Leitartikel
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Die Arbeiterklasse braucht ihre eigene Partei !
Die rechtsextreme „Alternative für Deutschland“ (AfD) hat bei den Landtagswahlen 12%, 15%, und in Sachsen-Anhalt 24% der Stimmen erhalten. Eigentlich war diese Partei im vergangenen Sommer schon fast dabei, sich selber wieder aufzulösen. Sie, die ständig gegen die Flüchtlinge wettert, kann sich eigentlich bei ihnen bedanken. Durch deren Ankunft hat die AfD am Ende doch noch ein Thema gefunden, bei dem sie durch Provokationen Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte.
Mehr als ein Drittel derjenigen, die diesmal AfD gewählt haben, war vorher gar nicht mehr wählen gegangen: Weil sie von allen bekannten Parteien längst Nichts mehr erwartet haben. Schließlich haben diese ganzen Parteien, von der CDU, über die SPD bis zu den Grünen und zu den Linken, bereits in allen möglichen Koalitionen zusammen regiert und überall die gleiche Politik gegen die einfache Bevölkerung gemacht.
Die Regierungsparteien haben den Unternehmern immer freiere Hand gegeben, mit Leiharbeit und Werkverträgen auszubeuten. Sie alle haben bei Krankenhäusern, Renten und Nahverkehr gespart. Sie haben mit ihrer Lohn- und Hartz-Politik dazu beigetragen, dass mittlerweile ein Viertel der Kinder in Deutschland in Armut leben – während eine kleine Minderheit Superreicher und großer Konzerne in Milliarden schwimmen.
Der AfD hingegen ist es gelungen, so zu wirken, als wären sie etwas anderes als dieser Einheitsbrei der großen Parteien. Und als würden ihr die „kleinen Leute“ am Herzen liegen.
Doch auch die AfD ist in keiner Weise ein Freund der „kleinen Leute“. Sie ist eine durch und durch arbeiterfeindliche Partei: Sie fordert die Abschaffung des Mindestlohns, die Abschaffung der Erbschafts- und Gewerbesteuer für Unternehmen. Ja, sie will sogar die Arbeitslosenversicherung abschaffen. Man soll selber privat vorsorgen, meint die AfD. Und wenn man das Geld hierzu nicht hat – Pech gehabt.Auch ihre Flüchtlingspolitik ist arbeiterfeindlich. Mit ihrer Propaganda, die in einer Tour „die Flüchtlinge“ oder auch „die Muslime“ zu den Hauptverantwortlichen für unsere Probleme erklärt, lenkt sie uns gezielt von denen ab, die tatsächlich unser tägliches Leben schwer und unsicher machen:
Von den Unternehmern, die uns auslaugen und in der täglichen Unsicherheit lassen, morgen noch Arbeit zu haben.
Von den Immobilienhaien, die mit leerstehenden Wohnungen spekulieren, Luxusapartments bauen und den Ärmeren Bruchbuden andrehen, während es an bezahlbaren, anständigen Wohnungen fehlt.
Von den Banken, die sich jährlich über 50 Milliarden vom Staat holen, während dieser für Arbeitsplätze in Krankenhäusern und Schulen „kein Geld“ hat.Ja, die Politik der AfD ist dieselbe wie die der anderen großen Parteien – nur schlimmer. Denn zusätzlich zu ihrer Politik für die kapitalistischen Ausbeuter versucht sie, Misstrauen und Hass unter den Arbeitern verschiedener Nationalität und Religion zu säen. Sie zielt auf noch mehr Spaltung, noch mehr Zersplitterung innerhalb der Arbeiterklasse, was nichts anderes bedeutet, als uns weiter zu schwächen.
Und es ist leider vorhersehbar, dass nach dem jetzigen Wahlergebnis auch CDU und SPD in diese Richtung gehen werden, um die 15% AfD-Wähler zu gewinnen. Und da sie diesen nichts Konkretes zu bieten haben – sonst müssten sie schließlich den Reichtum und die Allmacht der Bosse angreifen – bleibt ihnen nur, mit der AfD um scheinbar härtere Maßnahmen und Sprüche gegen Flüchtlinge und Migranten zu konkurrieren.
Es ist ein Wettkampf, der rechtsextremen Parteien wie der AfD nur noch mehr Nährboden schaffen kann.Alle bürgerlichen Parteien haben der Arbeiterklasse damit nur einen Weg anzubieten, der sie immer weiter in Ausbeutung und Armut, aber auch in Spaltung und Hass untereinander führt.
Die einzige Alternative zu dieser Entwicklung ist, dass wieder eine politische Strömung entsteht, die der Arbeiterklasse wirklich eine Perspektive bieten kann. Eine Arbeiterpartei, die radikal mit diesem System bricht. Die sich gegen die wahren Verantwortlichen für Ausbeutung, Unsicherheit, Armut und Krieg wendet, gegen die kapitalistische Klasse, gegen diese 1 Prozent der Bevölkerung, die den größten Teil der Banken, der Fabriken und des Reichtums besitzen. Und die für den Zusammenhalt aller Arbeitenden – egal welcher Herkunft, Religion und Sprache – kämpft, weil nur Zusammenhalt die Arbeitenden stark macht.
Sich dafür einzusetzen, dass eine solche politische Strömung in der Arbeiterklasse wieder entsteht – das ist auch das Wichtigste, was man tun kann, wenn man dem Erstarken der extremen Rechten nicht gleichgültig zusehen will.
Internationales
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Die Türkei soll für die EU die schmutzige Arbeit machen
Mehrere Jahrzehnte lang hat die EU, entgegen ihrer Versprechen, die Türkei nicht in die EU aufgenommen. Jetzt aber soll die Türkei für sie die schmutzige Arbeit erledigen und mit Gewalt dafür sorgen, dass die syrischen, irakischen, afghanischen und anderen Flüchtlinge nicht nach Europa gelangen.
Ja, die Türkei, in der bereits 2,5 Millionen Flüchtlinge leben – wesentlich mehr als in Deutschland – soll nun alle Flüchtlinge nehmen, die nach Europa wollen. Im Gegenzug soll ganz Europa mit seinen reichen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien gerade einmal 72.000 Flüchtlinge aufnehmen – wenn überhaupt!
Die Türkei lässt sich darauf ein, weil das von Wirtschaftskrise und Inflation erschütterte Land sich dadurch Finanzhilfen und engere Beziehungen zur EU erhofft. Und weil Erdogan seiner Bevölkerung vorspielen kann, er sei der „starke Mann“, mit dem die EU scheinbar auf Augenhöhe verhandeln müsse.
Was die Türkei nun mit den ganzen Flüchtlingsfamilien macht, fragt keiner – und will in der EU auch niemand wissen. Sie interessiert nur, dass die Flüchtlinge bereits an der Außengrenze der EU vertrieben – und dafür die Grenzen innerhalb der abgeschotteten EU wieder geöffnet werden.
Doch auch wenn die Herrschenden in der EU sich dies wünschen, ist es nicht sicher, ob ihr Plan aufgeht.Die Flüchtlinge, die tausende Kilometer überwunden und ihr Leben riskiert haben, um nach Europa zu kommen, werden andere Wege nach Europa suchen, und seien sie noch so mühsam und gefährlich.
Und die Spirale der nationalistischen Politik von Abschottung und Stachel-draht innerhalb Europas ist bereits so weit vorangeschritten, dass sie sich vielleicht nicht mehr so einfach aufhalten lässt. Und kein Mensch weiß, wohin das noch führen kann.
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Türkei: Terroranschläge und Krieg gegen die Kurden vor dem Hintergrund der sozialen Krise
Es ist schon der dritte Terroranschlag in fünf Monaten in Ankara, der Hauptstadt der Türkei: Anfang der Woche hat ein Selbstmordattentäter 37 Menschen in den Tod gerissen und 125 weitere verletzt. Fast alle diese Anschläge, ebenso wie die in Istanbul und anderen Städten, wurden von IS-Attentätern verübt.
Der türkische Staat ist offiziell ein Verbündeter der USA im Kampf gegen den IS. Doch tatsächlich bekämpft er sehr viel mehr die Kurden als den Islamischen Staat. Mehr noch, er hat den IS in Wahrheit seit langem unterstützt und mit Waffen beliefert. Das hat die unberechenbaren Terroristen des IS jedoch nicht davon abgehalten, auch in der Türkei Anschläge zu verüben.
Bei quasi allen Anschlägen hat die türkische Regierung das gleiche zynische Schauspiel aufgeführt: Sie hat erklärt, es stünden höchstwahrscheinlich PKK-Anhänger hinter dem Anschlag – auch wenn sich die PKK von dem Anschlag distanziert hat. Und das reichte der Regierung als Vorwand, um mit erneuter Brutalität kurdische Regionen zu bombardieren oder kurdische Städte in der Türkei mit Armee und Ausnahmezustand zu terrorisieren.
Bei dem aktuellen Anschlag behauptet die türkische Regierung, es stünde eine obskure kurdische Splittergruppe dahinter. Höchstwahrscheinlich ist dies nichts als eine weitere Lüge auf der langen Liste der Regierung. Doch wenn sie den Staatsterror und Krieg gegen die kurdische Bevölkerung in dieser Weise fortsetzt, wird sie dort irgendwann tatsächlich verzweifelte Selbstmordattentäter hervorbringen.
Erdogan hat den Krieg gegen die Kurden wieder aufleben lassen, um von den eigentlichen Problemen im Land abzulenken: Von der massiven Inflation, von der Wirtschaftskrise, von seiner gescheiterten Außenpolitik in Syrien. Immer mehr Arbeiter können von ihrem Lohn nicht mehr leben, Millionen können ihre Kredite nicht bezahlen.
Erdogan hofft, dass durch seine Politik türkische und kurdische Arbeitende damit beschäftigt sind, sich untereinander zu hassen und zu bekämpfen, und dadurch die Unzufriedenheit über die Regierung und die Verschlechterung der Lebensbedingungen in den Hintergrund tritt.
Diese Unzufriedenheit ist immer deutlicher spürbar: Erst Anfang März ist die Armee in die Autofabrik Renault einmarschiert, um gewaltsam die Arbeiter zu vertreiben, die die Fabrik aus Protest gegen Entlassungen und für höhere Löhne besetzt hatten.
So es ist nicht sicher, dass Erdogans Plan aufgeht und die Arbeiter sich dauerhaft von dieser Unzufriedenheit ablenken lassen: Denn von nationalistischen Reden und Kriegshetzerei können sie ihre Rechnungen auch nicht bezahlen.
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12-Stunden-Tag? Massive Angriffe auf die Arbeiter in Frankreich
In Frankreich versucht die linke Regierung, eine regelrechte Zerstörung der Arbeit und des Arbeitsrechts durchzukämpfen. Noch ist nicht sicher, was ihr davon gelingt. Es gibt Proteste von Arbeitenden sowie von Schülern und Studenten, und die Regierung ist bei ersten Kleinigkeiten zurückgerudert.
Doch was sie versucht, ist ein Generalangriff. So gilt in Frankreich theoretisch die 35-Stunden-Woche. Doch falls das neue Gesetz durchkommt, kann man die Arbeiter zukünftig zwingen, bis zu 60 Stunden in der Woche zu arbeiten – und das 16 Wochen am Stück. Überstunden sollen außerdem nur noch mit 10% Zuschlag vergütet werden müssen. Und vor allem sollen Entlassungen fast jederzeit und kostenlos für Unternehmer möglich werden.Wenn die Mehrheit der Beschäftigten in einem Betrieb zustimmt, sollen Betriebe zukünftig auch Bedingungen einführen dürfen, die noch schlechter sind als das, was das Arbeitsrecht festlegt.
Das jedoch bedeutet im Grunde nichts anderes, als Tür und Tor für bodenlose Verschlechterungen zu öffnen: Die Unternehmen werden drohen, sie müssten den Betrieb schließen, wenn die Arbeiter zum Beispiel nicht „demokratisch“ entscheiden, nicht nur 16 Wochen, sondern immer 12 Stunden am Tag zu arbeiten.
Dieser Angriff ist eine regelreche Rückkehr ins 19. Jahrhundert! Es ist der mit Abstand massivste Angriff in einer Serie, die die sozialistische Regierung in den letzten Jahren gegen die Arbeiter führt. Nicht selten hat sie dabei Gerhard Schröder als Vorbild zitiert.
Diesmal wechselt sie und will sich jetzt die jüngsten Maßnahmen der spanischen und italienischen Regierung zum Vorbild nehmen. Wie lange wird es wohl dauern, bis die deutsche Regierung diese Angriffe ebenfalls übernehmen will, mit dem Argument, die deutsche Wirtschaft müsse schließlich in Europa „wettbewerbsfähig“ bleiben?
Alle Regierungen in Europa greifen die Arbeitenden an, wobei sie alle voneinander abgucken und alle das gleiche Ziel haben: Uns in großen Schritten in die Ausbeutungsbedingungen des 19. Jahrhunderts zurückzustoßen. Die Frage, ob wir Arbeitenden dies zulassen.
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Ihr Verantwortungsbewusstsein ist lebensgefährlich
Drei Störfälle hat es in den letzten zwölf Monaten im Reaktor 1 des belgischen Atomkraftwerks Tihange gegeben, im Dezember hat es sogar gebrannt. Der Reaktor ist obendrein schon 40 Jahre alt, seine Laufzeit ist damit eigentlich zu Ende. Dennoch läuft er weiter, ebenso wie der Reaktor 2, in dem tausende Risse sind.
Belgien steigt nämlich 2025 aus der Atomkraft aus. Und bis dahin will der private Energiekonzern GDF Suez noch so viel Gewinn wie möglich aus seinen alten AKWs holen.
Und trotz all der Störfalle und Schäden, die katastrophale Folgen haben könnten – und obwohl er weiß, dass der Konzern „für die paar Jahre“ nur noch das Allernötigste an Wartung und Instandhaltung machen wird, hat der belgische Staat dem Konzern das erlaubt. Denn was zählt für Aktionäre und ihre Politiker die Sicherheit der Arbeiter und Anwohner… wenn es um hunderte Millionen an Profiten geht?