Leitartikel
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Mit neuem (Auf)schwung…in die Armut?
„Die Krise ist vorbei, der Aufschwung ist da“, singen alle Politiker wieder mal im Chor, kaum haben ein paar große Konzerne Rekordgewinne und gute Produktionszahlen für die letzten 6 Monate verkündet. Sie könnten glatt auf der Kirmes auftreten als einer der Wahrsager, die jedem viel Geld, Gesundheit und ein langes Leben voraussagen.
Mehr wissen sie nämlich in Wahrheit auch nicht darüber, wie sich die Wirtschaft entwickeln wird. Sie waren die ganze Zeit und sind auch jetzt nicht in der Lage, auch nur einen Monat in die Zukunft zu schauen.
Aufschwung – für wen?
Ihr Gerede vom Aufschwung soll uns in Sicherheit wiegen, uns einschläfern – um uns dann auf einmal zu erzählen, die Krise sei wieder ganz schlimm geworden und uns so mit ihren neuen Schlägen gegen uns zu überrumpeln.
Wir sollen ruhig abwarten und darauf vertrauen, dass der „Aufschwung XL“ – wie FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ihn allen Ernstes bezeichnet – unsere Probleme von alleine löst. Doch worin besteht der Aufschwung? In einem Aufschwung der Löhne, der festen Arbeitsplätze? Fehlanzeige – hier gibt es nicht den geringsten Aufschwung.Wie auch! Konzerne wie ThyssenKrupp, Daimler oder Siemens präsentieren zwar wieder Rekordergebnisse – doch die Massenentlassungen und Lohnkürzungen der letzten 2 Jahre nehmen sie nicht zurück. Ein großer Teil ihres „Aufschwungs“, ihrer Gewinne, beruht gerade darauf, dass sie die Krise genutzt haben, um uns alle ein ganzes Stück weiter bergab zu stoßen.
Im Namen der Krise wurden uns Entlassungen, schlechtere Arbeitsbedingungen, schlechtere Verträge, niedrigere Löhne aufgezwungen.
Und so gibt es für die Arbeitenden leider auch weiterhin nur einen Aufschwung: einen Aufschwung der Leiharbeit, der Niedriglöhne und Teilzeit, einen Aufschwung der Armut und der Schlangen bei den Tafeln und anderen Hilfsorganisationen. Jeden Monat 120 Menschen mehr, die in einer Stadt wie Essen bei den Tafeln um Lebensmittelreste bitten müssen – das ist das wahre Gesicht ihres „Aufschwungs“.Verbot von Entlassungen
Nein, wir haben keine Rettung, keinen Aufschwung von oben zu erwarten. Wir haben nur eine Chance, wenn wir uns selber aufschwingen: Zu unserer Rettung müssen wir durchsetzen, dass die fortgesetzten Massenentlassungen verboten werden. Man muss die Betriebe stattdessen zwingen, wieder mehr und unbefristet einzustellen. Die vorhandene Arbeit muss unter Allen verteilt werden, ohne Lohnverlust. Dadurch würde die fürchterliche Arbeitshetze verschwinden und vor allem die Massenarbeitslosigkeit, das schlimmste gesellschaftliche Übel der heutigen Zeit.
Dies alles wäre problemlos möglich, ohne die Löhne zu senken. Im Gegenteil: Wir brauchen dringend höhere Löhne, und zwar in allen Berufen und Branchen.Offenlegung der Konten
Natürlich würden die Bosse zetern und schreien, dann wären sie pleite, dies wäre der Ruin der gesamten Wirtschaft! Stattdessen werden sie im Namen der Krise weitere Opfer von uns verlangen.
Deshalb müssen wir ihnen gegenüber das durchsetzen, was sie heute schamlos von jedem kleinen HartzIV-Empfänger verlangen, um zu überprüfen, ob er nicht irgendwo noch einen Cent hat: Wir müssen alle Konten und Bücher der Unternehmen und ihrer Aktionäre, all der Reichsten und Reichen offen legen und überprüfen.Dann nämlich werden wir sofort feststellen: Es ist kein Naturgesetz, dass es uns immer schlechter geht. Die großen Aktionäre und Firmenbesitzer haben solch gigantische Reichtümer aus den Arbeitenden herausgepresst und angehäuft, dass alle Forderungen zu unserer Rettung, die heute völlig unmöglich scheinen, in Wahrheit problemlos umsetzbar sind!
Internationales
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Russland: Was das Feuer ans Licht bringt
Wie viel tausend Tote, wie viel zehntausend Obdachlose, wie viele hunderttausend Hektar zerstörten Landes haben die gigantischen Brände in Russland gefordert? Wie viele wurden durch giftige Dämpfe geschädigt? Keiner weiß es. Die russischen Behörden hüllen sich in Schweigen, vertuschen und verharmlosen die Folgen dieser Katastrophe, der sie offensichtlich völlig ohnmächtig gegenüberstanden.
Es ging mal anders
Dabei sind Waldbrände hier nichts Neues: Schon immer haben sich die torfreichen russischen Ebenen und die riesigen Waldbestände in trockenen und heißen Sommern spontan entzündet.
Als 1917 die Arbeiter und Bauern in der Revolution erfolgreich – als bislang einzige der Welt – ihre Ausbeuter verjagten und selber die Macht eroberten, ermunterte der junge Arbeiterstaat die Bewohner der Waldbezirke, eigenständig Organe zur gemeinschaftlichen Verwaltung dieses hochentzündlichen Rohstoffes zu gründen.
Später wurden zahlreiche Genossenschaften zur Bearbeitung und Instandhaltung der Wald- und Torfgebiete geschaffen, ebenso ein großer Stamm an Waldhütern. Dies verhinderte viele Brände und begrenzte vor allem den Schaden, den sie anrichten konnten.Profit… oder Wald
Anfang der 90er Jahre jedoch, als die Sowjetunion auseinanderbrach, erklärten die Herrschenden: Von nun an solle die Wirtschaft einzig auf das ausgerichtet werden, was am meisten Profit einbringe. Gierige Bürokraten rissen sich daraufhin alle Teile der ehemaligen staatlichen Wirtschaft unter den Nagel, die Gewinn einbringen konnten.
Der unprofitable Rest verfiel oder wurde abgeschafft, jede Form von geplanter Verwaltung der Wirtschaft und der Umwelt verschwand. Die Stellen der 70.000 Waldhüter, zahlreiche Feuerwehren und 70% der Wetterstationen wurden abgeschafft.
Statt für sinnvolle Investitionen geben die Neureichen Russlands das Geld, das sie durch die Privatisierung ergaunert haben, für Villen an der Côte d’Azur oder für englische Fußballvereine aus. Und dies alles mit dem Beifall der westlichen Staatsführer für diese Bekehrung eines so genannten kommunistischen Landes zu den angeblichen Wohltaten des Kapitalismus.
Das Ende der geplanten Wirtschaft und die Schließung zahlreicher Staatsbetriebe haben außerdem dazu geführt, dass die Bevölkerung vieler entfernter Waldgegenden keine Arbeit und kein Einkommen mehr hat. Viele sind daher in den letzten Jahren in die großen Städte geflohen, wodurch die Waldgegenden nicht mehr in Stand gehalten werden – eine weitere Ursache für das Ausmaß der Brände.Die Asche von 20 Jahren
Die Feuerkatastrophe, die Russland den Atem raubte, hat also nicht nur natürliche Ursachen. Sie ist auch nicht, wie Journalisten angedeutet haben, das Erbe der angeblichen „kommunis-tischen“ Vergangenheit.
Im Gegenteil, sie ist in erster Linie die Folge der kapitalistischen Profitlogik, die nicht nur in Russland auf katastrophale Weise wütet… Man denke nur an BP und die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko.Umweltkatastrophen, humanitäre Krisen, Wirtschaftskrisen… Jeder Tag liefert uns einen neuen Beweis für die monströse Unfähigkeit der kapitalistischen Verwaltung der Gesellschaft.
An ihrer Stelle braucht es ein System, in dem die Bevölkerung die öffentlichen Behörden und Finanzen kontrollieren kann. In dem sie vor allem überwachen und entscheiden kann, wozu das Geld verwendet wird, das sich heute die Banker und Kapitalisten einstecken. Ohne ein solches System, das sich Kommunismus nennen könnte, wird die gesamte Gesellschaft nach und nach ersticken. -
BP: Die schwarzen Zeiten sind schon wieder golden
BP geht es wieder gut – so lauten die Schlagzeilen. Das Loch ist zu, der Manager ist ausgetauscht und die hohen Entschädigungszahlungen sind von der Steuer absetzbar. Man hat auch gute Einnahmen von 76 Milliarden Dollar in den letzten 3 Monaten – und schon eine neue Erlaubnis, in Alaska im Meer nach Öl zu bohren!
Die schwarzen Tage für BP scheinen schnell vorbei zu sein…für seine unzähligen Opfer an den Küsten fangen sie gerade erst an. -
Bangladesch: Textilarbeiter streiken für höhere Löhne
Seit Monaten kämpfen zehntausende Textilarbeiter in Bangladesch für höhere Löhne. Im Juni legten sie zeitweilig 700 Fabriken mit insgesamt 800.000 Beschäftigten lahm.
Das „Angebot“ der Regierung, den Monatslohn von umgerechnet 19 Euro auf lächerliche 34,50 Euro anzuheben – eine Erhöhung, die nicht in Ansätzen die Preissteigerungen auffängt – hat nun noch einmal Öl ins Feuer gegossen. Am 31. Juli zogen mehr als 20.000 Textilarbeiter der Hauptstadt Dhaka von Fabrik zu Fabrik und besetzten die großen Straßen. Mit Steinen wehrten sie sich gegen die Tränengasgranaten und Gummigeschosse, mit denen die Polizei die Streikenden zu vertreiben versuchte.In der Textilindustrie von Bangladesch arbeiten ca. 3,5 Millionen Menschen, für die großen westlichen Marken wie Wal-Mart, H&M, Zara, Levi Strauss. Sie sind die schlecht bezahltesten Textilarbeiter der Welt.
Doch diese reichen Unternehmen haben noch den Zynismus zu drohen: „Wenn ihr weiter streikt, dann verlagern wir die Firmen nach China oder Vietnam.“ Seit Monaten ist diese Drohung ohne Wirkung auf die Streikenden geblieben. Vielleicht wissen die Arbeiter in Bangladesch, dass es auch in China Streiks gibt…