Das rote Tuch – Nr. 85

  • Ihr ganzes kapitalistisches System beruht auf Diebstahl

    Ein ausgeklügeltes System aus Briefkastenfirmen, um Steuern zu hinterziehen: Das ist ein weltweiter Geschäftszweig, wie mit den Panama-Papieren klar geworden ist. Ein Geschäft, an dem sich die gesamte Welt des Glanz und Glamour beteiligt: Staatschefs, Manager, Fußballstars, Politiker, Banker.
    Genau dieselben Leute, die so gerne Moralapostel spielen! Die uns ständig das Gefühl geben, wir wären eine Belastung, ein „Kostenfaktor“ für die Allgemeinheit und die uns für alles Mögliche ein schlechtes Gewissen einzureden versuchen, weil wir etwa „zu oft zum Arzt gehen“ oder als Alleinerziehende HartzIV beantragen müssen.

    215.000 Briefkastenfirmen tauchen in diesen Panama-Akten auf. Und das sind nur die Daten aus einem einzigen bekannten Anwaltsbüro in einer einzigen Steueroase. Was wir jetzt erfahren haben, ist also nur ein winziger Bruchteil ihrer ganzen Steuerhinterziehung.

    Wie immer nach solchen Enthüllungen kündigt die Regierung an, „die Steuerhinterziehung“ wirksamer zu bekämpfen. Doch wer will ihr das glauben? Schließlich geht es hier um die Geschäfte der Reichen. Schäuble zum Beispiel hat gerade erst in der EU ein Gesetz gegen Steuerhinterziehung verhindert: nämlich den harmlosen Vorschlag, dass Großunternehmen einfach nur offenlegen sollten, in welchem Land sie wie viel Steuern zahlen.

    Außerdem sind da noch die Banken. Denn sie sind es, die diese Steuerhinterziehung organisieren und damit richtig Geld verdienen. Dafür brauchen sie übrigens nicht einmal nach Südamerika zu gehen. Viele der größten Steueroasen befinden sich im Herzen Europas: Luxemburg, Liechtenstein, Großbritannien. Deutschland selber steht auf der Liste der weltweiten Steueroasen auf Platz 8. Viele reiche Ausländer legen in Deutschland ihr Geld an, um es vor der Steuer im eigenen Land zu verstecken. Denn die deutschen Banken genießen den Ruf, schweigen zu können. Und diese Profite wird die Regierung den Banken nicht nehmen.
    Überhaupt: Schäuble mag jetzt mit dem Finger auf Panama zeigen. Doch die wahren Machthaber, die in der weltweiten Finanzpolitik das Sagen haben und auch entscheiden, ob es Steueroasen gibt oder nicht, diese Machthaber sitzen nicht in irgendwelchen kleinen lateinamerikanischen Ländern, sondern in den reichen westlichen Staaten.

    Vor allem jedoch sind die Steueroasen nur ein kleiner Bereich. Im Grunde beruht ihre gesamte kapitalistische Wirtschaft auf dieser Undurchsichtigkeit der Finanzen und der völligen Unkontrollierbarkeit von Firmen und Kapitalisten.
    Schließlich möchte kein Kapitalist Rechenschaft darüber ablegen, wie viel Geld er wo verdient und was er mit dem Geld macht. Jeder Kapitalist will hinter verschlossenen Türen mit „seinen“ Betrieben und „seinem“ Geld machen können, was er will. Und wir Arbeiter sollen ihnen glauben, dass sie das Beste für die Arbeitsplätze und die Zukunft versuchen, aber dass sie halt „kein Geld“ haben.

    An dem Tag, an dem die arbeitende Klasse sich das Recht nimmt, in die Konten und Unterlagen der Unternehmen, der Großaktionäre und des Staates zu schauen, werden all ihre Lügen wie ein Kartenhaus zusammenfallen.
    Dann werden wir sehen, wie viel Reichtum sie überall angehäuft haben. Dass es nicht an Geld für unsere Arbeitsplätze fehlt. Dass es mehr als genug gibt für anständige Löhne und Renten für alle; mehr als genug auch, um mehr Altenpfleger einzustellen, mehr Lehrer, und auch um die Flüchtlinge würdig aufzunehmen. Und hierfür gehört dieser Reichtum auch verwendet! Denn eigentlich gehört dieser Reichtum uns. Die kapitalistische Klasse stiehlt ihn uns.

    Ja, der größte Diebstahl, den die Milliardäre und Großkapitalisten, eine Familie Siemens, Porsche oder ein Bill Gates begehen, sind nicht die Steuern, die sie hinterziehen. Ihre gigantischen Vermögen selber sind die Beute eines großen und ständigen Diebstahls: nämlich unserer tagtäglichen Ausbeutung. Jedes Produkt, jede Dienstleistung, die sie verkaufen, schaffen wir Arbeitenden – jeden Tag, mit unseren Knochen, unseren Köpfen, unserer Arbeit.

    Doch von all der von uns gelieferten Arbeit, von all dem von uns geschaffenen Reichtum erhalten wir Arbeitenden nur einen kleinen Bruchteil, als Lohn. Der gesamte Mehrwert hingegen fließt als Profit an die Kapitalisten. Den allergrößten Teil also, den wir erarbeiten, nehmen uns die Unternehmer, die Großaktionäre weg. Und nur, weil ihnen die Aktien der Firma gehören, haben sie in dieser Gesellschaft das Recht dazu.

    Der Bruchteil, den wir erhalten, wird obendrein immer kleiner, je mehr Arbeitsplätze sie vernichten, je mehr Werkverträge und Niedriglöhne sie durchsetzen, je mehr und je länger sie uns arbeiten lassen. Ganz zu schweigen davon, was sie mit den Arbeitern in Südamerika, Asien oder Afrika machen. So viel Armut einerseits, nur um so viel Reichtum aufzuhäufen!

    Doch dieser Raub interessiert die Politiker nicht. Er ist im Kapitalismus angesehen und legal. Doch genau dieser Diebstahl ist es, gegen den wir Arbeitenden uns auflehnen müssen, um ihm ein Ende zu bereiten.

  • Polen: Kirche und Regierung wollen die Abtreibung ganz verbieten

    Tausende Frauen sind am 3. und 9. April in ganz Polen auf die Straße gegangen: Gegen die polnischen „Taliban“, wie sie empört die katholische Kirche bezeichnen. Denn die fordert heute in Polen, dass Abtreibung in jedem Fall verboten werden soll: sogar dann, wenn eine Frau vergewaltigt wurde, ihre Gesundheit oder ihr Leben in Gefahr oder der Fötus unheilbar krank ist.
    Das sind die letzten Gründe, mit denen eine Frau in Polen derzeit überhaupt noch abtreiben darf. In allen anderen Fällen ist dies bereits seit 1992 verboten. Bis dahin, also zur Zeit des Ostblocks, war sie für alle Frauen legal und kostenfrei gewesen.

    Frauen, die das Geld haben, fahren heute ins Ausland. Doch den Arbeiterfrauen bleibt nur – wie in alten Zeiten – das Los einer illegalen Abtreibung, in Hinterzimmern, mit all den damit verbundenen Gefahren für ihre Gesundheit.
    Und jetzt fordern die Oberhäupter der katholischen Kirche – alles Männer – den Frauen auch noch die letzten legalen Abtreibungen zu verbieten. Und die herrschende PiS-Partei denkt ernsthaft darüber nach, diese Forderung in die Tat umzusetzen.

    Die rechtsextreme und ultra-konservative PiS ist im Oktober an die Macht gekommen. Viele hatten sie aus Enttäuschung über die vorherige Regierung der Sozialdemokraten gewählt, unter der es für die arbeitende Bevölkerung immer schlechter geworden war.

    Die PiS-Partei hingegen hatte versprochen, etwas für die einfache Bevölkerung zu machen: Sie versprach, ein Kindergeld einzuführen, über 75jährigen alle Medikamente zu erstatten, überschuldeten Familien die Kredite zu erleichtern… all das bezahlt durch Sondersteuern für Supermarkt-Konzerne und Banken.

    Nichts von diesen Versprechen hat die rechtspopulistische PiS-Partei eingehalten. Einmal an der Regierung, regiert diese rechte Partei wie alle anderen für die Banken und Konzerne aus dem In- und Ausland. Den Kapitalisten, die sich bereichern, krümmt sie kein Haar. Fast alle sozialen Versprechen werden aus „Geldmangel“ gestrichen.
    Und das einzige, was der Bevölkerung von dieser rechtspopulistischen Partei am Ende bleibt, sind ihre reaktionären Maßnahmen, deren erste Opfer heute die Frauen sind.

  • Gemeinsam mit unseren Bossen demonstrieren? Nein, danke!

    Am 11. April hat die IG Metall Stahlarbeiter aus ganz Deutschland dazu aufgerufen, „gemeinsam mit den Stahl-Unternehmern“ für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu demonstrieren. Ja, wirklich: Gemeinsam mit den Bossen von ThyssenKrupp und ArcelorMittal, den Vernichtern von zehntausenden Arbeitsplätzen!
    Mit denselben Bossen, die selbst in den Jahren des Stahlbooms und der Rekordgewinne entlassen, ausgelagert und Werke verkauft haben. Und die derzeit die nächsten Fusionen und damit die nächste Vernichtung von Arbeitsplätzen vorbereiten. Es ist, als sollte man gemeinsam mit seinem Henker demonstrieren.

    Auch die Forderungen der Demonstration waren die der Unternehmer. Deshalb haben sie den Arbeitern auch den Lohn bezahlt, um demonstrieren zu gehen. Die Stahlbosse wollen nämlich in der EU Ausnahmen bei der CO2-Steuer und Strafzölle für Importstahl aus China durchsetzen, um besser gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten dazustehen.
    Nicht, dass sie dafür unbedingt die Arbeiter bräuchten. Die Stahlkonzerne haben bessere und direkte Kontakte zu den Politikern in Berlin und Brüssel. Doch die gemeinsame Demonstration war für sie auch eine Gelegenheit, den Boden für die nächsten Entlassungen zu bereiten. Denn im Grunde haben sie den Arbeitern dort erklärt: Wenn es demnächst zu Entlassungen kommt, dann sind nicht wir Schuld, sondern die EU und die Konkurrenz aus China. Obwohl, nebenbei, die chinesischen Importe in Wahrheit nicht einmal 5% der europäischen Stahlproduktion ausmachen.

    Und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wie auch die IG Metall haben sie dabei unterstützt. Denn alle haben den Arbeitern erzählt, dass sie ihre Arbeitsplätze nur retten könnten, indem sie gemeinsam mit den „deutschen“ und „europäischen“ Stahlbossen gegen die Konkurrenz aus China zusammenstehen.

    Es gibt kein schädlicheres Gift für uns Arbeiter und keinen widerwärtigeren Versuch, das Klassenbewusstsein der Arbeiter zu vernebeln und zu zerstören. Wenn man diese Konkurrenz-Logik zu Ende denkt, dann müssten die Arbeiter von Thyssen in Duisburg sich auch freuen, wenn „ihr“ Unternehmen gegen den Konkurren-ten ArcelorMittal gewinnt, das Duisbur-ger Werk von Arcelor zumacht und alle dort arbeitslos werden.
    Diese Logik zerstört jede Solidarität unter den Arbeitern und damit das Wichtigste, was wir Arbeiter haben. Mit dieser Logik steht am Ende jeder Arbeiter allein. Es ist ein Verbrechen, wenn eine Gewerkschaft dabei mitmacht.
    Weltweit kann derzeit mehr Stahl produziert als verkauft werden. Deshalb liefern sich alle Stahlproduzenten mit Billigpreisen und Strafzöllen eine Schlacht um die Absatzmärkte. Und alle Bosse wollen die Folgen dieses Konkurrenzkampfes auf die Arbeiter und die Allgemeinheit abwälzen.

    In China hat dies jetzt schon dramatische Folgen: Bis zu 400.000 Stahlarbeiter sollen dort in nächster Zeit entlassen werden. Und arbeitslos werden in China, das bedeutet sofort Elend, Hunger – und oftmals Hunger für die ganze Familie. Betriebe haben auch angefangen, die Löhne zu kürzen. Seit Monaten kommt es in der Kohle- und Stahlindustrie immer häufiger zu Streiks.

    Ganz sicher also sind es nicht die chinesischen Arbeiter, die die Arbeitsplätze in Deutschland zerstören. Die Stahlbosse zerstören sie, weltweit!

    Die Arbeiter dürfen sich nicht spalten und ablenken lassen. Sie haben nur eine Chance: Dafür zu kämpfen, dass die Unternehmer ihre Arbeitsplätze und Löhne erhalten. Und falls manche Firmen im Moment tatsächlich keinen Gewinn machen sollten, dann sollen die Stahlbosse die Arbeitsplätze von dem Geld erhalten, das sie Jahre und Jahrzehnte lang an der Ausbeutung der Stahlarbeiter verdient haben und wodurch sie heute vielfach zu den 1% Reichsten der Welt gehören.

  • Bombardier : Erst abkassieren, dann entlassen?

    Bombardier – in Deutschland der größte Konzern, der Züge und Lokomotiven baut – will 1430 Arbeitsplätze in Deutschland streichen. Besonders viele Arbeiter sollen in Sachsen entlassen werden: 250 von 1250 Arbeitern im Bautzener Werk, in Görlitz sogar 700 von 1500!

    Bombardier will so alle Werke „noch besser auslasten“ und „noch wettbewerbsfähiger“ machen. Anders ausgedrückt: Jeder achte Arbeiter soll seinen Job verlieren und alle übrigen dafür noch mehr arbeiten, damit die Konzernchefs von Bombardier ihre Gewinne erhöhen. Und weil die sich für nichts zu schade sind, haben sie sich außerdem in den letzten Jahren vom Land Sachsen noch 8,5 Millionen Euro Steuergelder schenken lassen, um… „die Arbeitsplätze in Sachsen zu erhalten“.

    Die Bosse sind wirklich wie Parasiten – erst abkassieren, dann entlassen. Man darf ihnen nicht die Macht lassen, über unsere Arbeitsplätze und unser Leben zu entscheiden!

  • Das neue HartzIV-Gesetz: Ein weiteres Gesetz gegen Arbeiter und Arbeitslose

    Die Regierung will das HartzIV-Gesetz angeblich „besser und einfacher“ machen. Doch hinter dieser Umschreibung steckt ein ganzes Paket an neuen Sparmaßnamen und Schikanen.

    Besonders betroffen sind die 1,2 Millionen Arbeiter, die so wenig verdienen, dass sie mit HartzIV aufstocken müssen. Ihnen wurde ihr Lohn bislang nicht bis zur HartzIV-Grenze, sondern bis zu 230 Euro darüber aufgestockt. Damit sie zumindest etwas mehr hatten, als wenn sie nicht arbeiten würden. Diesen Betrag will die Regierung jetzt kürzen und in den ersten Monaten gar nicht mehr zahlen. Gerade ärmere Arbeiter will die Regierung also noch ärmer machen!

    Außerdem wird eine starre Obergrenze für Heizkosten eingeführt. In keinem Fall zahlt die Stadt dann mehr: Selbst dann nicht, wenn der Winter sehr kalt war, oder wenn die Wohnung schlecht isoliert ist – was bei preisgünstigeren Wohnungen ja meistens der Fall ist. In Zukunft müssen stattdessen Geringverdiener und Arbeitslose von ihren 404 Euro im Monat auch noch einen Teil der Heizkosten bezahlen.

    Und weil es ja noch nicht genug davon gibt, werden mit dem Gesetz noch mehr Kontrollen und bürokratische Schikanen für HartzIV-Empfänger eingeführt: Strafen, die diesmal besonders Alleinerziehende treffen sowie Arbeiter, die erst mit 50 oder 55 Jahren arbeitslos werden.

    Ja, das neue HartzIV-Gesetz von CDU und SPD ist die getreue Fortsetzung ihrer gesamten bisherigen Politik: Statt die Verursacher von Arbeitslosigkeit und Niedriglöhnen zu bekämpfen – die großen Unternehmen, die immer mehr feste Arbeitsplätze vernichten oder in unsichere, schlecht bezahlte Jobs bei Fremdfirmen umwandeln – bestraft die Regierung deren Opfer!

  • Arbeitszeit: Für die Bosse ist es nie genug

    Unternehmer und Regierung wollen demnächst über das Arbeitszeitgesetz verhandeln. Denn der Arbeitgeber-Verband (BDA) behauptet, die Betriebe bräuchten mehr „Flexibilität“, und deshalb müsse die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 10 Stunden am Tag weg. Bei Bedarf müssten Arbeiter auch legal 11 oder 12 Stunden arbeiten dürfen… und warum nicht gleich 14 Stunden?
    Für die Kapitalisten gibt es kein Ende. Für sie ist es nie genug, sie führen den Kampf immer weiter. Sobald sie eine Verschlechterung durchgesetzt haben, verlangen sie schon die nächste.
    Und das wird so weitergehen, bis wir Arbeiter uns darüber bewusst werden, dass es notwendig ist, den Kampf aufzunehmen.

  • Freude sieht anders aus

    Die Rentner könnten sich freuen, haben sie verkündet: Sie bekommen „so viel Rentenerhöhung wie seit 23 Jahren nicht“, ganze… 4%!

    Freuen, worüber? Wenn 4% ein „Rekord“ sind, heißt das nichts anderes, als dass die Rentner in den letzten 23 Jahren noch viel weniger als 4% bekommen haben, oft nur 0, 1 oder 2% – während Preise und Abgaben Jahr für Jahr gestiegen sind.

    Die sauer verdienten Renten sind also seit 23 Jahren jedes Jahr real gesunken.
    Darüber freuen können sich Politiker und Unternehmer. Uns kann es nur wütend machen.

  • Evonik: Arbeiter auslagern, Gewinne einlagern

    Der Chemiekonzern Evonik plant einen großen Angriff auf alle seine Arbeiter in der Logistik, bundesweit. Sie alle sollen in den nächsten Monaten in eine Tochterfirma von Evonik ausgelagert werden, in der die Arbeitszeiten länger und die Löhne bis zu 20% niedriger sind.

    Der Konzern macht fast 1 Milliarde Euro Reingewinn. Und um noch etwas mehr rauszuholen, wollen sie vielen hundert Arbeitern ein Fünftel ihres Lohns und ihre bisherigen Arbeitsverträge wegnehmen und sie in unsichere Arbeitsplätze drängen!

    Man kann nur hoffen, dass die Arbeitenden von Evonik das nicht zulassen.

  • Charité-Streik : Der Vorstand hat (sich) versprochen?

    Im Juli 2015 haben hunderte Pflegekräfte an der Berliner Uni-Klinik Charité für mehr Personal gestreikt. Sie hatten gefordert, dass verbindlich festgelegt, wie viele Pflegekräfte auf jeder Station mindestens arbeiten müssen, zum Beispiel 1 Krankenpfleger für 5 Patienten auf einer Normalstation.

    Nach 10 Tagen Streik hatte der Vorstand der Charité sich letztlich bereit erklärt, eine solche Mindestbesetzung einzuführen. Nur – unter dem Vorwand, dass so viele Punkte dabei zu klären seien – hat der Vorstand nichts Konkretes zugesagt, sondern nur versprochen: Wenn ihr wieder an die Arbeit geht, dann erstellen wir mit der Gewerkschaft einen Tarifvertrag für eine Mindestbesetzung.

    8 Monate später ist noch immer nichts geklärt. Denn als kein Streik den Vorstand mehr unter Druck setzte, hat dieser zunächst monatelang zäh über jede Station einzeln verhandelt.

    Und dann, vor wenigen Wochen, erklärte er ganz plötzlich: Er zähle bei der Mindestbesetzung nicht nur die Krankenpfleger, sondern alle, die irgendwie auf der Station arbeiten. Also zum Beispiel auch Servicekräfte, obwohl die ganz andere Arbeiten machen, wie Betten beziehen, Essen austeilen oder Wäsche einräumen. Das aber hieße nichts anderes, als genau den Zustand von katastrophaler Unterbesetzung an Pflegekräften als Normalzustand festzuschreiben, der heute schon herrscht!

    Die Arbeitenden werden nicht vergessen, wie viel das Wort des Charité-Vorstandes wert ist.

    Dieser hofft vielleicht, mit seiner Haltung die Beschäftigten zu entmutigen, bei sich und auch an anderen Krankenhäusern.

    An der Charité aber sagen viele Kollegen: „Wir haben schon mal gestreikt, wir können das auch wieder.“

  • NSU: Ziemlich beste Freunde

    Immer mehr kommt ans Licht, wie eng die Beziehungen der rechtextremen Terrorgruppe NSU (dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund) zu den staatlichen Organen waren.

    Jetzt haben Journalisten der ARD herausgefunden, dass der Verfassungsschutz nicht nur all die Jahre wusste, wer die Terroristen sind und wo sie sich aufhalten. Als sie schon im Untergrund lebten und daher nirgendwo mehr legal arbeiten konnten, haben zwei der Terroristen mehrere Jahre lang bei einem V-Mann des Verfassungsschutzes gearbeitet. Einer war zwei Jahre lang Vorarbeiter in dessen Baufirma. Der Verfassungsschutz hat also mit dafür gesorgt, dass die Terroristen im Untergrund Geld bekamen, von dem sie leben… und morden konnten.

    Systematisch hat der Verfassungsschutz mit Hilfe der Innenministerien außerdem nach jedem neuen Mord verhindert, dass die einfachen Polizisten, die vor Ort ermittelten, auf die Spur der Terroristen kamen. Als die Terrorbande schließlich doch aufflog, hat ein hoher Beamter alle Akten des Verfassungsschutzes zu den NSU-Morden vernichtet – damit niemand ihre wahren Beziehungen zum Verfassungsschutz aufdecken kann.

    Auch wenn sie nach außen gerne ein anderes Bild vermitteln: Die neusten Erkenntnisse machen noch deutlicher, dass es sich nicht um „Einzelfälle“ und „Fehler“ seitens des Verfassungsschutzes handelt.

    Quer durch alle Bundesländer existieren hinter den Kulissen feste und enge Beziehungen zwischen der rechtsextremen Szene und verschiedenen höheren Beamten bei der Polizei, beim Verfassungsschutz und in verschiedenen Ministerien. Und diese geheimen Beziehungen schützt der Verfassungsschutz.

  • Mehr Rente – nur im Wahlkampf

    Ja, mit all ihren Rentenreformen und mit Niedriglöhnen und Minijobs haben sie es wirklich geschafft, dass die meisten von uns nach Jahrzehnten Maloche bald weniger Rente haben werden als HartzIV. Und CSU, CDU und SPD, die das mit verschuldet haben, wollen damit auch noch Wahlkampf machen. Sie alle versprechen jetzt, die Lage der Rentner zu verbessern… nach der Bundestagswahl 2017.
    Doch natürlich spricht keine Partei davon, all die massiven Kürzungen und Steuererhöhungen zurückzunehmen, die sie seit 2001 gemeinsam bei der Rente vorgenommen haben. Oder davon, die Rente mit 67 wieder abzuschaffen.

    Nein, angeblich suchen sie nach „neuen Lösungen“. Wie die aussehen? Die SPD redet davon, mehr Betriebsrenten einzuführen (wo wir also nochmal einzahlen sollen) – eine grandiose Idee angesichts immer mehr Leiharbeit und kurzen Jobs. Die CSU überlegt, die Riester-Rente umzuwandeln. Und Merkel wagt es gar vorzuschlagen, zur Bekämpfung der Altersarmut „mehr private Vorsorge“ einzuführen. Als hätten Arbeiter das Geld dafür!

    Das also haben wir von ihren angeblichen „Verbesserungen“ bei der Rente in Wahrheit zu erwarten: nichts anderes als weitere Verschlechterungen. Wenn wir verhindern wollen, dass wir alle in Altersarmut fallen, dürfen wir nicht auf die Regierungen setzen!

  • Daimler: Streiken ist vielleicht nicht erlaubt, aber nötig

    Nach anderthalb Jahren hat die Werksleitung von Daimler in Bremen die Abmahnung gegen 761 Daimler-Arbeiter wegen Beteiligung an einem „illegalen Streik“ zurückgenommen.
    Im Dezember 2014 hatten die Kollegen mehrfach für kurze Zeit die Arbeit niedergelegt: Gegen die Auslagerung der 140 Logistik-Kollegen. Und weil die Werksleitung künftig bis zu 92 Sonderschichten im Jahr anordnen will, also quasi jedes zweite Wochenende! Am 11. Dezember hatten die 1300 Kollegen der Nachtschicht dann komplett gestreikt.

    Um die zunehmenden Proteste zu stoppen, verteilte die Werksleitung nach diesem Streik Abmahnungen an 761 Kollegen. Die Betroffenen klagten, doch das Gericht stellte sich auf die Seite von Daimler. Nach deutschem Recht haben Arbeiter nämlich außerhalb von Tarifrunden kein Streikrecht. Auch die IG Metall-Spitze unterstützte die Daimler-Kollegen nicht: Sie wollte nicht mit einem unerlaubten Streik in Verbindung gebracht werden!

    Doch die Kollegen ließen sich nicht unterkriegen. Sie klagten weiter, sammelten 5000 Unterschriften bei Kollegen und erhielten Unterstützung von Vertrauensleuten anderer Betriebe. Im Betrieb nutzten sie immer wieder Gelegenheiten, um an die Forderung nach Rücknahme der Abmahnungen zu erinnern.

    Nach anderthalb Jahren hat die Werksleitung nun die Abmahnungen vorzeitig gelöscht. Sie hofft, dass damit jetzt Ruhe ist. Doch schon ihre neuen Ankündigungen wie die Ausweitung der Leiharbeit und die Umsetzung der 92 Sonderschichten zeigen, dass die Arbeiter gar nicht ruhig bleiben dürfen.

  • Loveparade-Prozess: Ein Ende ohne Anfang

    Nach 5 Jahren (!) Voruntersuchung hat das Gericht also entschieden, dass es zu der Katastrophe bei der Duisburger Loveparade im Juli 2010, die 21 junge Menschen das Leben kostete, keinen Prozess geben wird.

    Das ist also das vorläufige Ende einer gerichtlichen Untersuchung, die von vorne bis hinten ein Hohn war. Vor allem deshalb, weil keine Sekunde auch nur zur Diskussion stand, die Verantwortlichen für die Katastrophe vor Gericht zu stellen.

    Angeklagt hatte die Staatsanwaltschaft ausschließlich Angestellte der Stadt und der Firma, die die Loveparade ausgerichtet hat. Der Ex-Oberbürgermeister Adolf Sauerland aber, der die Loveparade um jeden Preis in Duisburg haben wollte und dafür alle Sicherheitsbedenken vom Tisch gewischt hat, wurde nicht angeklagt.

    Und nicht einmal der Veranstalter der Loveparade, der Unternehmer Rainer Schaller, der die größte Schuld trägt, weil er aus reiner Geldgier überall die grundlegendsten Sicherheitsmaßnahmen missachtet hat.
    Mit der Untersuchung hat das Gericht so viel Zeit verstreichen lassen, dass man die beiden auch gar nicht mehr anklagen kann. Ihre Straftaten sind vor kurzem verjährt.

    Selbst wenn also der Prozess doch noch stattfinden sollte: Die Verantwortlichen werden in keinem Fall zur Rechenschaft gezogen.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.