Leitartikel
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Rente: Die Regierung sorgt vor – für die Kapitalisten
SPD und CDU haben ihr lang angekündigtes Renten-Gesetz beschlossen. Und? Nimmt die Regierung darin auch nur eine der „Reformen“ zurück, die das Leben der älteren Generationen bereits so verschlechtert haben? Die dazu geführt haben, dass in einer der größten Wirtschaftsmächte der Welt schon mehr als jeder sechste Rentner in Armut lebt? Natürlich nicht. Sie will die Entwicklung im Gegenteil weiter verschärfen. Ihre Antwort auf unsere niedrigen Renten ist… noch mehr Zusatz-Renten einzuführen.
Ja, sie will uns Arbeiter noch mehr dazu drängen, auf Lohn zu verzichten und davon eine zusätzliche Rentenversicherung abzuschließen. Sogar Arbeiter mit Niedriglöhnen und Minijobs sollen nach ihren Plänen in eine Zusatzrente einzahlen. Als ob ein Paketbote mit 9 € Stundenlohn oder eine Kassiererin mit 400 Euro-Job dafür Geld auftreiben könnten!
Schon als sie vor 14 Jahren die Riester-Rente eingeführt haben, haben sie uns erzählt, mit so einer Zusatzrente könnten wir unsere Renten im Alter sichern. Das Gegenteil ist passiert: Die Altersarmut ist heute größer als vor der Riester-Rente. Wie sollte es auch anders sein?
Gerade diejenigen mit den niedrigen Löhnen konnten sie sich nicht leisten. Viele andere, die eine Riester-Rente abgeschlossen haben, haben erlebt, wie die Versicherungen einen Teil der Beiträge als „Gebühren“ abgezweigt haben. Und wie ein Teil des eingezahlten Geldes weg war, als sie aus irgendeinem Grund die Beiträge nicht mehr zahlen konnten. Am Ende haben sie für ihre Beiträge deutlich weniger Rente rausbekommen als bei der gesetzlichen Rente.
In die gesetzliche Rente zahlen nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Unternehmer ein. Und die Beiträge werden unmittelbar unter den heutigen Rentnern aufgeteilt. Bei den privaten Renten jedoch zahlt nur der Arbeiter, und zwar an einen Versicherungskonzern, dessen Job es ist, damit selber sofort möglichst viel Geld zu verdienen und später möglichst wenig auszuzahlen – wie alle Versicherungen.
Aus all den Gründen haben viel weniger Arbeiter Riester-Renten abgeschlossen als erwartet. Und daher will die Regierung sie nun unter Druck setzen. Mit dem neuen Gesetz kann eine Zusatz-Rentenversicherung im Tarifvertrag festgeschrieben werden. Und die CDU plant, sogar Geringverdiener zu einer Zusatz-Rente zu zwingen! Und zwar, indem nur unter dieser Bedingung später ihre niedrige Rente aufgestockt werden soll.
Mit allen Mitteln wollen sie uns in Zusatz-Versicherungen drängen. Damit die Versicherungskonzerne eine neue Profit-Quelle bekommen. Und weil dadurch zwar die Renten-Beiträge für die Arbeiter massiv steigen, die Unternehmer bei diesem Teil der Rente aber nichts zahlen müssen.
Die Unternehmer tragen die Hauptverantwortung für die niedrigen Renten. Sie haben mit Niedriglöhnen, Teilzeit und Minijobs die Renten vieler Arbeiter – und erst recht vieler Arbeiterinnen – in den Keller gedrückt. Sie haben mit den Massenentlassungen Löcher in die Rentenkassen gerissen. Sie zwingen mit ihrer Ausbeutung immer mehr Arbeiter, vorzeitig mit hohen Abzügen in Rente zu gehen. Dadurch konnten sie ihre Gewinne und Vermögen massiv steigern.
Und die Arbeiter sollen jetzt Zusatz-Renten bezahlen und im Alter in Armut leben… während die Rentenbeiträge der Unternehmer immer gleich niedrig bleiben.
Damit es zumindest so aussieht, als müssten die Unternehmer sich beteiligen, nennt die Regierung die Zusatz-Renten nicht mehr Riester-Renten, sondern „Betriebsrenten“. Doch das ist Etiketten-Schwindel. Betriebsrenten, wie es sie bislang in vielen Großbetrieben gab, sind Renten, in die der Unternehmer mehr einzahlt als der Arbeiter. Und wo der Unternehmer jedem Arbeiter bis zum Tod eine feste Rente garantiert.Viele Kapitalisten wollen diese Betriebsrenten schon lange loswerden. Sicher werden sie die Gelegenheit nutzen, um nun stattdessen die neuen „Betriebsren-ten“ einzuführen: Denn bei denen zahlt fast nur der Arbeiter. Und wenn der Unternehmer was dazu gibt, übernimmt der Staat noch einen Teil davon.
Vor allem jedoch hat man keinerlei Garantie, wie viel Rente man rausbekommt. Man kann jahrelang einzahlen. Doch sind die Zinsen niedrig, bekommt man fast nichts. Im schlimmsten Fall, bei Insolvenz, bekommt man gar nichts. Viele Rentner in den USA können davon ein bitteres Lied singen.
Das neue Gesetz trägt weiter dazu bei, dass die Arbeiter immer mehr für immer unsichere Renten bezahlen – zur Freude der Unternehmer und der Versicherungskonzerne. Und für die Herrschenden gibt es kein Ende. Kaum ist dieser Angriff beschlossen, redet die CDU schon von der Rente ab 70. Dann haben viele Arbeiter von ihrer Rente gar nichts mehr!
Die Auseinandersetzungen um die Renten sind Teil des erbitterten Kampfes, den die herrschende Klasse auf allen Ebenen gegen die arbeitende Bevölkerung führt. Wie es für unsere Renten weitergeht, hängt davon ab, ob es uns gelingt, in diesem Kampf unsere Interessen als Arbeitende durchzusetzen.
Internationales
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Die Zerstörung von Aleppo und die Barbarei der kapitalistischen Welt
Aleppo ist ein einziges Grauen. Seit Monaten sind die Menschen in dieser Großstadt eingesperrt, zum Teil ohne Essen. Sie konnten nicht fliehen, während die russische Luftwaffe ununterbrochen Bomben auf ihre Häuser warf, selbst Krankenhäuser gezielt zerstörte und die syrische Armee Straße für Straße eroberte. Unzählige Opfer sind unter den Trümmern begraben, während die Lebenden, gezeichnet von Hunger und Krankheit, auch nach der Eroberung der Stadt nicht wissen, wie es weitergeht.
Die westlichen Großmächte machen vor allem Russland für den Schrecken in Aleppo verantwortlich. Und es stimmt, Russlands Rolle in diesem Drama ist einfach nur empörend. Doch Obama, Merkel oder Hollande sind wohl am wenigsten in der Position, sich darüber zu empören und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen. Schließlich tragen die westlichen Großmächte eine erdrückende Verantwortung für die Entwicklung, die zu der heutigen Lage in Syrien geführt hat.
Es ist noch gar nicht lange her, da haben die westlichen Machthaber alle selber Assads brutale Diktatur unterstützt. 2011 aber, während des „arabi-schen Frühlings“, haben sie ihn fallenlassen. Sie haben stattdessen seine Gegner unterstützt, darunter islamistische Banden, die genauso barbarisch sind wie das Assad-Regime. Drei Jahre später, nachdem diese Politik den Islamisten ermöglicht hat, in Syrien und dem Irak große Gebiete zu erobern und Chaos und Terror zu säen, haben die Großmächte ihre Politik wieder um 180 Grad gedreht. Jetzt möchten sie diese Banden wieder loswerden.
Sie kritisieren zwar das Vorgehen von Assad und Putin, doch im Grunde lassen sie diese die Drecksarbeit machen – während sie selber in anderen Teilen Syriens und des Iraks denselben grausamen Krieg gegen die Islamisten führen, so wie in Mossul, das heute von schrecklichen Kämpfen verwüstet wird.
Ja, in der irakischen Stadt Mossul findet seit zwei Monaten ein Kampf statt, der dem von Aleppo kaum nachsteht. Die Stadt ist von den irakischen Regierungstruppen eingekreist, die Luftwaffe der USA flog anfangs alle 8 Minuten Luftangriffe, bombardierte Krankenhäuser und Wohnblocks. Die Wasser- und Lebensmittelversorgung ist zusammengebrochen. Die Zivilbevölkerung versucht zu überleben, während die Verbündeten der USA Straße für Straße von den Islamisten zurückerobern. Doch dieser Krieg wird nicht von Russland, sondern von den USA und ihren Verbündeten geführt. Und daher ist von seiner Grausamkeit in den Medien kaum etwas zu hören.
Allein in Syrien hat der Krieg in den letzten fünf Jahren 400.000 Tote gefordert, hat 12 Millionen in die Flucht getrieben, von denen 4 Millionen ins Ausland geflohen sind.
Die Regierungschefs der Westmächte vergießen heute Krokodilstränen über das Los der syrischen Zivilbevölkerung. Doch wenn es einigen von ihnen gelingt, in den Westen zu fliehen, dann prallen sie auf Stacheldraht, den die Festung Europa oder die Türkei mit europäischem Geld errichtet hat. Wie oft wird für sie dann das Mittelmeer zum Friedhof, wie noch letzte Woche, als 730 Flüchtlinge kenterten, darunter mehrere Flüchtlinge aus Aleppo!Und wie lange werden die Regierungen der EU wohl warten, bis sie die ersten syrischen Flüchtlinge wieder zurückschicken, weil es in Syrien jetzt „sichere Regionen ohne Krieg“ gäbe – so, wie sie es heute mit den afghanischen Flüchtlingen machen?
Noch nie haben die Interessen der Völker die Politik der westlichen Großmächte bestimmt; ihre Politik bestimmt die Habgier. Der Nahe Osten und sein Erdöl haben schon immer ihre Begierde geweckt. Während des Ersten Weltkrieges haben sich Franzosen und Briten das osmanische Reich aufgeteilt. Syrien wurde von Frankreich besetzt. Seitdem sind die Länder dieser Region zwar offiziell unabhängig geworden, doch die Westmächte plündern sie weiter aus, um den Preis schrecklicher Kriege. Und auch heute machen deutsche Waffenhändler und westliche Baukonzerne ihren Reibach mit der Zerstörung Syriens.
Mit der Eroberung Aleppos ist der Krieg in Syrien nicht beendet. In diesen Krieg sind bereits der Iran verwickelt, die Golfstaaten, die westlichen Staaten, Russland und das türkische Regime, im Krieg mit seiner kurdischen Minderheit. Auch die Terroranschläge in Europa sind eine Auswirkung dieses Krieges auf der anderen Seite des Mittelmeers. Und die Geschichte des 20. Jahrhunderts erinnert uns daran, dass ein scheinbar entfernter und zweitrangiger Konflikt in einen weltweiten Krieg münden kann.
Der Kapitalismus bedeutet zunächst die Ausbeutung der Arbeiter, die niedrigen Löhne und die ständige Gefahr der Arbeitslosigkeit. Allein das rechtfertigt schon, ihm ein Ende zu setzen. Doch obendrein droht dieses verrückte System, das auf der brutalen Konkurrenz der Firmen und Staaten untereinander beruht, immer wieder, die gesamte Menschheit in den Krieg zu führen.
Uns vom Kapitalismus zu befreien, den Konzernen ihre Herrschaft über die ganze Wirtschaft wegzunehmen, ist lebensnotwendig. Lebensnotwendig, um die Ungleichheit und Ausbeutung der Arbeitenden zu beenden. Und lebensnotwendig, um den Kriegen ein Ende zu setzen, die von der Habgier der großen Firmen und Großmächte hervorgerufen werden. Ansonsten werden wir früher oder später das nächste Aleppo und Mossul erleben – auch vor unserer Haustür.
(nach einem Artikel unserer französischen Genossen von Lutte Ouvrière, 12.12.2016)
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Was die Mächtigen der Welt an der kubanischen Revolution hassen
Als Ende November Fidel Castro gestorben ist, haben sich viele Tage lang große Teile der einfachen Bevölkerung in Massenversammlungen von ihm verabschiedet. Er war das Sinnbild eines Volkes, das sich aus der imperialistischen Unterdrückung befreit, seine Würde erkämpft und 50 Jahre lang den größten imperialistischen Mächten die Stirn geboten hat.
Kuba wurde früher als „das Bordell der USA“ bezeichnet, was schon einiges aussagt. Die US-Kapitalisten benahmen sich, als gehöre die Insel samt den Menschen ihnen, und in ihrem Interesse bestimmten sie Wirtschaft und Politik. 1959 gelang es Fidel Castro und seiner Guerilla-Bewegung mit Unterstützung eines großen Bauernaufstandes, den verhassten Diktator Batista zu verjagen, um ein politisches Regime aufzubauen, in dem die USA nicht alles diktierte.
Fidel Castro versuchte zunächst trotzdem, gute Beziehungen zu den USA aufzubauen. Die USA aber drohten ihm, verhängten ein Embargo, versuchten in Kuba einzumarschieren. Sie machten mehrere Versuche, Fidel Castro umzubringen. Doch er knickte nicht ein.
Fidel Castro war kein Kommunist. Er und seine Mitstreiter dachten, dass sie die Unabhängigkeit ihres Landes erkämpfen und ein sozialeres Regime durchsetzen könnten, ohne die imperialistische Herrschaft über die Welt zu stürzen. Das war eine Illusion, und kennzeichnete auch die Grenzen des kubanischen Regimes.
Aufgrund des Embargos der USA konnten sie sich nur halten, indem sie die Sowjetunion um Unterstützung baten. Deshalb erklärte sich Castro auf einmal zum „Sozialisten“. Er verstaatlichte de Betriebe und Ländereien der US-Konzerne und hielt der wütenden imperialistischen USA direkt vor ihrer Haustür über 50 Jahre stand.Klar, Kuba unter Fidel Castro war ein autoritäres Regime, mit Ein-Parteien-System und diktatorischen Zügen. Doch anders als die vielen Diktatoren, mit denen die imperialistischen Staatschefs befreundet sind, hat das kubanische Regime das Land unter den Bauern verteilt und die Reichtümer des Landes zum Bau von Schulen, einem hochwertigen, kostenlosen Gesundheitssystem und für die Lebensmittelversorgung der Ärmeren benutzt.
Die Entwicklung der letzten Jahre jedoch zeigen auch besonders deutlich, wie sehr die auf ein Land beschränkte Perspektive von Anfang an eine Sackgasse war. Kein Land kann sich alleine auf Dauer dem Druck des Imperialismus entziehen. Die Ausgebeuteten können sich nicht befreien, ohne das Ziel zu haben, den Kapitalismus weltweit zu stürzen. Und das kann nur der internationalen Arbeiterklasse auf revolutionärem Weg gelingen.
Diese Perspektive ist nicht so weit entfernt, wie wir heute vielleicht das Gefühl haben. Die Massen aus der ärmeren Bevölkerung, die in den letzten Tagen zu Castros Gedenken auf die Straße gegangen sind, zeugen auch von der Sehnsucht der Unterdrückten nach Freiheit und einem besseren Leben. Früher oder später werden diese Gefühle neue Revolutionen nähren.
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Donald Trump: Das System zeigt sein wahres Gesicht
Während seines Wahlkampfs hat der Milliardär Donald Trump viel gegen das „System“ gewettert und gegen die „geheime Regierung“ der Wall-Street-Banker, allen voran der Goldman-Sachs-Bank.
Kaum ist Donald Trump gewählt, holt er einen Banker nach dem anderen in seine Regierung: Die bisherige Nr.2 von Goldman-Sachs wird Trumps oberster Wirtschaftsberater, ein anderer Goldman-Sachs-Manager sein Finanzminister und ein dritter sein Chef-Berater. Die Goldman-Sachs-Aktien sind prompt um 23% gestiegen. Noch bevor Trump ins Weiße Haus einzieht, ist bereits offensichtlich, dass das Finanzkapital weiterhin an der Macht ist und bleibt. Wer hätte bei einem Milliardär etwas anderes erwartet?
Neben Bank-Managern hat Donald Trump, der sich im Wahlkampf so gerne als „Sprachrohr der kleinen Leute“ ausgegeben hat, seine neue Regierung gleich mit mehreren Milliardären gespickt. Die Milliardärin Betsy DeVos, die am liebsten alle öffentlichen Schulen privatisieren würde, wird Bildungsministerin. Der Milliardär Wilbur Ross, berüchtigter Spekulant auf faule Aktien, wird Handelsminister. Andy Puzder, Burger-Ketten-Chef und Mindestlohn-Gegner, wird Arbeitsminister. Und der Chef des Ölkonzerns ExxonMobil wird Außenminister. Alle diese reichen Kapitalisten an der Regierung können jetzt direkt ihre eigenen Interessen vertreten, ohne sich dafür der Dienste braver Politiker versichern zu müssen.
Nein, Trump hat das System nicht geändert. Aber mit ihm zeigt sich noch deutlicher, wie es funktioniert.