Das rote Tuch – Nr. 46

  • Bundestagswahl: Zwei Kandidaten… für ein und dieselbe Politik

    Hatte noch jemand Zweifel, was die Bundestagswahl im nächsten Jahr bringen kann? Die SPD hat sie spätestens mit der Wahl ihres Kandidaten beseitigt. Peer Steinbück als Kandidat der SPD ist die klare Botschaft: Gewinnt die SPD 2013 die Wahlen, dann wird sie dieselbe Politik fortsetzen, die heute Merkel und gestern Schröder gemacht hat.
     
    Die SPD konnte kaum einen Kandidaten wählen, der mehr in der Welt der Manager und Konzerne lebt. Eine Million Euro hat Steinbrück seit 2009 noch „neben“ dem hohen Einkommen als Bundestags-Politiker kassiert. Auch an Tagen von Bundestagssitzungen geht er lieber zu einer Bank, Versicherung oder einem Konzern, um deren Managern Vorträge darüber zu halten, wie sie trotz Krise möglichst viel Gewinn machen können. Ein solcher Politiker zeigt offen, mit wem und für wen er Politik machen will… und das sind nicht wir Arbeitenden.

    Bei Steinbrück weiß damit von Anfang an jeder, was letztlich für alle Politiker gilt: Dass sie – egal was sie im Wahlkampf erzählen – im Dienst der Banken, Konzerne und Unternehmer stehen und für sie Politik machen.

    Steinbrück konnten wir dabei schon live erleben. Schließlich war er Ministerpräsident von NRW zwischen 2002 und 2005. Gemeinsam mit Schröder hat er in dieser Zeit die Agenda 2010 umgesetzt, das heißt HartzIV, „Gesundheitsreform“ und 1-Euro-Jobs eingeführt, die Renten gesenkt und die Regelungen zu Kündi­gungsschutz, Leiharbeit und Befristung aufgeweicht.

    Und wenn man Steinbrück heute fragt, dann ist diese Agenda 2010, mit der sich Leiharbeit, Niedriglöhne und Armut wie eine Seuche ausgebreitet haben, das Beste was uns hätte passieren können. Kein Wunder, dass viele CDU-Wähler den SPD-Kandidaten gerne mögen!
     Zwar versucht Steinbrück nun im Wahlkampf, als Gegenkandidat zu Merkel und ihrer Politik aufzutreten. Doch das fällt ihm sichtlich schwer. Umso mehr, da er selbst mal Merkels Finanzminister war. Zusammen haben sie zwischen 2005 und 2009 in der großen Koalition regiert. Zusammen haben sie 450 Milliarden Euro zur „Rettung“ der spekulierenden Banken aufgetrieben und gleichzeitig die Rente ab 67 eingeführt.
    Und es ist gut möglich, dass es nächstes Jahr wieder zu einer CDU-SPD-Koalition kommt und der heutige SPD-„Gegenkandidat“ von Merkel vielleicht wieder ihr Minister wird.
     
    Dass die SPD Steinbrück, den Freund der Bosse, zu ihrem Kandidaten gemacht hat, ist also ein ganzes Programm. Im Vergleich dazu wirken selbst Schröders Reden in seinem Wahlkampf 1998 noch fast wie die von einem linken Arbeiterkämpfer.
    Mit Steinbrück hingegen schürt die SPD nicht einmal mehr die Illusion, dass die Minijobber, die Arbeitslosen, die ärmeren Rentner, überhaupt die arbeitende Bevölkerung auch nur irgendwelche konkreten Verbesserungen von ihr erwarten könnten.

    Das hat Gründe. In der sich verschärfenden internationalen Krise, in der die Unternehmen nicht mehr so viel verkaufen können, greifen die Kapitalisten stattdessen umso heftiger die arbeitende Bevölkerung an, um aus ihr ihre Gewinne rauszupressen: Entlassungen, Lohnkürzungen, Hetze ohne Ende… Und da das nicht reicht, sollen ihnen die Staaten das übrige Geld aus der arbeitenden Bevölkerung herausholen.
    Von der Regierung verlangen sie deshalb, dass sie immer neue Schulden macht, um den Banken und Un­ternehmen immer neue Milliarden zu schenken – in Form von Rettungsschirmen, Wirtschaftshilfen usw. Dass sie dafür alles, was geht, bei der einfachen Bevölkerung zusammenspart. Und dass sie ihnen alle Gesetze so verändert, dass die Ausbeutung der Arbeiter immer einfacher wird, ohne Kündigungsschutz, mit Mini-Löhnen…

    Eine Regierung, die nicht bereit ist, sich ernsthaft mit den Kapitalisten anzulegen und sich gegen sie zu stellen, ist daher in der heutigen Krise zwangsläufig eine Kampfregierung gegen die Arbeiter. Wir sehen es in ganz Europa: Ob in Spanien, Griechenland, Portugal oder Frankreich, überall sehen wir Kampfregierungen, die die Bevölkerung mit einem Schlag nach dem anderen weiter ins Elend drängen, während sie die Kapitalisten retten – und zwar egal, ob an ihrer Spitze ein Rechter oder ein Sozialdemokrat steht.
    Und mit Steinbrück signalisiert die SPD klar und eindeutig, dass auch sie, wie die CDU, sich auf diese Rolle als Krisen-Rammbock gegen die Arbeiter für die Kapitalisten vorbereitet.

    Wir Arbeitenden brauchen also gar nicht darauf warten, wer die neue Regierung stellt und was sie macht. In der heutigen Krise wird es keine gute Regierung für die einfache Bevölkerung geben. Wir müssen uns in jedem Fall selber gegen die fortwährenden Verschlechterungen, gegen die Angriffe von Unternehmen und Regierung verteidigen. Und je eher wir damit anfangen, desto besser.

  • Die Streiks der Arbeiter in Südafrika breiten sich aus… und ihre Entschlossenheit auch

    Die Kämpfe der Bergleute in Südafrika für 200% mehr Lohn sind zu einer Massenbewegung geworden: Teilweise sind bis zu 100.000 Bergleute im Streik. Während die Arbeiter des Platin-Bergwerks Marikana, die als erste zu streiken begonnen hatten, nach über einem Monat bedeutende Lohnerhöhungen erkämpft haben, haben sich die Streiks auf andere Platin-, Chrom-, Diamant-, Gold- und Kohlebergwerke ausgeweitet.
    Gleichzeitig hat auch eine große Streikbewegung unter den Lastwagenfahrern begonnen, und ein erster wilder Streik fand bei Toyota statt.

    „Wild“ streiken auch die Bergleute – und zwar deswegen, weil es in Südafrika ein ähnliches Tarifsystem gibt wie in Deutschland: Jede Branche hat zu einem anderen Zeitpunkt Tarifverhandlungen – die Goldminen zu einem anderen Zeitpunkt als die Kohleminen usw. Nur zu diesem Zeitpunkt dürfen die Arbeiter einer Branche höhere Löhne verlangen und streiken – und auch nur, wenn die Gewerkschaft dazu aufruft.

    Die Arbeiter in Südafrika aber setzen sich heute über diese Fesseln hinweg. Sie sagen: „Schluss. Wir lassen uns nicht länger vorschreiben, wann und mit wem wir gemeinsam streiken dürfen. Wir streiken jetzt, weil wir jetzt höhere Löhne brauchen – und wir kämpfen mit möglichst vielen Arbeitern aus verschiedenen Branchen zusammen. Und wenn die Gewerkschaft nicht mitmacht, dann machen wir es ohne sie.“

    Gerade das ist es, was den Unternehmern und der Regierung am meisten Angst macht. Und so versuchen sie seit über einem Monat, mit Brutalität und Erpressung den Streik zu brechen. 20.000 Streikende wurden von den Bergwerksbesitzern entlassen, um die übrigen zur Aufgabe des Streiks zu bewegen. Immer wieder werden einzelne Aktivisten des Streiks ermordet aufgefunden. Die Polizei, die im August 34 streikende Bergleute erschossen hatte, verbietet Demonstrationen, verhaftet Streikende in Massen. Und auf andere Art versucht auch die große Minen-Gewerkschaft, den Streik zu beenden.

    Doch all das hat die Streikenden bislang nicht brechen können. Auch sie haben wichtige Trümpfe auf ihrer Seite. Sie sind zahlreich, entschlossen, und sie sind das Herz der Betriebe und Minen: Wenn sie streiken, gibt es für die Unternehmer kein Gold, kein Platin – keine Kohle.

    Die Arbeiter Südafrikas verfügen außerdem über eine reiche Erfahrung an Kämpfen schon aus der Zeit der Apartheid, die ihnen auch hilft, sich für ihre Kämpfe selbstständig zu organisieren. Und so haben alle Machenschaften von Unternehmern, Regierung und Gewerkschaft bislang eher erreicht, dass die Kämpfe sich weiter ausbreiten… und die Entschlossenheit der Arbeiter steigt.

  • Der Kampf der Arbeitenden in Griechenland ist auch unserer!

    Es hat viele hier irritiert, dass bei den Protesten zu Merkels Staatsbesuch in Griechenland einige Demonstranten Hakenkreuzfahnen verbrannten oder auf Schildern „Kein Viertes Reich“ stand. Sicher steckte hinter diesen Aktionen oft die bewusste Taktik nationalistischer griechischer Parteien.
    Dennoch: Dass Teile der griechischen Bevölkerung das Gefühl haben, dass Deutschland sich schon wieder als ihr Herr benimmt, ist in gewisser Weise verständlich.
     
    Tatsächlich schreiben die europäischen Finanzinstitute – mit Deutschland als Wortführer – der griechischen Regierung vor, was diese zu tun hat. Und die deutschen Banken und Politiker verlangen dabei skrupellos, dass Griechenland immer noch mehr sparen müsse, immer noch mehr entlassen, privatisieren, Löhne und Renten kürzen müsse. Damit treiben sie die griechische Bevölkerung immer weiter ins Elend.

    Dass die entlassenen Krankenschwestern, die obdachlos gewordenen Rentner, die ruinierten Kleinhändler und verarmten Hafenarbeiter da die Wut auf die deutsche Regierung packt, wer kann das nicht verstehen?

    Und dann wurde noch bekannt, dass Merkels Besuch auch mit den Plänen deutscher Konzerne zusammen­hängt, sich in der Krise billig Teile des griechischen Energienetzes, der Eisenbahn, der Touristenstationen usw. unter den Nagel zu reißen.

    Kein Wunder, dass Teile der griechischen Bevölkerung, die damals wirklich schlimm unter der brutalen Besatzung Hitler-Deutschlands gelitten hatte, heute empfinden, dass Deutschland sich schon wieder wie eine Besatzungsmacht aufführt.

    Umso wichtiger ist es, dass wir Arbeitenden in Deutschland uns nicht von Merkel einspannen lassen. Unsere Solidarität muss den Arbeitenden in Griechenland gelten.

    Mit ihnen und ihrem Kampf gegen die Verarmung, gegen Entlassungen, Privatisierungen und Rentenkürzungen haben wir obendrein hundert Mal mehr gemein als mit einer Merkel, die in Griechenland wie auch in Deutschland Politik gegen die einfache Bevölkerung macht.
    Und letztlich ist der gemeinsame, solidarische Kampf aller Arbeitenden gegen die wachsende Ausbeutung und Verarmung, gegen die profitgierigen Herrschenden unsere einzige Perspektive.

  • Die Strompreise senken – mit den Milliardengewinnen von E.ON und RWE!

    Um fast 50% steigt die Umlage für erneuerbare Energien: von 3,6 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde. Das kostet einen Drei-Personen-Haushalt im Schnitt 60 Euro mehr im Jahr! Ein Großteil dieses Geldes geht dafür drauf, dass Teile der Industrie diese Umlage und andere Stromgebühren gar nicht zahlen müssen, darunter Bayer, RAG, BASF, ThyssenKrupp…

    Dieselbe Regierung, die es für selbstverständlich hält, die Strompreise für diese Unternehmen zu senken, denkt natürlich nicht im Traum daran, dies auch für die Millionen kleinen Verbraucher zu tun, die die Strompreise jetzt schon kaum noch bezahlen können. Nein, im Gegenteil: Wir müssen mehr bezahlen, damit diese Konzerne billiger Strom bekommen.

    Aber Umweltminister Altmaier hat eine kluge „Lösung“ gefunden, wie wir Verbraucher angeblich die höheren Strompreise bewältigen können: Wir bekommen alle eine kostenlose Energiesparberatung… bei der wir Strom sparen lernen. Was für ein Hohn!
    Als ob nicht jetzt schon viele Eltern überlegen müssten, ob sie ihren Kindern ein paar Pullover mehr anziehen statt die Heizung anzumachen. Und als ob wir großen Einfluss auf unseren Stromverbrauch hätten: Viele haben doch gar nicht die Wahl, nicht in eine Wohnung mit stromfressender Nachtspeicherheizung zu ziehen oder sich einen neuen, energiesparenden Kühlschrank zu kaufen. Sie können sich das schlichtweg nicht leisten.

    Strom ist eine Lebensgrundlage: Man braucht ihn für Licht, Kühlschrank, Waschmaschine, teilweise zum Heizen… Jeder muss hierzu Zugang haben. Es darf nicht sein, dass über 600.000 Haushalten der Strom ab­gestellt wird, weil sie die Rechnung nicht mehr zahlen können. Es darf auch nicht sein, dass die hohen Strompreise die Löhne und Renten von Millionen weiteren Verbrauchern auffressen.

    Die Hauptverursacher der heutigen Lage sind die großen Stromkonzerne. Zwar reden heute alle nur noch von den erneuerbaren Energien als Ursache für die steigenden Strompreise. Doch dabei vergessen sie (absicht-lich), dass E.ON und RWE die Strompreise auch völlig unabhängig von den Abgaben für die „Energiewende“ in die Höhe geschraubt haben: Im Jahr 2000 kostete eine Kilowattstunde noch 14 Cent, heute sind es 25,7 Cent.

    Seit Jahren bereichern sich E.ON und RWE an diesen vollkommen willkürlichen Preissteigerungen: 2007 haben E.ON und RWE zusammen 10 Milliarden Euro Gewinn gemacht, 2009 sogar 12 Milliarden. Und auch im ersten Halbjahr diesen Jahres sind die Profite vergleichbar.

    Die „Energiewende“ und die erneuerbaren Energien als Hauptursache für die steigenden Strompreise zu nennen, ist also nichts als ein schöner Vorwand für die Stromkonzerne, um ungeniert weiter hohe Preise kassieren zu können, ohne dass jemand ihre Milliardengewinne hinterfragt.

    Diese Milliardengewinne aber – die sie weder für Investitionen in neue Techniken und Netze noch für Arbeitsplätze verwendet haben, sondern für ihre Aktionäre und für Einkaufstouren in der ganzen Welt – diese jahrelangen Milliardengewinne sind die Ursache für die hohen Strompreise. Und wenn man an sie dran geht, kann man die Strompreise auch problemlos auf einen Schlag deutlich senken.

  • Mobilität gefragt

    Die steigenden Ausgaben fürs Autofahren sind eine der größten Lasten für viele Arbeiter-Haushalte. Um 30% teurer geworden ist das Autofahren in den letzten 10 Jahren.
    Und für die, die angesichts dieser teilweise unbezahlbaren Preise nach Möglichkeit auf Bus und Bahn umsteigen, sind die Preise für den Öffentlichen Nahverkehr ebenfalls, je nach Stadt, um 20-50 Prozent gestiegen.

    Die Arbeitenden müssen mobil sein. Denn sonst kommen sie nicht zur Arbeit und dann läuft auch der Betrieb nicht. Die Unternehmer sind also auf unsere Mobilität angewiesen. Deshalb müssen sie die auch bezahlen.
    Und dafür müssen unsere Löhne genauso mobil werden wie die Preise!

  • Mehr Steuern für Reiche – und mehr Arbeitsplätze für uns!

    40.000 Menschen haben am 29. September in verschiedenen Städten Deutschlands dafür demonstriert, dass die Reichen mehr Steuern zahlen sollen. Die Gewerkschaft Verdi, der DGB und Verbände wie die AWO hatten zu dieser Demo für eine Vermögenssteuer und eine einmalige Vermögensabgabe von 5% aufgerufen.

    Es wäre wirklich das Mindeste, dass diese Reichen, die immer reicher werden und sich seit Jahren ungeniert vom Staat immer mehr bedienen und beschenken lassen, endlich wieder mehr Steuern zahlen. Und was die Aufrufer der Demonstrationen fordern, ist weniger als das, was die Reichen noch unter Kohl an Steuern zahlen mussten.

    Doch selbst diese winzige Summe wollen die Reichen nicht mehr herausrücken. Mit Zähnen und Klauen verteidigen sie jeden Cent. Es nutzt also gar nichts, bescheiden zu sein. Wir werden ohnehin nur das bekommen, was wir den Reichen in harten Auseinandersetzungen abringen. Daher dürfen wir uns dann nicht mit einer klitzekleinen Steuer zufrieden geben, von der wir gar nichts spüren würden.
    Und erst recht kann es nicht in unserem Interesse sein zu fordern – wie die Aufrufer der Demonstrationen es machen – dass das Geld zur Bezahlung von Staatsschulden verwendet werden soll. Denn was hätten wir davon? Dann würde das ganze Geld ja schon wieder an die Banken gehen und für uns ändert sich immer noch nichts.

    Wir müssen Geld für das verlangen, was wir an Sofortmaßnahmen brauchen, um die sich bedrohlich aus­breitende Massenarmut zu stoppen. Und das erste, was wir brauchen, sind vernünftige Arbeitsplätze. Im Öf­fentlichen Dienst hat der deutsche Staat in den letzten 20 Jahren jeden dritten (!) Arbeitsplatz vernichtet: Das sind 1,7 Millionen Jobs! Und der Stellenabbau geht weiter.
    Der Staat ist damit selber einer der großen Verursacher von Massenarbeitslosigkeit und Armut geworden – weil er das Geld dieser Arbeitsplätze stattdessen den Kapitalisten für Subventionen, Rettungsschirme und Zinsen geschenkt hat.

    Es wäre also nur gerecht, den Reichen das Geld wieder abzuknüpfen, um als erste Maßnahme diese 1,7 Millionen Arbeitsplätze in den Krankenhäusern, Schulen, öffentlichen Betrieben usw. wieder einzurichten. Und es wäre eine Perspektive, für die es sich zu kämpfen lohnt.

  • Die Zukunftsvisionen der Chemie

    Die Chemie-Konzerne schwärmen davon, wie prächtig es ihren Gewinnen geht. Und damit diese Gewinne noch mehr sprudeln, haben sie ihre Pläne für die nächsten Jahre verkündet: Bis 2030 wollen sie 40% mehr produzieren… mit 50.000 Arbeitsplätzen weniger!

    Was das bedeutet, weiß jeder in der Branche: Schon heute ist immer öfter keiner mehr da, der einen in Steuerungsanlagen für eine Toilettenpause ablösen kann, ist man in riesigen Anlagen ganz alleine unterwegs und sterben dort Kollegen, weil man erst zwanzig Minuten später mitbekommt, dass ihnen was zugestoßen ist.
    Schon heute passieren mehr Störfälle, weil weniger Arbeiter da sind, um sich um Wartung und Sicherheit zu kümmern. Ihr Plan, dass noch weniger Arbeiter noch mehr arbeiten bedeutet, dass all dies noch verschärft wird. Und dass sich außerdem überall der Stress erhöht, bei Anlagenreinigung, Verpackung, in den Büros… während gleichzeitig weitere 50.000 Menschen vergeblich einen Arbeitsplatz suchen werden!

    Mit dreister Selbstverständlichkeit sitzen die Aktionäre am Schreibtisch, vernichten mit einem Maus-Klick unsere Arbeitsplätze und erhöhen Stress und Unsicherheit auf der Arbeit… bis zu dem Tag, an dem die Arbeitenden ihnen diese diktatorische Macht aus der Hand nehmen werden.

  • Netto ist nicht nett – wir auch nicht

    182 Beschäftigte der Essener Netto-Filialen haben, von Verdi unterstützt, mit einer Unterschriftenaktion gegen ihre Arbeitsbedingungen protestiert. Mit der Stoppuhr werden die Verkäuferinnen an der Kasse kontrolliert, wie schnell sie arbeiten. Und wer das vorgeschriebene Tempo nicht schafft, wird unter Druck gesetzt. Auch ohne diese Schikanen steigt der Druck schon genug, weil Netto – dessen Konzernmutter Edeka zu den 4 größten Lebensmittelkonzernen Deutschlands gehört – viel zu wenig Personal einstellt. Teilweise 16 Stunden am Tag müssen sie arbeiten, ohne dass ihnen die Überstunden bezahlt werden.

    Es war ein echter Erfolg, dass fast die Hälfte der Essener Netto-Beschäftigten, die auf 25 Filialen verstreut sind, trotz des herrschenden Klimas von Angst und Einschüchterung die Petition unterschrieben haben. Und dass sich 30 Kolleginnen zusammengefunden haben, um nach Bottrop zu fahren und die Unterschriften gemeinsam der Geschäftsleitung zu überreichen. Das gibt auch Ansporn und Mut, unter Kollegen darüber zu sprechen, was man als nächstes tun könnte, um die Geschäftsleitung erneut an die Forderungen zu erinnern.

  • Ein Leser schreibt: Chemiepark Marl – (k)ein Bedarf!

    Nach meiner Ausbildung zum Chemietechniker dachte ich, ich könnte im Chemiepark Marl (Kreis Recklinghausen), wo 30 Unternehmen mit 10.000 Beschäftigten auf einem Gelände sitzen, einen Job kriegen – wo sie doch alle von „Fachkräftemangel“ reden. Aber Fehlanzeige! Egal bei welchem Unternehmen ich mich meldete, überall hieß es – wenn man sie denn mal erreichte: „Wir haben leider zur Zeit keinen Bedarf an Arbeitskräften.”

    Das kam mir doch komisch vor. Doch die Lösung dieses Rätsels fand ich dann schnell, als ich weiter nach Stellen suchte: Es gab Jobs in Massen bei 9 Zeitarbeitsfirmen der Stadt Marl, die alle – oh Wunder – Leute für den Chemiebereich suchen! Natürlich für den Chemiepark Marl, denn andere Chemiebetriebe gibt es nicht in der Gegend.

    Ganz offensichtlich haben die Unternehmen wohl doch Bedarf. Aber nur für „Fachkräfte“, die als Leiharbeiter für 9 bis 12 € pro Stunde statt Tariflohn (16,36 €) arbeiten, keine tariflichen Zulagen bekommen und vor allem nie wissen, ob sie nicht nächste Woche schon wieder beim Arbeitsamt stehen. Ehrlich gesagt, für so einen Job habe ich keinen Bedarf!

Kein Artikel in dieser Ausgabe.