Leitartikel
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Wie wäre es, mal bei den Kapitalisten zu sparen?
Mehreren eintägigen Streiks und ihrer spürbaren Entschlossenheit haben es die 19.000 Flugbegleiter der Lufthansa zu verdanken, dass die Lufthansa einen ersten offiziellen Rückzug gemacht hat. Sie hat erklärt, bei der Lufthansa solle es auf absehbare Zeit keine Leiharbeit mehr geben. Die bisherigen Leiharbeiter werden fest eingestellt.
Dabei tun Unternehmer und Regierung in der heutigen Zeit alles, um die Leiharbeit immer weiter auszuweiten. Sie würden normale Festverträge und jeden Kündigungsschutz am liebsten ganz abschaffen. Und jeder Rückzug, zu dem ein Unternehmen bei diesem Angriff gezwungen wird, ist auch ein Sieg für alle Arbeitenden.
Allerdings ist Vorsicht geboten. Denn nun soll alles Weitere in einer Schlichtung geregelt werden. In einer Schlichtung aber gibt es keine Streiks, das heißt die Unternehmer spüren weniger den Druck der Arbeiter und nicht den Druck von Streiks, und werden daher schnell wieder kompromissloser. So lässt die Lufthansa keine Gelegenheit aus zu betonen, wie schlecht angeblich „die wirtschaftliche Lage“ sei und dass sie unbedingt die Löhne senken müsste.
Die Manager der Lufthansa haben sogar die Frechheit, den festangestellten Flugbegleitern vorzuwerfen, ihre hohen, „privilegierten“ Löhne würden das Unternehmen in den Ruin treiben. „Privilegierte“ nennen sie das, wenn man als Stewardess mit Schicht, Wochenendarbeit und vielen Nächten außer Haus seine Laufbahn mit nur 1780 Euro brutto beginnt und bis zur Rente gerade einmal auf das Doppelte kommt? Dieselben Manager geben solche Summen pro Tag und nicht pro Monat aus!
Wenn man sie hört, dann sind es immer die Arbeitenden, die „zu viel kosten“ würden, deren Löhne angeblich die Firmen ruinieren würden. Dabei ist es genau umgekehrt. Die Arbeitenden kosten gar nichts, im Gegenteil: Sie sind das produktive Glied der Firma, sie bringen dem Betrieb seinen ganzen Reichtum ein. Nur dank ihrer Arbeit kann ein Betrieb Produkte herstellen, verkaufen und Profit machen… und diesen Profit stecken sich dann dessen Kapitalisten in die Tasche.
Und damit diese Reichsten der Reichen immer noch reicher werden, schröpft man überall die Arbeitenden: Man senkt ihre Löhne, laugt die einen bis zum Anschlag aus und wirft die anderen in die Arbeitslosigkeit, stellt sie nur noch leihweise ein…
Mit all ihren Maßnahmen haben die Kapitalisten es heute schon geschafft, dass die einzige produktive, nützliche Klasse dieser Gesellschaft, die arbeitende Klasse zu einem immer größeren Teil in Armut zu versinken droht, entweder schon als Jugendliche oder als Rentner, dazwischen als Leiharbeiter, als Niedriglöhner, als Entlassener bei Schlecker oder RWE…Und den ganzen Gewinn, den sie durch unsere Ausbeutung machen, verwenden sie für nichts Sinnvolles, nicht um neue Firmen zu bauen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen… Nein, sie verprassen es für Luxus oder kaufen andere Firmen auf, und vor allem spekulieren sie damit an der Börse. Für so was verschlechtern sie täglich unser Leben!
Diese profitgierige und unnütze Klasse der Kapitalisten, die ist der wirkliche, ungeheure Kostenfaktor, der die Arbeitenden und die gesamte Gesellschaft teuer zu stehen kommt.
Wir Arbeitenden dürfen uns also nicht einwickeln lassen, wenn viele Firmen von „schlechterer Wirtschaftslage“ und Krise reden. Wir dürfen nicht vergessen, dass die 10% Reichsten, die die Unternehmen und Banken besitzen, keine Krise haben, sondern im Gegenteil immer reicher werden: Diese 10% besitzen mittlerweile 66% des Vermögens in Deutschland.
Es wird daher immer dringender, dass wir Arbeitenden gegen die Krisenstrategie der Kapitalisten unsere Forderungen stellen. Die Arbeitenden bei der Lufthansa haben richtige Wege aufgezeigt: Wir müssen die Umwandlung aller Leih-, Werks- und befristeten Verträge in feste Vollzeitstellen durchsetzen – und zwar zu anständigen Tariflöhnen, die auch der Preissteigerung folgen. Geld dafür haben die Kapitalisten genug.
Und es gibt nur eine Sprache, die die Unternehmer und Regierungen dabei verstehen: Sie müssen zu spüren bekommen, dass – wenn wir nicht arbeiten – kein Flug geht, kein Zug und kein LKW fährt, keine Fabrik, kein Geschäft und kein Krankenhaus läuft, und dass sie dann auch nicht einen Cent Profit machen. Und je zahlreicher und geschlossener wir Arbeitenden wieder anfangen, in dieser Sprache zu sprechen, desto größer wird unsere Kraft und unser Gewicht, um den heutigen Lauf der Dinge endlich umzukehren.
Internationales
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Trotz aller Unterdrückung – die streikenden Bergleute halten durch
Seit über einem Monat bereits kämpfen, unter den schwierigsten Bedingungen, zehntausende Bergleute in Südafrika für 200% mehr Lohn.
Platin, Gold und Diamanten fördern die Bergleute jeden Tag unter härtesten Bedingungen zu Tage. Die internationalen Konzerne, die diese Bergwerke besitzen, verdienen ein riesiges Vermögen daran – während die Arbeiter, die diese Schätze ans Licht bringen, mit ihren Familien in Slums ohne Strom und fließendes Wasser, weit draußen vor der Stadt leben. 400 Euro bekommen sie an Lohn im Monat – ein Lohn, der nicht mal mehr zum Überleben reicht in einem Land, wo die Preise eher denen in Europa ähneln und ständig steigen.
Der Streik für 200 % mehr Lohn – das heißt für 1250 Euro im Monat – der in einer Platin-Mine begonnen hat, war daher wie ein Schrei des Herzens vieler Arbeiter: In verschiedenen weiteren Bergwerken haben Arbeiter die Forderung aufgenommen und ebenfalls zu streiken begonnen.
Dabei haben die Bergwerksbesitzer, die Regierung und auch die Gewerkschaften, deren enges Verhältnis zu den Bergwerksbesitzern bekannt ist, alles getan, um den Streik mit aller Gewalt zu ersticken und seine Ausbreitung zu verhindern.
Nichts aber hat die Bergleute bislang dazu bringen können, den Kampf aufzugeben – nicht einmal die brutale Gewalt und die Morde, mit denen Schlägertrupps der Konzerne und die Polizei gegen die Streikenden vorgehen. Weltweit bekannt geworden ist das grausame Massaker am 16. August, bei dem die südafrikanische Polizei 34 streikende Bergarbeiter erschoss, 78 weitere verletzt und 270 verhaftet hat! Erschossen aus dem einzigen Grund, weil sie sich gegen die Diktatur der Minenbesitzer wehrten und Löhne forderten, von denen man leben kann.Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, versuchte die Justiz – mit Einverständnis der ANC-Regierung – auch noch, 279 der verhafteten und verletzten streikenden Bergleute wegen Mordes an ihren 34 Kollegen anzuklagen, die von der Polizei erschossen worden waren.
Für diese Absurdität griff der Staatsanwalt in die Mottenkiste der Apartheids-Gesetze: In den Jahrzehnten der Apartheid (Rassentrennung) in Südafrika gab es ein Gesetz, dass jedes (!) Mitglied einer Gewerkschaft oder politischen Organisation zu langjährigen Gefängnisstrafen wegen Mordes verurteilen konnte, wenn andere Mitglieder seiner Organisation bei einer Demonstration oder Streik teilgenommen hatten, wo es Tote gab – und zwar auch, wenn diese nachweislich von der Polizei erschossen worden waren.
Dieses brutale Gesetz sollte damals alle davon abhalten, sich gegen die Rassentrennung und Armut zu engagieren. Und nun – 18 Jahre nach dem offiziellen Ende der Apartheid, das so viel Hoffnung auf Veränderung und Freude hervorgerufen hatte – soll es gegen die streikenden Bergarbeiter eingesetzt werden. Dies macht deutlich, dass der Staat, Polizei und Justiz noch genauso auf Seiten der Unternehmer stehen und gegen die Arbeiter, die in Südafrika mehrheitlich Schwarze sind: Die soziale Apartheid geht weiter.
Doch diesmal musste der Staat zurückweichen: Die empörende Anklage der 279 Arbeiter hat im ganzen Land einen solchen Skandal und Proteste hervorgerufen, dass die Regierung sich gezwungen sah, die Mordanklage am 1. September wieder fallen zu lassen.
Das heißt nicht, dass alles vorbei ist. Es schmachten weiterhin über 100 Arbeiter wegen dem Streik im Gefängnis. Auch Anschläge von bewaffneten Wachtrupps der Konzerne und Polizeieinheiten auf die Streikenden gehen weiter. Noch immer weigern sich die Bergwerks-Konzerne, über ernsthafte Lohnerhöhung zu reden. Und die Drohungen der Regierung gegen die Streikenden nehmen zu. Doch auch die Arbeiter haben einen langen Atem. Nach über einem Monat geht ihr mutiger, entschlossener Kampf weiter. Ein Kampf letztlich für ein Leben, in dem man nicht ständig in Angst leben muss, in dem man nicht trotz Arbeit hungert und mehr ist als nur ein Sklave der großen Konzerne.
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Putin und die orthodoxe Kirche – ein höllisches Gespann
Zwei Jahre Arbeitslager für 30 Sekunden Protestsong gegen Putin in einer Moskauer Kirche: Das ist das Urteil gegen drei junge Frauen der Gruppe Pussy Riot. Dieses Urteil hat nach all den vergangenen, diktatorischen Maßnahmen des Putin-Regimes nicht mehr viele überrascht. Weniger hat man im Westen jedoch von der Rolle gesprochen, die die orthodoxe Kirche dabei gespielt hat.
Gerade sie hat aber eine „harte Bestrafung“ für die Tat der drei Musikerinnen gefordert, die „schlimmer ist als ein Verbrechen“. Die Frauen hatten die Kirche offensichtlich an einem wunden Punkt getroffen, als sie in ihrem Lied den Patriarchen der Kirche kritisierten, der öffentlich Putin unterstützt. Und in der Tat gehören die Oberen der orthodoxen Kirche genau wie Putin und die Oligarchen zu der sozialen Schicht, die Russland beherrschen und ausplündern.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Einheitspartei 1991 brauchte die Führungsclique in Russland ein neues Mittel, um die Menschen unter Kontrolle zu halten, deren Lebensbedingungen sich rapide verschlechterten: Und hierfür wählte man die orthodoxe Kirche. Das Regime gab der Kirche alle Freiheiten und vor allem die Möglichkeit, sich finanziell zu bereichern, indem sie der Kirche zum Beispiel das Importmonopol für ausländische Zigaretten übertrug. Heiliger Tabak! Dank dieser und anderer Einnahmequellen flanieren – mitten in der sich ausbreitenden Armut in Russland – die Popen in teuren Autos, und baute man in 20 Jahren bereits 20.000 prunkvolle neue Kirchen.
Zum Dank dafür beweihräuchern die Popen Putin und den Staat, segnen sie die Panzer für dessen Kriege in Tschetschenien, predigen sie der ärmeren Bevölkerung Liebe zum Staat, Ergebenheit in ihr Schicksal und den Frauen regelrecht eine Rückkehr zur Lebensweise des 19. Jahrhundert.