Das rote Tuch – Nr. 93

  • Nach dem Terroranschlag in Berlin: ein abscheulicher Wahlkampf

    Seit dem verabscheuungswürdigen Terroranschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt hat ein echter Wettstreit begonnen. Jede Partei will im Wahlkampf beweisen, dass sie „was tun“ würde, um den Terror zu bekämpfen. Alle erzählen, wie man angeblich den Anschlag hätte verhindern können und welche neuen Gesetze man einführen müsse. CDU und SPD haben gleich… zehn neue Gesetze angekündigt.

    Und bei allen geht es immer um das Gleiche: Wie man Flüchtlinge schneller abschieben und sie bis dahin überwachen und einsperren kann, falls die Behörden sie als gefährlich einstufen.
    Von allen Parteien wird so das Bild verbreitet, alle potenziellen Terroristen wären Flüchtlinge. Und man bräuchte sie nur abschieben und die Grenzen vor ihnen verschließen, und das Problem sei gelöst. Dabei muss selbst der Verfassungsschutz zugeben, dass 60% der 548 sogenannten „Gefährder“ deutsche Staatsangehörige sind. Die kann die Regierung nicht abschieben: Ihre Heimat ist Deutschland.

    Die Politiker wissen das. Sie wissen, dass sie mit all ihren Propaganda-Maßnahmen nicht den Terrorismus bekämpfen. Das einzige, was sie damit erreichen, ist noch mehr Misstrauen und Ablehnung gegen die Flüchtlinge zu schüren. Doch was kümmert es sie?

    Auch von ihren neuen Sicherheits-Regeln, von Fußfesseln oder Polizei-Streifen mit Maschinengewehren lässt sich ein entschlossener Terrorist nicht aufhalten. In Frankreich trug einer der Attentäter eine Fußfessel. Und in Istanbul steht Polizei mit Maschinengewehren vor den Universitäten, Museen, ja sogar an jeder Straßen- und U-Bahnhaltestelle. Bewaffnete Sicherheitsdienste kontrollieren die Besucher am Eingang aller Kaufhäuser, Marktplätze und Diskotheken. Doch nichts davon hat den Anschlag von Sylvester verhindert.
    Dafür aber wächst eine andere Bedrohung. Bei jedem Anschlag wird der Staat autoritärer und weitet die Macht von Polizei und Armee weiter aus. Die türkische Regierung tut so, als wollte sie mit den Maßnahmen die Bevölkerung vor dem Terrorismus schützen. In Wahrheit nimmt der Terrorismus zu und die Maßnahmen sollen nur die Macht Erdogans stärken und seine Gegner ausschalten.

    Eine ähnliche Entwicklung findet, wenn auch langsamer, in Europa und den USA statt. Auch hier ist die hektische Betriebsamkeit, mit der die Regierungen, ständig neue Gesetze gegen den Terror beschließen, nicht nur Wahlkampf- und ein Weg, um von den Ursachen des Terrorismus abzulenken. Davon, dass die westlichen Großmächte die Hauptverantwortung für Entstehung und Erstarken des Terrorismus tragen: mit ihren Kriegen, ihrer Unterdrückung und verbrecherischen Machtpolitik in den armen Ländern

    Überall werden auch hier im Namen der Terrorbekämpfung die Rechte der Bevölkerung eingeschränkt, wird die Macht von Polizei und Armee ausgebaut, die hochbewaffnet mehr und mehr das Stadtbild prägen. So wird das Gefühl von einem Kriegszustand geschaffen, in dem alle – Regierung, Unternehmer und Arbeiter – angeblich zusammen halten müssten. Und sie versuchen den Eindruck zu vermitteln, der Staat wäre unser Freund, der alles tut, um unsere Sicherheit zu schützen.

    Diese Leute, die uns seit Jahren nicht einmal vor einfacheren Dingen wie Niedriglöhnen, vor Leiharbeit und Auslagerungen, befristeten Jobs und Armutsrenten schützen, die würden uns vor Terrorismus schützen? Das sollen wir ihnen glauben?
    Es ist genau umgekehrt. Sie wollen damit auch von all diesen Problemen ablenken, die unseren Alltag prägen – und davon, wer sie verursacht hat. Denn diese tägliche Unsicherheit ist die Folge eines anderen Krieges, den die Unternehmer mithilfe der Regierung täglich gegen die arbeitende Klasse führen.

    Ihre Massenentlassungen, ihre ständigen Drohungen in den Betrieben erzeugt die Angst, ob man morgen noch einen Arbeitsplatz hat. Ihre Lohndrückerei – durch die jeder Fünfte heute weniger als 10 Euro die Stunde verdient – und ihre Angriffe auf die Rente lassen viele in der ständigen Sorge vor der nächsten Stromnachzahlung oder Reparatur leben. Ihre Arbeitshetze lässt viele bangen, wie lange die Gesundheit noch mitmacht und ob man es bis zur Rente schafft…
    Ja, über Sicherheits-Gesetze gegen Terror und Flüchtlinge zu reden, die nichts sicherer machen, ist eine ideale Gelegenheit für die Politiker, um im Wahlkampf nicht von den wahren, täglichen Ängsten und Problemen der Arbeiter zu sprechen. Und erst recht nicht darüber, wie man deren Ursache bekämpfen kann: die Profitlogik der Unternehmer und ihr Recht, wegen ihrer Profite die Existenz der arbeitenden Bevölkerung – der wichtigsten Klasse dieser Gesellschaft – zu ruinieren.

    Genau davon aber müssen wir Arbeiter sprechen. Unsere Forderungen müssen sich wieder Gehör verschaffen.
    Sie wollen uns in einen Krieg hineinziehen, den wir nicht gewollt haben. Sie wollen uns für die Krise ihres Systems bezahlen lassen, für das wir keine Verantwortung tragen. Es reicht!

  • Trumps Komödie von der „Rettung amerikanischer Arbeitsplätze“

    Donald Trump hat die Wahlen auch deshalb gewonnen, weil er versprochen hat, er werde die Unternehmen dazu zwingen, in den USA zu produzieren, statt im günstigeren Ausland, insbesondere in Mexiko. Heute nun versucht Trump mit einem groß inszenierten Theaterstück zu beweisen, dass er tatsächlich die Macht habe, die Unternehmen in den USA zu halten.

    So brüstet er sich damit, seine Androhung von 35% Strafzöllen auf Import-Autos habe Ford dazu gebracht, in den USA zu bleiben und dort Arbeitsplätze zu schaffen. Nichts davon ist wahr.
    Ford will zwar tatsächlich 700 neue Arbeitsplätze zum Bau von Elektroautos in Michigan schaffen. Doch das hatte Ford bereits ein Jahr vor der Wahl angekündigt! Trump hat auch nicht, wie er behauptet, die Verlagerung des Ford-Werks von Kentucky nach Mexiko verhindert. Ford hatte nämlich gar nicht vorgehabt, das Werk zu schließen. Im Gegenteil, Ford wollte dort noch mehr der großen profitablen SUVs bauen. Und um dafür Platz zu schaffen, wollte Ford die zahlenmäßig unbedeutende Kleinwagenproduktion in ein neues Werk in Mexiko verlegen.
    Dieses mexikanische Werk samt mehrerer hundert Arbeitsplätze wird nun nicht gebaut. Stattdessen müssen Ford-Arbeiter irgendwo in den USA nun – ohne einen zusätzlichen Arbeitsplatz – auch noch die Kleinwagen mit produzieren.
    Weniger Arbeitsplätze für die einen – noch mehr Stress und Arbeit für die anderen, das ist Trumps angebliche „Rettung der Arbeitsplätze“.
    Noch vielsagender ist die zweite Verlagerung, die er angeblich verhindert hat: Der Klimaanlagen-Hersteller Carrier wollte 2.100 Arbeitsplätze nach Mexiko verlagern. Nach Trumps „Eingreifen“ bleiben nun 730 Arbeitsplätze davon in den USA, aber nur, weil der Carrier-Konzern dafür Millionen an staatlichen Geldern geschenkt bekommt und die Arbeiter auf Lohn verzichten.

    Nein, die Konzernbosse lassen sich von Trump genauso wenig vorschreiben wie von irgendeinem anderen Politiker, wo und was sie produzieren.

    Trumps „neue“ Wirtschaftspolitik ist nichts anderes als die Fortsetzung der Politik seiner Vorgänger: Er beschenkt die Konzerne und drängt die Arbeiter, zu verzichten, um die Arbeitsplätze zu erhalten… die die Konzernbosse dann trotzdem vernichten.
    Der einzige Unterschied ist, dass er diese Politik für die Konzerne mit einem noch widerlicherem Mantel aus Rassismus gegen mexikanische, chinesische und alle übrigen Arbeiter der Welt umhüllt.

  • Friede den Hütten, Krieg den Palästen

    Die Ungleichheiten zwischen Arm und Reich werden zunehmend krasser: Besaßen 2015 noch die reichsten 62 Kapitalisten so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, so sind es in diesem Jahr nur noch ganze acht. 8 Kapitalisten – die Besitzer der größten Konzerne – die zusammen so viel besitzen wie 3,6 Milliarden Menschen! Und das ist keine „Fehlentwicklung“, es ist die unerbittliche Logik des Kapitalismus, der auf der Ausbeutung der Arbeiter der gesamten Welt durch die großen Konzerne beruht. Eine Ausbeutung, die auf immer unfassbarere, monströsere Art den Reichtum am einen Ende anhäuft, und das Elend am anderen. Es ist Zeit, dass dieses System verschwindet.

  • USA, Großbritannien, Deutschland: Der Konkurrenzkampf richtet sich gegen die Arbeiter – überall

    US-Präsident Donald Trump droht mit Strafzöllen von 35% für Konzerne, die außerhalb der USA produzieren. Großbritanniens Premierministerin Theresa May verkündet den Austritt aus dem EU-Binnenmarkt und redet von einer neuen Zoll-Politik im Interesse der britischen Unternehmen. Deutsche Politiker und Manager drohen mit Vergeltungsmaßnahmen, falls neue Zölle den Export deutscher Waren in die beiden Länder erschweren sollten.

    Dieser kriegerische Tonfall ist ein Ausdruck des sich verschärfenden Konkurrenzkampfs der Konzerne in der Krise. Alle Staaten versuchen dabei, den Konzernen im eigenen Land Vorteile zu verschaffen. Dieses Kräftemessen verheißt nichts Gutes. Mehr als einmal in der Vergangenheit hat die Verschärfung der Krise vom üblichen Konkurrenzkampf zum Wirtschaftskrieg und dann am Ende schlicht zum Krieg geführt.

    Schon heute ist die aggressivere Politik, „seinen“ Konzernen Vorteile zu verschaffen, eine Bedrohung für die Arbeiter. Die viel diskutierten Strafzölle sind dabei das Unwahrscheinlichste. Die Produktion ist heute vollständig international organisiert. Eine Boeing 747 zum Beispiel besteht aus über 3 Millionen Teilen, hergestellt in 33 verschiedenen Ländern. Da überlegt sich jeder Staat genau, ob er seinen Worten Taten folgen lässt und es seinen Konzernen zumutet, dass alle importierten Einzelteile 35% mehr kosten.

    Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass alle Staaten einen noch aggressiveren Konkurrenzkampf darum beginnen werden, den Konzernen im eignen Land noch mehr Gewinne zu ermöglichen, und das heißt: noch mehr Steuersenkungen, noch weniger Arbeits- und Umweltschutzgesetze, noch mehr Freiheiten, die Arbeiter nach Belieben auszubeuten…

    Donald Trump hat bereits angekündigt, die „bürokratischen“ Arbeitsgesetze – also die Rechte der Arbeiter – verringern zu wollen. Und vor allem hat er erklärt, dass er die Steuern für Unternehmen von 35 auf 15% senken – sprich aus den USA eine Steueroase machen will! Auch Großbritannien redet davon, die Unternehmenssteuern auf 17% zu senken. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Deutschland und die EU nachziehen. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Aktionäre noch mehr Gewinne einheimsen können, während den Staaten Milliarden an Einnahmen fehlen… die sie beim Gesundheitswesen, bei Schulen, Rente und Nahverkehr einsparen.

    Und es ist sicher, dass auch die Konzerne die verschärfte Konkurrenz für neue Angriffe auf die Arbeiter nutzen werden. In Deutschland stimmen die Bosse der Stahl-, Auto-, und Chemieindustrie ihre Arbeiter bereits darauf ein, dass die „Abschottungspolitik“ der USA und Großbritanniens „schwerwiegende Folgen“ haben könnte – was nichts anderes heißt, als dass sich die Arbeiter auf den nächsten Stellenabbau und neue Sparprogramme einstellen sollen.

    Die Arbeiter haben nichts zu gewinnen, wenn sie sich auf die Logik der Bosse und ihrer Politiker einlassen. Sie sind nicht das Opfer der „Konkurrenz“ von Arbeitern im Ausland, sondern das Opfer der kapitalistischen Ausbeutung – und zwar überall.
    Diese Ausbeutung zu bekämpfen ist die einzige realistische Perspektive, um ihre Arbeitsplätze, Löhne, ihre Lebensbedingungen zu verteidigen. Und diese Perspektive haben die Arbeitenden aller Länder gemeinsam.

  • Gleiche Löhne bringt nicht das Gesetz

    „Wir wollen, dass Frauen genauso fair bezahlt werden wie Männer“, hat die SPD Bundesfamilienministerin Schwesig vollmundig bei der Verkündung des neuen „Gesetzes für Lohngerechtigkeit“ erklärt.
    Und, was macht die Regierung, damit Frauen nicht länger im Schnitt 21% weniger verdienen als Männer? Beschließt sie höhere Löhne für die „Frauenberufe“ wie Altenpflegerinnen, Verkäuferinnen oder Frisörinnen, die noch deutlich niedriger sind als die schon schlecht bezahlten „Männerberufe“? Zwingen sie Unternehmen wie Lidl, Ikea oder die Caritas, Vollzeit-Stellen und Kinderbetreuung anzubieten? Werden Unternehmer bestraft, wenn sie Frauen weniger bezahlen als Männer?

    Nein, wo kämen wir da hin! Frauen haben mit dem neuen Gesetz einzig das Recht, von ihrem Chef zu erfahren, wie viel sie weniger verdienen als Männer mit gleicher Tätigkeit – und auch das nur in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten. Super, und was macht man dann mit dieser Auskunft? Laut aufstampfen und eine Klage vor Gericht einreichen?

    Die Kapitalisten brauchen unterschiedliche Löhne – für Frauen und Männer, für Leiharbeiter und Festangestellte, für Migranten und Deutsche. Sie leben von der Spaltung und dem Ausspielen der unterschiedlichen Gruppen in den Betrieben, mit der Krise mehr denn je. Die Regierung wird daher nie ernsthaft etwas für gleiche Löhne oder gar höhere Löhne für alle tun. Dafür können wir Arbeitenden nur selber kämpfen.

  • Busfahrer in Hessen: Zwei Wochen Streik – und Solidarität

    Schichtbeginn 6 Uhr – Schichtende 20 Uhr. Dazwischen vier Stunden unbezahlte „Pause“ – manchmal in einem Dorf, in dem es noch nicht mal ein Café gibt. Das alles bei 12 Euro Stundenlohn. Das ist die tägliche Realität für rund 2.500 Busfahrer der Linienbusse in Hessen, seit der gesamte Bus-Verkehr in Hessen vor zehn Jahren privatisiert worden ist.
    Wer sich beschwerte, dem wurde mit Entlassung gedroht. Wer mehr Lohn wollte, erhielt die Antwort: „Dann gehen wir Pleite.“ Doch all die Einschüchterungen haben nicht mehr funktioniert. Seit zwei Wochen streiken die Busfahrer für eine Erhöhung des Stundenlohns von 12 auf 13,50 Euro und bessere Pausenregelungen.

    In ihrem Streik, der am Montag für eine Schlichtung unterbrochen wird, haben sie obendrein die Solidarität der Straßenbahn- und U-Bahnfahrer bekommen, die noch zum Öffentlichen Dienst gehören. Mehrfach haben die einen Tag lang zur Unterstützung ihrer früheren Kollegen mitgestreikt. Auch, weil sie wissen: Was den Kollegen mit der Privatisierung passiert, kann morgen auch uns betreffen.

  • Elbphilharmonie: die Baukonzerne feiern

    Nach 10 Jahren Bauzeit ist sie tatsächlich fertig, die Hamburger Elbphilharmonie. 789 Millionen hat die Stadt Hamburg am Ende für diesen Komplex aus Philharmonie, 5-Sterne-Hotel und 45 Luxus-Wohnungen ausgegeben – statt der ursprünglich geplanten 77 Millionen.
    Doch nicht alle sind über die unglaubliche Explosion der Kosten traurig. Denn das Geld ist ja nicht verschwunden, sondern in die Taschen der Baukonzerne geflossen, allen voran des Hochtief-Konzerns.
    Für diese Baukonzerne sind all diese überteuerten Bauprojekte nämlich kein Versehen. Sie sind ein System, mit dem sie die öffentlichen Kassen plündern. Und eben deshalb, nicht aus Liebe zur Kunst, finden die Politiker auch immer wieder das Geld dafür… anders als für Busfahrer oder Erzieherinnen.

  • Wir wollen keine Almosen, sondern Löhne, von denen man anständig leben kann!

    Jahr für Jahr sind mehr Menschen auf die Tafeln angewiesen: 1,5 Millionen sind es mittlerweile – darunter viele, die täglich arbeiten gehen oder bis zur Rente ihr Leben lang gearbeitet haben. 2016 war der Anstieg noch höher als sonst. In einem Bundesland wie NRW sind 30% mehr Menschen nur durch Lebensmittelspenden der Tafeln bis zum Monatsende gekommen.
    Diese empörende Entwicklung ist die Folge der wachsenden Ausbeutung durch die Betriebe: von der Ausweitung der Teilzeit- und Minijobs, der niedrigen Löhne, der kaputt gesparten Renten. Mit dem Ergebnis, dass ihre Gesellschaft eine wachsende Zahl der Menschen, die mit ihrer Arbeit den ganzen Reichtum schaffen und die damit als erste das Recht auf ein anständiges Leben hätten, zum Betteln verurteilt.

  • Zweierlei Maß

    Andrej Holm sollte für die Linke in der Berliner Landesregierung Staatssekretär für Wohnen werden. Für Baufirmen, Immobilienkonzerne und Banken war er ein Rotes Tuch, weil er sich in zahlreichen Initiativen für harte Gesetze gegen die explodierenden Mieten, für den Bau von günstigen Sozialwohnungen und die Enteignung von leerstehenden Wohnungen von Spekulanten einsetzte.
    Kein Tag nach seiner Ernennung begann eine Kampagne gegen ihn – unter dem Vorwand, dass er 1989, als er 19 Jahre alt war, vier Monate lang für die Stasi gearbeitet hat. Das Ende vom Lied: Andrej Holm musste als Staatssekretär wieder zurücktreten, und nur wenige Tage später hat ihm die Humboldt-Uni, bei der er angestellt ist, gekündigt.

    In der gleichen Woche: CDU-Politiker Günther Oettinger entschuldigt sich für seine Rede, in der er – nicht vor 28 Jahren, sondern vor wenigen Wochen – Chinesen als „Schlitzohren und Schlitzaugen mit Schuhcreme im Haar“ bezeichnet hatte und Frauen für grundsätzlich unfähiger in wichtigen Ämtern hält als Männer. Die Entschuldigung wurde angenommen. Er darf weiter als Vize-Präsident der EU-Kommission regieren. Schließlich macht er ja sonst die „richtige“ Politik.

  • Eine Leserin schreibt: Schöne Worte und Titel, aber keine Zeit für die Hygiene

    Vor einigen Wochen wurde ein „Hygiene-Atlas“ für alle Krankenhäuser in Deutschland veröffentlicht. Und ich musste erstaunt feststellen: Laut diesem Atlas ist in dem Krankenhaus, in dem ich arbeite, „alles in Ordnung“. Dabei ist gar nichts in Ordnung. Die Reinigungsfrauen der Fremdfirma bekommen für jedes Zimmer so wenig Zeit, dass sie keine Türklinken, ja zum Teil nicht mal die Duschen sauber machen können. Und wir sind so wenige Krankenschwestern, dass es unmöglich ist, sich bei jedem Keim-Patienten vernünftig zu vermummen oder auch nur einfache Hygiene-Standards einzuhalten.

    Aber danach fragen die „Spezialisten“ und die Regierung nicht. Sie haben beschlossen, dass ein Krankenhaus dann genug für seine Hygiene tut, wenn es ausreichend „Hygiene-Beauftragte“ hat! Ich habe selber so eine Weiterbildung zur Hygiene-Beauftragten gemacht: 5 Tage, das war’s. Als ich fertig war, sagt meine Stationsleitung: „Du hast eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Extra Zeit können wir dir dafür nicht geben, wir sind unterbesetzt. Die Hygiene-Aufgaben musst du nebenbei schaffen.“ Ich sollte also nach meiner Schicht noch Zimmer kontrollieren, Hygiene-Protokolle schreiben und, während ich einem Patienten den Verband wechsle, gleichzeitig meiner Kollegin zwei Zimmer weiter Hinweise geben, worauf sie bei der Hygiene achten muss!?
    Wundert es einen, dass in Deutschland 15.000 Patienten jährlich an Krankenhauskeimen sterben? An diesem Übel kann sich erst etwas ändern, wenn die Politiker nicht nur schöne Titel verleihen, sondern mehr Personal für Pflege und Reinigung einstellen.

  • Ein „wohlverdienter Ruhestand“

    Der Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn vor dem Abgas-Untersuchungs-ausschuss: „Ich habe nichts gesehen, nichts gehört, ich bin für nichts verantwortlich.“ Und dafür bekommt er nun… 3.100 Euro Betriebsrente pro Tag.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.

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