Leitartikel
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Flüchtlinge: Menschen wie wir… und Arbeiter wie wir
Es ist beeindruckend, wie viele Menschen seit Wochen den Flüchtlingen helfen, wie viele Nahrung, Spielzeug und Geld schicken, ihnen Unterkunft geben, bei Behörden helfen. Obwohl seit Jahren in den Medien gegen Migranten und Flüchtlinge gehetzt wurde, zeigen sie die selbstverständliche Solidarität, Menschen in Elend und Not einfach zu helfen. Und man kann nur hoffen, dass diese Welle der Solidarität auch das zukünftige Verhältnis zu den Flüchtlingen beeinflussen wird.
Die Flüchtlinge haben Monate und Jahre einer grausamen Irrfahrt hinter sich. Überall sind sie auf verschlossene Grenzen, auf Polizei und Armee gestoßen. Skrupellose Schleuser, lebensgefährliche Fahrten in überfüllten Booten oder Containern waren ihre einzige Möglichkeit, durch die Festungsmauern Europas zu dringen. Wie viele haben bei dem Versuch ihr Leben verloren! Wie viele weitere sitzen hungrig in Kroatien, Libanon oder Libyen fest!
Auch die deutsche Regierung hat die Flüchtlinge nicht aufgenommen, weil sie auf einmal ein Herz für die Armen und Ausgebeuteten entdeckt hätte. Sondern weil ein Teil es trotz aller Mauern geschafft hat, sich bis hier durchzukämpfen… und die Regierung irgendetwas tun musste.
Doch auch sie ist damit beschäftigt, noch mehr Hindernisse für die Flüchtlinge zu schaffen, das Asylrecht zu verschärfen und vor allem alle, die nicht direkt vor Bürgerkrieg geflohen sind, sofort wieder aus dem Land zu werfen.Die Regierung behauptet, das seien gar keine wahren Flüchtlinge, sondern „Wirtschaftsflüchtlinge“, die einfach nur ein angenehmeres Leben führen wollten. Als ob es kein Grund zur Flucht wäre, wenn man Hunger hat, wenn man die Medikamente für sein Kind oder das Trinkwasser nicht bezahlen kann! Nein, niemand verlässt freiwillig seine Familie und nimmt leichtfertig die Monate und Jahre einer so lebensgefährlichen Flucht auf sich. Alle kommen, weil sie verzweifelt sind, weil sie in Westeuropa ihre einzige Hoffnung auf Leben sehen.
Die westeuropäischen Staaten und die USA tragen eine große Verantwortung für diese ausweglose Lage in vielen Ländern. Sie haben nicht nur viele dieser Länder als Kolonien ausgebeutet. Sie haben auch die meisten der heutigen Kriege geschürt, haben die Waffen für sie geliefert oder sie gleich selbst geführt. Ihre Banken und Konzerne haben mit ihrer skrupellosen Profitgier ganze Kontinente ausgeblutet und verelendet.
Die imperialistischen Staaten tun alles, um sich vor den Folgen ihrer zerstörerischen Politik abzuschotten. Doch keine noch so mörderische Grenzmauer, keine noch so brutale Abschiebepolitik wird die Verzweifelten davon abhalten, ihre Flucht zu versuchen.
Welche Interessen haben wir Arbeitenden in alledem? Sicher nicht, uns gegen die Flüchtlinge zu stellen. Nicht nur, weil jeder Arbeiter morgen der nächste sein kann, der auf der Suche nach Sicherheit und Arbeit in ein anderes Land ziehen muss. Wie vielen unserer Eltern oder Großeltern ist es so ergangen?
Es geht um mehr. Viele der Flüchtlinge werden Arbeiter, sie werden unsere zukünftigen Kollegen und Kampfgenossen sein. Sich heute nicht gegeneinander aufhetzen zu lassen, ist die Grundlage für den Zusammenhalt der Arbeiter im Betrieb. Und nur der macht uns gegen die Kapitalisten stark.
Viele fragen sich: Wie sollen wir hunderttausende Flüchtlinge würdig aufnehmen, wie sollen sie sich eine Existenz aufbauen, wo wir doch jetzt schon Millionen Arbeitslose und Arme haben?Doch Arbeitslosigkeit und Einwohnerzahl haben nichts miteinander zu tun. Auch als kaum Migranten kamen, ist die Arbeitslosigkeit massiv gestiegen. Das Problem sind nicht die Flüchtlinge, sondern die Konzerne wie Siemens, Opel oder die Deutsche Bank, die aus Profitinteresse Betriebe geschlossen und massenhaft Stellen abgebaut haben.
Und auch Kommunen und Staat haben nicht auf die Flüchtlinge gewartet, um in Krankenhäusern zu sparen, Schulen zu schließen oder bei der Rente zu kürzen, um das Geld stattdessen den Banken und Reichsten in den Rachen zu werfen.Nein, Arbeitslosigkeit und leere Kassen haben nichts damit zu tun, wie viele Einwohner es gibt. Sie sind einzig die Folge des Kampfes, den die kapitalistische Klasse gegen die Arbeiter führt. Wie viele Arbeiter könnten allein von den 15 Millionen Euro Gehalt leben, die der oberste VW-Manager jedes Jahr bekommt? Wir haben 123 Milliardäre in Deutschland: Ein kleiner Teil ihres Vermögens würde genügen, um ausreichend Arbeitsplätze für alle zu schaffen!
Nein, für die reichsten Länder wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien ist es kein Problem, ein paar hunderttausend, ja auch ein paar Millionen Menschen aufzunehmen. Unsere Zukunft hängt von etwas anderem ab: Davon, dass wir uns gegen die wahren Ursachen unserer Ausbeutung wenden. Wir müssen die Scheinlogik, wir könnten „nicht das Elend der ganzen Welt aufnehmen“ zurückweisen und stattdessen verkünden, dass „wir alle nicht mehr für die reichen Kapitalisten bluten wollen“.
Internationales
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Börsenkrach in China: Der Kapitalismus ist weltweit am Ende
Wie viele Jahre hat man uns China als Muster dafür vorgeführt, dass sich ein armes Land im Kapitalismus zu einem reichen Land „hocharbeiten“ kann! Dass die kapitalistische Wirtschaft doch für alle eine Zukunft bieten kann.
Viele dieser Illusionen haben sich in den letzten Monaten in Luft aufgelöst. Das Wirtschaftswachstum geht bedeutend zurück. Und seit dem Sommer erschüttert ein Börsenkrach die Banken und die Wirtschaft Chinas, der die Börsen der ganzen Welt erzittern lässt.Die chinesische Regierung hat in den letzten Wochen mehrere hundert Milliarden Dollar ausgegeben, um die Banken zu stabilisieren und den Absturz der Börsenkurse aufzuhalten. Doch es ist nicht sicher, wie erfolgreich dieser Versuch ist. Denn der Börsenkrach ist nur ein Teil der Krise in China, die ihrerseits eine Folge der weltweiten wirtschaftlichen Krise ist.
Weltweit verwenden Unternehmen und Reiche ihr Kapital kaum noch dazu, Fabriken zu bauen und Güter zu produzieren. Angesichts der weltweiten Krise ist ihnen das zu mühsam und zu unsicher. Sie spekulieren mit ihrem Geld lieber an der Börse. Und Aktien chinesischer Firmen zu kaufen, erschien ihnen dabei in den letzten Jahren vielversprechend, weil die chinesische Wirtschaft so ein großes Wachstum hatte.
Auch die chinesische Mittelschicht begann, ihr Erspartes in Aktien chinesischer Firmen anzulegen. Und je mehr Aktien gekauft wurden, desto höher stieg ihr Börsenkurs, und desto mehr Leute kauften die Aktien. Zwischen Juni 2014 und Juni 2015 stiegen die Kurse um 150%, was rein gar nichts mehr mit der realen Wirtschaftsleistung der Firmen zu tun hatte. Es entstand eine große Blase, die irgendwann platzen musste. Und sie platzte, als deutlich wurde, dass das Wirtschaftswachstum – auf dem ja die gesamte Spekulation beruhte – deutlich nachließ.
Dass das Wirtschaftswachstum nachlässt, konnte man schon seit mehreren Jahren kommen sehen. Nur diejenigen, die um jeden Preis im Kapitalismus eine Zukunftsperspektive sehen wollen, konnten glauben, dass das chinesische Wachstum dauerhaft weitergehen würde. In Wahrheit waren dem „chinesischen Wirtschaftswunder“ von Anfang an enge Grenzen gesetzt.
Zum einen lebt ein bedeutender Teil der chinesischen Wirtschaft vom Export und ist damit von der Weltwirtschaft abhängig. Die aber steckt seit Jahren in der Krise.
Zum anderen wurde Chinas Wirtschaft in großem Maß durch öffentliche Konjunkturprogramme angekurbelt. Der Staat und die Regionen haben sich vollkommen verschuldet, um Häuser, Züge, Fabriken oder Einkaufszentren zu bauen. Zahlreiche Industriezweige waren über Jahre mit diesen staatlichen Aufträgen ausgelastet.
Doch wie wir es auch in den USA und in Europa erlebt haben: Auch diese Konjunkturprogramme kommen an ihre Grenzen, wenn ein Teil der neugebauten Häuser sich nicht verkaufen lässt, die Einkaufszentren keinen Gewinn machen, die Fabriken einen Teil ihrer Waren nicht verkaufen können. So endeten viele dieser Konjunkturprogramme und der wirtschaftliche Aufschwung ging zwangsläufig zurück.Heute wird viel darüber spekuliert, welche Folgen dies für die Weltwirtschaft haben wird. Ob der Rückgang in China weltweit einen neuen Wirtschaftsrückgang einläuten wird. Niemand kann dies voraussagen.
Sicher allerdings ist, dass er bedeutende Auswirkungen für die Arbeitenden in China haben wird. Er wird Fabrikschließungen, Massenentlassungen und neue Armut hervorrufen.Ganz zu schweigen davon, dass der jetzige Börsenkrach diese Entwicklung dramatisch beschleunigen könnte. Denn in ihm haben Millionen Menschen der chinesischen Mittelschichten ihr Erspartes verloren, ein Teil ist ruiniert. Ihr jahrelanger sozialer Aufstieg hat sich in wenigen Wochen in Luft aufgelöst.
Und Wirtschaftszweige wie die deutschen Autokonzerne haben bereits angekündigt, dass sie entsprechend weniger Verkäufe und Gewinne in China erwarten… und dann auch entlassen werden, vor allem in den chinesischen Werken.Das ist nicht alles. Denn die Bevölkerung wird auch für die hunderte Milliarden Dollar bezahlen müssen, die der Staat zur Rettung der Banken und der Börse ausgegeben hat. Die Finanz wird dafür sorgen, dass der Staat sich dieses Geld rücksichtslos bei der einfachen Bevölkerung zurückholt. Das können wir vor unserer eigenen Haustür, in Griechenland oder Spanien beobachten.
Mit China ist der Mythos endgültig zerbrochen, dass die kapitalistische Wirtschaft noch in der Lage sei, dynamisch Länder zu entwickeln, Industriestaaten aufzubauen. Die Wirtschaft in China ist genauso kaputt wie überall. Es ist eine weltweite, parasitär gewordene Wirtschaftsordnung, die sich nur noch durch ständige Finanzhilfen der Staaten über Wasser hält, während die Kapitalisten ihre Gewinne lieber in das große Kasino der Börse tragen… ganz gleich, welche Katastrophen, welchen Rückschritt und Ruin sie damit über die Menschheit bringen.
Die einzige Chance, aus dieser Fäulnis und diesem Wahnsinn heraus zu kommen, ist das kapitalistische Gesellschaftssystem zu stürzen. Erst dann kann es für die Menschheit wieder Fortschritt und Entwicklung geben.