Das rote Tuch – Nr. 62

  • Ein unverantwortliches Spiel der Mächtigen (der Welt)

    Man hat das Gefühl, in die Zeit des Kalten Krieges zurückzukehren: USA und Russland messen ihre Kräfte, in einem von den Medien aufgeheizten Klima aus Angst, Lügen und Säbelrasseln. Und bislang kann keiner absehen, welche Folgen dieses Tauziehen für die Bevölkerung der Ukraine noch haben wird.
    Nur wenige Wochen, nachdem es anhaltende Proteste aus der Bevölkerung geschafft hatten, den korrupten, verhassten Präsidenten Janukowitsch in die Flucht zu treiben, droht der Bevölkerung neues, noch größeres Elend, vielleicht die Teilung des Landes oder gar ein Bürgerkrieg.
     
    Jedem ist klar, dass Putin dies völlig egal ist. Ihn interessiert einzig, seinen Einfluss nicht zu verlieren und dafür zu sorgen, dass die Herrschaft der Reichen und die Unterdrückung der Bevölkerung in der Ukraine weitergehen.
    Doch sind die USA und die EU besser? Sie führen doch selber genügend Kriege, von Afghanistan bis Mali: Kriege um Einfluss und wirtschaftliche Interessen, in denen ihnen die Folgen für die Bevölkerung völlig gleichgültig sind. Und da sollen wir glauben, dass ihnen Frieden und Freiheit der ukrainischen Bevölkerung am Herzen liegen?

    Sie behaupten, durch eine Anbindung an den Westen würde die Ukraine „Demokratie und Wohlstand“ bekommen. Doch das erste, was der Westen für seine Unterstützung verlangt, ist ein gigantisches Sparprogramm: Die Ukraine soll riesige Teile ihres öffentlichen Dienstes und der vielen halbstaatlichen Industriezweige privatisieren oder einfach abschaffen. Das bedeutet hunderttausende Entlassungen, massenhaft Betriebsschließungen und Verarmung. So sieht der „Wohlstand“ aus, den der Westen zu bringen verspricht!
    Auch soziale Errungenschaften aus der Zeit der Sowjetunion, die sich die Bevölkerung bei aller Armut bislang bewahrt hat, sollen angegriffen werden. Kein Wunder, dass ein Bergmann aus Donezk verdutzten europäischen Journalisten erklärte: „Warum sollte ich den Eintritt in die Europäische Union wollen? Ich kann mit 45 in Rente gehen, bei euch kriegt man sie erst mit 60.“
     
    Und die Demokratie? Sie ist das letzte, was die ukrainische Bevölkerung von USA und EU zu erwarten hat. Man braucht nur einen Blick auf die neue Regierung zu werfen, die sich mit ihrer Unterstützung gebildet hat.
    Fast alle Minister sind reiche Geschäftemacher aus den Machtcliquen, die seit Jahren herrschen – angefangen bei der Milliardärin Julia Timoschenko, reich geworden durch die Ausplünderung der ukrainischen Gasindustrie, die schon zwei Mal Präsidentin war und ihren Posten wegen ihrer Verwicklung in zahllose Korruptionsskandale räumen musste.

    Es ist eine Regierung aus Ministern, die allesamt nur eines wollen: Dass die Ausplünderung des Landes und die Unterdrückung der Arbeitenden durch die reichen Machtcliquen weitergehen kann.
     
    Ganz stark haben in den Protesten der letzten Wochen die Rechtsradikalen an Einfluss gewonnen. 5 Minister stellen ihre Parteien in der so „demo-kratischen“ Regierung. Sie haben die Verwirrung genutzt, die nach der Flucht des Präsidenten herrschte, und haben Polizeistationen und Rathäuser gestürmt und übernommen. In zahlreichen Orten sind sie heute das Gesetz und terrorisieren Russischsprachige, Juden, Roma, Gewerkschafter…
     
    Die westlichen Regierungen ignorieren diese Entwicklung, weil sie ihnen nicht ins Bild passt. Doch die Politik der Rechten, die alle Volksgruppen gegeneinander aufhetzt, kann die ukrainische Bevölkerung in eine finstere, blutige Sackgasse führen. Und sie stärkt natürlich die Angst vieler russisch sprechender Menschen im Osten der Ukraine und damit auch die Kräfte, die für die Spaltung des Landes eintreten.

    Dies war es sicher nicht, wovon all diejenigen geträumt haben, die ehrlich die Bande des Präsidenten Janukowitsch loswerden und seine diktatorische Macht beenden wollten. Doch gerade das ist die wichtige Lehre, die wir aus der Ukraine ziehen müssen:
     
    Hier wie in Ägypten oder Tunesien haben die Menschen gezeigt, dass es möglich ist, einen Diktator zu vertreiben, wenn eine Bevölkerung entschlossen ist und nicht nachgibt. Doch die entscheidenden Fragen stellen sich erst dann: Wie soll es jetzt weitergehen? Was soll anstelle des alten Regimes kommen?
    Und da prallen zwangsläufig sehr unterschiedliche Interessen aufeinander. Nur Kräfte, die organisiert sind und wissen, was sie wollen, können dann Einfluss ausüben. Alle anderen sind dazu verdammt, ohnmächtig zuzusehen oder anderen politischen Kräften als Fußvolk zu dienen. Und genau in dieser Lage befindet sich heute überall die arbeitende Bevölkerung.

    Doch die Arbeitenden sind nicht dazu verdammt, immer zuzusehen, wie die sozialen Klassen, die sie ausbeuten, ihre Interessen durchsetzen. Auch die arbeitende Bevölkerung kann in Momenten, wo die alte Macht zusammenbricht, ihre Lebensbedingungen und Interessen verteidigen und erkämpfen: wenn sie sich im Laufe des Kampfes eigenständig organisiert und weiß, wofür sie kämpfen will und muss, um ihr Leben zu verändern.
    Das ist auch die einzige Perspektive für die arbeitende Bevölkerung der Ukraine, wenn sie nicht das Opfer der örtlichen und internationalen Machthaber werden will. Und wenn sich die Arbeitenden egal ob ukrainischer, russischer oder tatarischer Herkunft für ihre gemeinsamen, wesentlichen Interessen als Arbeitende, für Arbeit, würdige Lebensbedingungen und demokratische Rechte zusammentun, dann wird im besten Sinne sehr vieles möglich.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.

  • Die Forderungen der Unternehmer nutzen einzig ihren Profiten – die Forderungen der Arbeitenden nutzen der Gemeinschaft

    Alle möglichen Konzerne fordern im Moment, dass der Staat ihnen wegen der Energiepolitik Subventionen geben soll: die Stahl- und Chemiebranche mit ThyssenKrupp und BASF, die Stromkonzerne RWE und E.ON, und Konzerne wie Siemens, die an den Erneuerbaren Energien verdienen. Sie behaupten, ohne diese Subventionen könnten sie ihre Anlagen nicht mehr wirtschaftlich betreiben, und das würde Stromversorgung und Arbeitsplätze in Deutschland gefährden.

    Ja, die Kapitalisten sind sehr gut darin so zu tun, als ginge es ihnen einzig um das Gemeinwohl. Wenn sie vom Staat Geld haben wollen, sind ihnen die Arbeitsplätze plötzlich immer sehr wichtig. Doch dann scheren sie sich einen Teufel um das Gemeinwohl.
    Denn in Wahrheit geht es all diesen milliardenschweren Konzernen nur um ihre Profite. Sie kassieren die staatlichen Gelder, und dann entlassen und schließen sie trotzdem, wie sie wollen.
    Den Arbeitern hingegen wird in dieser verqueren Gesellschaft Verantwortungslosigkeit und Egoismus vorgeworfen, wenn sie so etwas Lebensnotwendiges wie den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, ernsthafte Lohnerhöhungen und Festverträge fordern. Oder wenn sie fordern, das öffentliche Geld für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und nicht für Geschenke an Aktionäre zu verwenden.

    Die Arbeitenden jedoch schaffen allen Reichtum und halten die gesamte Gesellschaft am Laufen. Allein schon deshalb haben sie jedes moralische Recht, auch ihre Interessen in dieser Gesellschaft durchzusetzen.

    Darüber hinaus sind ihre Forderungen im Interesse der Gemeinschaft: Jeder Arbeitsplatz und jeder Cent mehr Lohn stärkt auch den kleinen Bäcker oder Frisör an der Ecke, füllt etwas mehr die Renten- und Krankenkassen und bekämpft den moralischen Verfall der Gesellschaft, der mit Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut einher geht. Und jeder Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst nutzt außerdem allen Einwohnern, die auf Nahverkehr, Kitas und Schulen angewiesen sind.

    Wir Arbeitenden kämpfen daher, wenn wir für unsere Interessen eintreten, für das Wohl der ganzen Gesellschaft – im Gegensatz zu den Kapitalisten. Umso mehr dürfen wir uns nicht davon abhalten lassen, unsere Forderungen selbstbewusst und konsequent zu vertreten.

  • Nachzahlung fällig

    Viele zehntausende Erzieherinnen, Busfahrer, Pfleger, Verwaltungsangestellte, Kollegen der Müllabfuhr, Bademeister fordern in ihren Warnstreiks 100 Euro + 3,5 Prozent mehr Lohn.

    Seit Jahren schon bekommen die Arbeitenden im Öffentlichen Dienst noch weniger Lohnerhöhungen als in vielen anderen Branchen, obwohl schon die viel zu niedrig sind. Das Argument ist immer das gleiche: Die Kassen seien leer. Und so müssen sie zusehen, wie jeden Monat ihre Löhne dahin schmelzen. Mal flattert eine Mieterhöhung herein, dann wieder die Stromnachzahlung, dann werden die Lebensmittel teurer…

    Das endlich mal auszugleichen, wäre das Mindeste. Und wenn die Regierung nicht weiß, wo sie das Geld für die Lohnerhöhungen finden soll, dann kann sie ja mal ihren Freund Ulli Hoeneß fragen: Der kann ihnen bestimmt ein paar Tipps geben, wo die Reichsten die vielen Milliarden samt Steuern so alles versteckt haben.

  • RWE: Gruseln und kassieren

    Die Gruselmärchen bei RWE nehmen kein Ende. Angeblich hat RWE einen Rekordverlust von 2,7 Milliarden Euro, wegen der Energiepolitik der Regierung. Und so fordert der RWE-Konzern nun Milliarden-Hilfen vom Staat – weil er ja als Energieversorger so eine wichtige und verantwortungsvolle Rolle für die Gesellschaft hätte.

    Dabei sind seine Verluste nichts als ein Bilanztrick. In Wahrheit hat RWE 2013 Gewinn gemacht, und zwar 2,3 Milliarden. Doch sie haben einfach in ihre Bilanz geschrieben, dass ihre Kraftwerke fünf Milliarden Euro weniger wert wären als im letzten Jahr und Schwupps…schon hat man aus einem Milliardengewinn einen Milliardenverlust gemacht, der Konzern nagt (auf dem Papier) am Hungertuch, und man kann lauthals um Hilfe schreien…damit die Arbeitenden weitere Entlassungen und Kürzungen hinnehmen und der Staat die Milliarden locker macht.

    Das ist die „verantwortungsvolle Rolle“ dieser Konzerne. Nein, nicht für die Gesellschaft, aber für die Profite der Aktionäre.

  • Gewerkschaftsführung: Verteidiger der Arbeitenden oder der Unternehmer?

    Dass die Konzerne immer dreist nach Geld vom Staat schreien, das kennen wir nicht anders. Dass sie nun die sogenannte „Energiewende“ als den neusten Vorwand nutzen, um vom Staat Hilfsgelder geschenkt zu bekommen, wundert einen auch nicht. Doch von wem erhalten sie dabei Schützenhilfe? Von der Gewerkschaftsführung der IG Metall und der IG BCE!

    Diese machen eine regelrechte Kampagne in den Betrieben, in der sie fordern, dass E.ON und RWE Hilfsgelder vom Staat bekommen sollen und vor allem, dass die Stahl-, Alu- und Chemiebetriebe weiter ihre Millionen-Rabatte bei der Stromsteuer bekommen sollen – obwohl diese Rabatte den Strom für die privaten Verbraucher noch teurer machen. Ihr Argument: Ohne staatliche Subventionen würden die Produktionskosten für die Konzerne in Deutschland zu teuer, und das würde die Arbeitsplätze gefährden. Sie tun also noch so, als wäre dies eine Forderung für die Arbeiter.

    Arbeiterfamilien mit geringem Einkommen, alleinerziehende Mütter, arme Rentner, die alle beim Strom sparen müssen, würden von einer solch engagierten und tatkräftigen Verteidigung träumen. Doch da können sie lange warten. Stattdessen erleben sie, wie die Gewerkschaftsführung als Anwalt der Bosse und Konzerne auftritt. Das ist sicher nicht, was sich die meisten unter einer Gewerkschaft vorstellen.

    Die Kapitalisten haben schon alle Möglichkeiten. Sie besitzen nicht nur die Produktionsmittel, das heißt die Fabriken, Kraftwerke, Bergwerke und Banken, sondern sie besitzen auch die Medien. Und damit können sie ihre Ansichten ständig verbreiten lassen, können ihre Forderungen als gut für die Bevölkerung hinstellen und ihre kapitalistischen Interessen als Interessen des gesamten Volkes.
    Und die Gewerkschaften, einst gegründet als Sprachrohr und Kampforgan der Arbeitenden, sind ein weiteres Medium geworden, das die Ansichten des Bürgertums bei den Arbeitenden verbreitet.
    Sie beten genau das nach, was auch die Bosse erzählen: Dass die Unternehmer viel Gewinn machen müssten, denn nur dann würden sie die Arbeitsplätze erhalten. Dass deshalb auch die Arbeitenden ein Interesse daran haben müssten, dass ihr Betrieb möglichst „wettbewerbsfähig“ ist.
    Als ob die ganzen letzten Jahre nicht bewiesen hätten, dass dies nicht stimmt! Als ob die Konzerne nicht trotz hoher Wettbewerbsfähigkeit, Rekordgewinnen und staatlicher Hilfen ständig entlassen, Abteilungen verkauft oder sie geschlossen hätten!
    Doch das hindert die Gewerkschaftsführung nicht daran, diese Lüge trotzdem zu wiederholen und außerdem für „ihre“ Unternehmen bei der Regierung um Geld zu betteln.

    Nicht, dass die Konzerne dafür auf die Hilfe der Gewerkschaften angewiesen wären. Geld schenkt der Staat den Konzernen schon von alleine. Aber die Gewerkschaften tragen mit dieser Kampagne dazu bei, die Arbeitenden zu verwirren und zu entwaffnen. Denn sie verbreiten die Idee, dass wir Arbeitenden gemeinsame Interessen mit unseren Ausbeutern hätten. Und dass es erst „unserem“ Betrieb gut gehen müsse, bevor wir etwas fordern dürften, bevor wir höhere Löhne oder Festeinstellungen verlangen dürften.
    Das aber heißt, dass wir letztlich nie was fordern dürften. Denn den Konzernen geht es nie gut genug. Und sie haben auch immer noch irgendwo einen Konkurrenten, der angeblich billiger produziert als sie.

    Mehr noch: Indem auch die Gewerkschaften diese Logik der Bosse unterstützen, dass die Betriebe „zu hohe Kosten“ hätten und international „wett-bewerbsfähig“ bleiben müssten, helfen sie den Konzernen direkt bei ihren Angriffen auf die Arbeitenden. Sie unterstützen genau die erpresserische Propaganda, mit der RWE und E.ON gerade die Vernichtung von 20.000 Arbeitsplätzen rechtfertigen und mit der auch andere Konzerne immer wieder Entlassungen, Lohnsenkungen und mehr Arbeit von den Arbeitenden erpressen.

    Wenn wir uns also auf diese Logik einlassen, dass wir verzichten müssen, damit die Konzerne wettbewerbsfähig bleiben und Gewinne machen, dann heißt das zu akzeptieren, dass wir immer und immer ärmer werden, dass immer mehr von uns arbeitslos oder Leiharbeiter werden, dass die öffentlichen Kassen immer leerer werden – einzig, damit die Unternehmer und ihre Aktionäre immer und immer reicher werden.
    Und es bedeutet auch, dass wir Arbeitenden uns gegeneinander ausspielen lassen, weil die Arbeitenden in einem Betrieb ständig „konkurrenzfähiger“, das heißt schneller und billiger sein sollen als die Arbeitenden anderer Länder, anderer Unternehmen, anderer Standorte der gleichen Firma und sogar als die Nachbarabteilung.

    Darauf dürfen wir uns nicht einlassen. Im Gegenteil, gegen diese Konkurrenz-Spirale abwärts müssen wir Arbeitenden es wieder schaffen, zusammenzuhalten und gemeinsam für unsere Interessen zu kämpfen; für Maßnahmen, die nicht die Profite unserer Ausbeuter, sondern unser aller Arbeitsplätze und Löhne, unsere Existenz verteidigen. Und Gewerkschaften, die ihren Namen verdienen, würden sich dafür einsetzen.

  • Plus für die Reichen, Minus für die Arbeitenden = ausgeglichener Haushalt

    Finanzminister Schäuble kann sich nicht genug dafür loben, wie sparsam und vorsichtig die Regierung angeblich mit unserem Geld umgehen würde. So sparsam, dass sie für 2014 einen „ausgeglichenen Haushalt“ vorlegt, also zumindest fast keine neuen Schulden plant. Sie tut glatt so, als wäre ihre Sparsamkeit etwas Gutes für uns. Von wegen!

    Ihr sparsamer Haushalt heißt Milliarden-Kürzungen bei den Krankenkassen. Er heißt mehrere Milliarden Euro weniger für die Kommunen, die ihren Busfahrern und Straßenfegern sagen, für Lohnerhöhung sei kein Geld da. Er heißt wieder keinen Cent mehr für Kinder, Altenheime, sozialen Wohnungsbau…

    Gleichzeitig hört ihre Sparsamkeit da auf, wo der Geldbeutel der Kapitalisten anfängt. Bei den Reichsten, die 35% weniger Steuern zahlen als vor zwanzig Jahren, wird nicht gespart. Bei den unzähligen Steuergeschenken, Subventionen und Aufträgen an Konzerne und Banken wird auch nicht gespart, im Gegenteil. 30 Milliarden (10% des Haushalts) kassieren die Banken direkt, als Zinsen für die Staatsschulden – Tendenz steigend. Und auch die andere Konzerne kassieren weiter: allein die Rüstungskonzerne bekommen Aufträge im Wert von 10 Milliarden Euro.

    Das also bedeutet ihr ausgeglichener Haushalt: Mit immer neuen Einsparungen bei den Arbeitenden sollen die ständigen Geschenke an die Kapitalisten ausgeglichen werden. Und wenn es doch nicht klappen sollte, dann sind natürlich die „verwöhnten“ Arbeiter daran schuld, und nicht die gierigen Kapitalisten.

  • Ausbeutung „nur zu eurem Besten“

    Die Regierung will, dass für Jugendliche bis 18 Jahre kein Mindestlohn eingeführt wird. Sie sollen weiterhin deutlich schlechter bezahlt werden dürfen. Natürlich ausschließlich „zum Wohle der Jugendlichen“! Die Jugendlichen sollten nicht „verlockt“ werden, statt eines schlecht bezahlten Ausbildungsplatzes einen „gut“ bezahlten Aushilfsjob für 8,50 Euro anzunehmen.

    Umgekehrt wird wohl eher ein Schuh daraus: Weil die Betriebe immer weniger ausbilden, finden viele Jugendliche einfach keinen Ausbildungsplatz und suchen sich dann bis zum nächsten Jahr einen Aushilfsjob. Und nachdem die Betriebe den Jugendlichen so die Chance auf einen Ausbildungsplatz genommen haben, dürfen sie sie dann noch für 5 Euro die Stunde im Hilfsjob ausbeuten.

  • Ein Überschuss an Kürzungen

    Ganze 6 Milliarden Euro will die Regierung in den nächsten zwei Jahren bei den Krankenkassen kürzen. Ihre Begründung: Die Krankenkassen bräuchten dieses Geld nicht, weil sie Milliarden an Überschüssen haben.
    Aber wieso haben die Kassen überhaupt solche Überschüsse, wo doch durch die niedrigen Löhne und die vielen Minijobs und Mini-Renten eigentlich viel Geld in den Krankenkassen fehlt? Und wo doch die Pharmakonzerne und medizinischen Gerätehersteller sich mit ihren völlig überhöhten Preisen jedes Jahr dreist in den Kassen bedienen?

    Sie haben nur deshalb Überschüsse, weil sie seit Jahren radikal kürzen: Weil sie uns immer weniger Behandlungen und Medikamente bezahlen, Therapien nicht bewilligen und Zuzahlungen erhöhen, weil sie auch den Krankenhäusern immer weniger erstatten. Die Überschüsse der Krankenkassen zeugen also nicht von der guten Lage im Gesundheitswesen, sondern im Gegenteil von den massiven Verschlechterungen auf dem Rücken der Versicherten und der Beschäftigten. Und dagegen brauchen wir nicht noch 6 Milliarden weniger, sondern im Gegenteil deutlich mehr Geld – für eine Gesundheitsversorgung, die des 21. Jahrhunderts würdig ist.

  • Proteste bei ThyssenKrupp: „Wir sind alle betroffen“

    Tausende Arbeitende von ThyssenKrupp kamen am 25. Februar zu einer Protestkundgebung vor der Essener Hauptverwaltung, weil eine regelrechte Dampfwalze über 3000 Kollegen aus der Verwaltung hinwegrollen soll: Einige Bereiche sollen auf 20% Lohn verzichten. 1500 Arbeitsplätze sollen komplett vernichtet und weitere 1000 Arbeitende an Fremdfirmen verkauft oder verlagert werden. Wie die Kollegen, die sich zum Beispiel um die Lohnbuchhaltung kümmern.
    Sie sollen von Essen nach Berlin verlagert werden und dort für bis zu 45% weniger Lohn arbeiten – oder, wenn sie sich weigern, gekündigt werden. Jeder zweite Betroffene ist über 50. Wer kann da schon so einfach seine Familie verlassen und umziehen? Doch arbeitslos werden mit Mitte 50, das heißt für die meisten Arbeitslosigkeit bis zur Rente, und dann Armutsrenten – nach 30 Jahren bei ThyssenKrupp!

    Viele hundert Arbeiter aus den Stahlwerken in Duisburg und Dortmund, aus Bremen und Saarbrücken kamen zu den Protesten, um ihre Kollegen aus der Verwaltung zu unterstützen. Sie sind von den derzeitigen Angriffen nicht direkt betroffen. Doch sie alle wissen, was ein Dortmunder Stahlarbeiter erklärte: „Wenn wir zulassen, dass sie das bei unseren Kollegen in der Verwaltung durchsetzen, dann sind wir als nächste dran.“

Kein Artikel in dieser Ausgabe.