Leitartikel
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Griechenland: Ein Blick in unsere Zukunft?
Demonstrationen und Streiks der Arbeitenden und Rentner reißen in Griechenland seit drei Wochen nicht ab. Zwei Mal bereits beteiligten sie sich massenhaft an einem eintätigen Generalstreik, der das gesamte Land lahm legte. Sie strafen damit all die Politiker und Journalisten Lügen, die seit Wochen behaupten, die aller große Mehrheit der Griechen stände hinter dem fürchterlichen Angriffsprogramm der Regierung.
Es werden drastische Verschlechterung angekündigt: Alles soll steigen: die Steuern auf Strom und Benzin, auf Getränke, die Mehrwertsteuer… Gleichzeitig soll überall, bei Arbeitenden, Rentnern, bei der gesamten einfachen Bevölkerung massiv gespart werden: Die Renten sollen eingefroren und das Rentenalter um 2 Jahre angehoben werden. Durch Schulen und öffentlichen Investitionen gehen die Sparpläne mit der Sense. Und den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst soll sogar ein ganzer Monatslohn weggenommen werden!
Gier der Banken – ohne Schranken
Die Proteste der griechischen Arbeitenden und Rentner sind umso beeindruckender, als sich alle Mächtigen gegen die griechische Arbeiterklasse vereint haben. Die griechische Regierung und die Großmächte der EU, an erster Stelle Deutschland und Frankreich, sie alle setzen die griechische Bevölkerung massiv unter Druck, die Angriffe hinzunehmen. Doch warum sollen die Arbeitenden ihren Kopf hinhalten für Schulden, die sie nicht gemacht haben und von denen sie auch nie etwas gesehen haben?
Verdient haben an diesen Schulden ganz andere, und zwar allen voran französische, deutsche und Schweizer Banken: die Commerzbank, die Deutschen Bank, die Postbank, die HRE… Sie sind die größten Kreditgeber Griechenlands und haben sich munter an den Zinsen bereichert. Sie haben sich besonders bereichert, seit sich Griechenland wie alle Länder fürchterlich verschuldet hat, um die Banken in der Finanzkrise zu retten.
Und jetzt dient den internationalen Banken Griechenlands Zahlungsschwierigkeiten als Vorwand, um ihre Zinsen drastisch in die Höhe zu schrauben und so noch mehr abzusahnen.
Dafür soll die arbeitende Bevölkerung Griechenlands ein ganzes Stück mehr in die Armut getrieben werden – damit die griechische Regierung nicht zahlungsunfähig wird und also weiter die wachsenden Zinsen an die Banken zahlen kann!
Dabei rettet das Sparprogramm Griechenland nicht einmal vor der Gefahr des Staatsbankrotts. Denn die Gier der Banken und der großen Spekulanten, die sich ihre Taschen füllen mit Spekulationen auf Griechenlands Staatsbankrott, geht weiter. Und so warten schon weitere Angriffe auf die Arbeitenden, und nach allem vielleicht letztlich doch… der Staatsbankrott.Wer bezahlt die Krise ?
Das Schicksal der Arbeitenden Griechenlands kann morgen auch unser Schicksal sein. Schon heute spricht man von einer ähnlichen Gefahr für Portugal, Spanien, Irland, Frankreich vielleicht… In allen Ländern haben sich die Staaten extrem verschuldet, um Banken und Spekulanten in der Krise zu retten. Und überall schicken sie sich an, die arbeitende Bevölkerung für die Verschuldung bezahlen zu lassen.
Anders als die deutschen Banken und ihre Bundesregierung, können die Arbeitenden Deutschlands nur solidarisch sein mit dem Widerstand der einfachen griechischen Bevölkerung. Es ist derselbe Kampf, den auch wir werden führen müssen. Daran wird kein Weg vorbei führen. Und dann wird es darauf ankommen, dass wir Arbeitenden uns nicht nur gegen das Schlimmste verteidigen, sondern auch unsere eigenen Forderungen aufstellen, die das Kräfteverhältnis zwischen uns und den großen Aktionären, den Kapitalisten wirklich verändern. Darauf müssen wir heute schon uns vorbereiten.
Internationales
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Vor 100 Jahren: Die Arbeiterinternationale beschließt den Internationalen Frauentag
Vor genau 100 Jahren, im März 1910, hat Clara Zetkin im Namen der sozialistischen Parteien der ganzen Welt einen Internationalen Frauentag ausgerufen. Deren Gleichberechtigung war für die Arbeiterparteien damals ein wichtiges Anliegen und ein täglicher Kampf.
Die Frauenrechtlerinnen aus den bürgerlichen Schichten kämpften in jener Zeit zu Recht für das Frauenwahlrecht oder zum Beispiel dafür, zu reinen Männerberufen wie Arzt, Anwalt, Universitätsprofessor zugelassen zu werden. Doch die Arbeiterfrauen hatten noch ganz andere Forderungen: Die deutliche Erhöhung ihrer Löhne; Schwangerschafts- und Mutterschutz, damit die Frauen nicht bis zum Tag der Geburt und direkt am Tag danach wieder in die Fabrik mussten; das Recht auf eine Berufsausbildung; das Ende des doppelten Arbeitstages in Fabrik und Haushalt…
Arbeiter- und Frauenbewegung gehören zusammen
Die Sozialdemokraten setzten sich für die Gleichberechtigung ein: Sie versuchten, Frauen der Arbeiterklasse in den Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien zu organisieren, ihnen Bildungszirkel zu den unterschiedlichsten Fragen anzubieten und – in der übrigen Gesellschaft damals unvorstellbar – sie an führende Positionen in Gewerkschaft und Partei zu stellen.
Für die damalige Sozialdemokratie war der Kampf um die Gleichberechtigung der Frau immer eng verbunden mit dem Kampf um eine andere, sozialistische Gesellschaft. Nicht umsonst war das meist gelesene Buch in der Arbeiterbewegung lange Zeit August Bebels „Die Frau und der Sozialismus“. Bebel zeigt dort auf, dass eine wirkliche Gleichberechtigung von Frau und Mann sich erst in einer Gesellschaft ohne Privateigentum und soziale Klassen entwickeln kann.
Es waren übrigens auch die Arbeiterfrauen, deren Demonstration 1917 der Beginn der Revolution in Russland war, des bislang ersten Versuchs zum Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft.Ein wichtiger Kampf –
auch heuteDie heutige Krise der kapitalistischen Gesellschaft hingegen und die damit verbundenen verstärkten Angriffe auf die Arbeitenden treffen gerade die Frauen besonders, selbst in den reichen Ländern. Ihre Löhne sinken stärker, so dass sie in Deutschland mittlerweile durchschnittlich 23% weniger verdienen als Männer. Und über eine halbe Million Frauen weniger als noch vor zehn Jahren hat eine Vollzeitstelle: Sie finden nur noch Teilzeit- und Minijobs.
Zu der Diskriminierung auf der Arbeit kommt weiterhin die Diskriminierung und die Vorurteile im Haushalt, im gesellschaftlichen Leben, im Alltag. Immer noch müssen Frauen im Schnitt meiste Hausarbeit (kochen, putzen, einkaufen…) verrichten und sie sind es, die sich mehrheitlich um die Kinder kümmern. Man weiß, dass jede siebte Frau zuhause geschlagen, eingesperrt oder vergewaltigt wird. Selbst gesetzlich haben Frauen in Deutschland kein Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper. Ein Recht auf Abtreibung gibt es bis heute nicht wirklich – auch dank reaktionärer Kräfte wie der katholischen Kirche. Man sieht ja, warum der katholischen Kirche geborene Kinder wichtig sind…
Und in armen Ländern ist das Leben vieler Frauen zu oft einfach nur ein Trauerspiel. Ausgelaugt durch ständige Schwangerschaften, an denen sie nicht selten sterben, leben viele in häuslicher Sklaverei. Je nach Land werden sie verschleiert, geschlagen, zwangsverheiratet, beschnitten oder können lebendig verbrannt werden. Rechte haben sie oft keine.
Doch überall auf der Welt finden sich Frauen und einige Männer, die sich mutig dagegen zur Wehr setzen.Das Programm, das die Arbeiterparteien mit der Ausrufung des Internationalen Frauentages nach vorne stellten, das heißt der Kampf um sofortige Verbesserungen für die Frauen der Arbeiterklasse, gepaart mit dem Kampf um eine sozialistische Gesellschaft, ohne jede Form von Ausbeutung und Unterdrückung, hat nichts von seiner Aktualität verloren.
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78 Tage Streik der Tekel-Arbeiter: Für sichere Arbeitsplätze und Löhne!
Zweieinhalb Monate haben in der Türkei 12.000 Arbeiterinnen und Arbeiter der ehemalig staatlichen Tabakfirma Tekel gestreikt. Aus mehreren Städten sind sie Mitte Dezember in die Hauptstadt gekommen, um gemeinsam auf die Regierung Druck auszuüben. Bis Anfang März zelteten sie in der Innenstadt Ankaras, und weder Kälte, Regen und Schnee, noch die Drohungen der Regierung konnten sie vertreiben.
Sie kämpfen gegen eine Privatisierung, durch die sie nicht mehr Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind. Ihre Löhne würden so drastisch von 1000 Euro auf 360 Euro im Monat sinken. Außerdem würden sie jederzeit kündbar und damit droht vielen das gleiche Schicksal, das seit 2004 bereits 50.000 Arbeiter privatisierter Staatsbetriebe erlebt haben: die Arbeitslosigkeit.
Für ihre Arbeitsplätze und ihre Löhne führten sie einen beeindruckenden Kampf. Zum Beispiel haben hunderte ArbeiterInnen ihre Kinder Verwandten und Freunden anvertraut, um die mehreren hundert Kilometer nach Ankara reisen und an der Besetzung teilnehme zu können.
Eine Welle der Solidarität
Ihr Mut und ihre Entschlossenheit hat eine Welle der Solidarität ohne gleichen hervorgerufen – trotz aller Verleumdungen der Streikenden seitens der Regierung. Viele Menschen kamen vorbei, um den Kampf zu unterstützen. Als die Regierung im Fernsehen erklärte, die Besetzung der Innenstadt durch die Streikenden würde die Einwohner und die Ladenbesitzer stören, kamen besagte Ladenbesitzer und Einwohner sofort am nächsten Tag massenhaft, um den Streikenden ihre Unterstützung zu versichern und ihnen Spenden aller Art zu bringen. Auch die großen Gewerkschaftsverbände haben letztlich einen nationalen Tag der Solidarität organisiert, obwohl Premierminister Erdogan diesen für illegal erklärt hat und mit Sanktionen gedroht hat.
Dieser Kampf hat geholfen klar zu stellen, auf welcher Seite die Regierung Erdogan steht, die viele Menschen lange für anders als ihre Vorgänger gehalten hatten. Auch sie aber steht eindeutig im Dienst der Reichen und Unternehmer – gegen die Arbeiter.
Nach 78 Tagen haben die Tekel-Arbeiter ihre Besetzung in Ankara beendet. Noch ist nicht klar, wie es weiter geht. Doch unabhängig davon, wie viel von ihren Forderungen sie letztlich durchsetzen können, wird den Tekel-Arbeitern niemand mehr dieses Erlebnis von Solidarität, Zusammenhalt und Kraft nehmen können.
Und heute schon sieht man: Ihr entschlossener Kampf hat dazu beigetragen, die Stimmung im Land zu ändern und anderen Arbeitern Mut zu machen, ebenfalls zu kämpfen.