Zeit zum Lernen zu haben. Und jetzt führen sie die 9 Schuljahre tatsächlich wieder ein – aber so, dass von den erhofften Verbesserungen nichts übrig bleibt.
Denn im Gegenzug sollen ein Teil der Ganztags-Angebote wieder abgeschafft werden: Gerade kleine Übungsgruppen, in denen die Schüler mehr Zeit zum Lernen hatten, aber auch AGs wie Technik, Astronomie oder Sprachen, Sportangebote – all das wird den Schülern wieder weggenommen.
Außerdem wurden bei der Verkürzung der Schulzeit auf 8 Jahre 2.000 Lehrerstellen eingespart. Die müsste die Landesregierung jetzt mindestens zusätzlich einstellen. Doch das haben CDU und FDP wohl nicht vor. Ein zusätzliches Schuljahr ohne zusätzliche Lehrer aber bedeutet, es werden noch mehr Lehrer fehlen! Und nicht nur an den Gymnasien. Denn der Lehrermangel wird sich auf alle Schulen verteilen, auch auf die Haupt- Real- und Gesamtschulen.Das Ende vom Lied ist, dass es an allen Schulen schlechter wird. Weil sie bei ihren Maßnahmen das Wichtigste nie machen: nämlich mehr Personal einzustellen. Im Gegenteil.
Und das gilt überall – außer bei der Polizei. Ob in Kitas, Schulen, Krankenhäusern, Nahverkehr, überall will die neue Regierung den Sparkurs weiterführen, den auch die SPD-Regierungen vor ihr geführt haben: ein Sparkurs, der immer mehr feste Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst vernichtet und alle öffentlichen Dienste so immer weiter verschlechtert.Nur in einem Punkt ist die neue Regierung tatsächlich anders als die SPD-Regierung vor ihr. Sie tut nicht einmal so, als würde sie sich für die Probleme der Arbeitenden oder für soziale Gerechtigkeit einsetzen.
Bei ihr ist von Anfang an offensichtlich, dass wir Arbeitenden uns auf Angriffe einstellen müssen, also darauf, uns und unsere Interessen selber zu verteidigen. Denn die Regierung lässt keinen Zweifel daran, dass ihre Sorgen der herrschenden Klasse gelten und sie an uns Arbeiter nur dann denkt, wenn es darum geht, uns noch mehr auszubeuten.
Internationales
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Ausbeutung ist International
Zu Anfang des Jahres hat die polnische Regierung den Mindestlohn erhöht, auf 13 Zloty (3 Euro) pro Stunde.
Die Unternehmer haben gejammert: 3 Euro Stundenlohn, das würde sie ruinieren. Seitdem entwickeln sie einen kreativen Weg nach dem anderen, um die 3 Euro Mindestlohn nicht zu bezahlen.
So müssen Putzfrauen nun zum Teil ihren Besen von der Putzfirma „mieten“ und das Putzmittel von ihrem Lohn kaufen. Wachmännern im Sicherheitsdienst wird Lohn abgezogen, wenn sie nach einer Zwölfstunden-Schicht ein verknittertes Hemd haben oder die Mütze mit Firmenlogo nicht tragen.Das Ende vom Lied ist, dass viele Arbeiter genauso wenig Lohn verdienen wie vorher auch. Das kommt einem irgendwie bekannt vor! Ja, ob in Polen oder Deutschland: Wenn es darum geht, die Arbeiter um ihren Lohn zu betrügen, sind alle Bosse gleich.
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Frankreich: Eine neue Partei… damit alles beim Alten bleibt
Wie sich im 1. Wahlgang der französischen Parlamentswahlen angedeutet hat, wird die neue Partei von Präsident Macron höchstwahrscheinlich die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament ergattern. Medien und Politiker erzählen uns, dies zeige, wie sehr die französische Bevölkerung hinter ihrem neuen Präsidenten stehe.
In Wahrheit hat Macron vor allem gesiegt, weil die beiden großen Parteien – die Konservativen und mehr noch die Sozialdemokraten – regelrecht abgestürzt sind. Über die Hälfte der Bevölkerung ist außerdem gar nicht wählen gegangen. In den Arbeitervierteln, wo kaum einer Illusionen in Macron hat, war die Wahlbeteiligung noch niedriger.
Nur dem undemokratischen Wahlsystem in Frankreich und der niedrigen Wahlbeteiligung ist es geschuldet, dass Macron mit den Stimmen von gerade mal 15,4% der Wahlberechtigten wohl um die 400 der rund 550 der Sitze im Parlament bekommt.Macron hat mit seinem Wahlsieg die kapitalistische Klasse aus einer politischen Krise gerettet. Bislang hatten sich immer die beiden großen Parteien an der Regierung abgewechselt. Dieser regelmäßige Wechsel verschleierte lange, dass eigentlich alles gleich blieb. Beide Parteien machten Politik für die eigentlichen Machthaber: die Kapitalisten. Doch mittlerweile haben sich beide Parteien so sehr abgenutzt, dass das übliche parlamentarische Spiel nicht mehr funktionierte.
Macron ist es gelungen, der kapitalistischen Klasse eine neue, verjüngte Mannschaft zur Verfügung zu stellen. Eine neue Partei, die das Gefühl vermittelt, alles ändere sich… damit in Wahrheit alles beim Alten bleiben kann.Und Macrons erste Handlung besteht eben darin, mit seiner Mannschaft aus Managern, Anwälten und recycelten Politikern der alten Parteien die Angriffe auf die Arbeiter fortzusetzen, die die letzte Regierung begonnen hat.
Bereits in den nächsten Monaten will er ohne Abstimmung im Parlament per Dekret durchsetzen, dass Betriebe über Betriebsvereinbarungen Arbeitsverträge einführen können, in denen es quasi gar keinen Kündigungsschutz mehr gibt und die zum Beispiel längere Befristung und längere Arbeitszeiten ermöglichen, als das Arbeitsgesetz eigentlich erlaubt. Und das soll erst der Anfang sein!Während sich an der Regierung die Feinde der Arbeiter die Klinke in die Hand geben, können die Arbeitenden ihre Meinung zu den Angriffen und vor allem ihren Widerstand aber auf anderem Weg zum Ausdruck bringen: durch Kämpfe in den Betrieben und auf der Straße.
Um diese notwendigen Kämpfe gegen die Regierung politisch vorzubereiten, sind unsere Genossen von {Lutte Ouvrière} bei den Wahlen angetreten.