Leitartikel
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Lützerath: Der Schutz der Profite – egal um welchen Preis
Hitzige Diskussionen werden in den letzten Tagen geführt um die Auseinandersetzungen zwischen den Klima-Aktivisten auf der einen – und RWE und der Polizei auf der anderen Seite. Dahinter ist fast in den Hintergrund gerückt, worum es bei Lützerath eigentlich geht: um die rücksichtslose Durchsetzung von Profit-Interessen, mit Unterstützung aller regierenden Parteien.
Seit über vierzig Jahren weiß man, dass Braunkohle als Energiequelle besonders schädlich für das Klima ist. Doch was soll’s! Die Bosse von RWE wollten und wollen um jeden Preis an das braune Gold unter der Erde. Dafür haben sie dutzende Dörfer, die Heimat von zehntausenden Menschen vernichtet. Sie haben riesige Wälder gerodet, die Gegend in eine Mondlandschaft verwandelt – und seelenruhig zugesehen, wie über ihre Braunkohle jedes Jahr enorme Mengen CO2 in die Luft gelangten.
Und selbst jetzt, wo immer mehr Betriebe auf andere Energien umstellen, wo es mit der Braunkohle in absehbarer Zeit vorbei ist, haben die Manager von RWE noch um jeden Quadratkilometer gefeilscht, den sie den Tagebau weiter ausweiten und jede Million Tonne mehr, die sie fördern dürfen.Die Regierung und der RWE-Konzern nehmen den Krieg und die „Energie-krise“ als Vorwand dafür, dass der Abbau angeblich bis 2030 weitergehen „muss“. Vor drei Jahren hatten sie andere Ausreden, warum die Kohleförderung sogar bis 2038 „unbedingt nötig“ wäre. Und davor noch andere, ebenso wohlklingende Ausreden. Während es immer nur um eines ging: um Profit.
Genau diese Profit-Interessen von RWE schützt die Regierung auch heute. Ihr viel diskutierter Polizei-Einsatz soll dafür sorgen, dass RWE möglichst ungestört und ohne Verzögerungen das braune Gold unter Lützerath fördern kann. Indem die Polizei notfalls gewaltsam alle vom Gelände entfernt und fernhält, die nicht einfach hinnehmen wollen, dass RWE den Tagebau ausweiten darf.
Und was eigentlich niemanden verwundern dürfte: Die Grünen an der Regierung machen dies mit genauso viel Eifer wie allen anderen. Auch für sie sind die Interessen der Konzerne schließlich heilig. Dafür prügeln sie auch auf ihre eigenen Mitglieder ein.
Natürlich wäre es ihnen lieber gewesen, dass die Klima-Aktivisten brav in der Ferne Transparente schwingen und Reden halten… und RWE ungestört weitermachen kann. Dann hätten alle die engagieren Aktivisten gelobt. So aber empören sich Politik und Medien darüber, dass die Protestierenden nicht zur „Gewaltlosigkeit“ aufgerufen haben – sondern Polizei-Ketten durchbrachen, die das RWE-Gelände schützen, und einzelne Böller oder Steine warfen.Vom RWE-Konzern hingegen hat nie einer „Gewaltlosigkeit“ verlangt. Oder ist die Zwangsumsiedlung von tausenden Menschen keine Gewalt? Ist die bewusste Umweltzerstörung aus Profitgier mit all ihren Folgen, den tödlichen Hitzewellen, Feuersbrünsten und Überschwemmungen keine Gewalt?
Und was ist mit der Gewalt gegenüber den Arbeitenden? Ist es keine Gewalt, wenn RWE trotz Milliardengewinnen tausende Arbeitende aus dem Konzern drängt? Oder wenn der Konzern den Leiharbeitern der Subfirmen, die Flächen roden oder Anlagen reinigen, extrem unsichere und gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen aufzwingt?Allein über ihre Entscheidungs-Gewalt üben die Kapitalisten täglich Gewalt auf uns aus. Und meist haben sie obendrein die Staats-Gewalt zu ihrer Unterstützung. Denn diese schützt die Gesetze, die die Politiker nicht selten für die großen Kapitalisten, wenn nicht gar mit deren direkter Mithilfe machen.
Gegen die Demonstranten musste RWE selber keine Gewalt anwenden. Das hat die Polizei für sie getan, die mit Schlagstöcken ganz legal die Arme und Beine von Demonstranten brechen und sie vom RWE-Gelände vertreiben durfte.Gewaltlosigkeit verlangt man immer nur von der einfachen Bevölkerung.
Als 1997 hunderte Bergarbeiter die Bannmeile vor dem Bundestag stürmten, Polizeisperren durchbrachen und Polizeiwagen umwarfen, da wurden die Arbeiter als „Gewalttäter“ beschimpft – nicht jedoch diejenigen, die im Anzug wenige hundert Meter entfernt saßen und (geschützt durch eben diese Polizeisperren) den Bergleuten den Arbeitsplatz und die Existenz rauben wollten!
Ähnlich wird es hier morgen sein, wenn Arbeitende anfangen, sich gegen die Auswirkungen der Krise zu wehren.Sobald sich die einfache Bevölkerung auch nur etwas entschlossener wehrt, zetern die Herrschenden über ihre „Gewalttätigkeit“: Eben weil ihnen nichts mehr Sorge bereitet, als dass die arbeitende Klasse irgendwann ernsthaft die Nase voll hat und ernsthaft den Kampf gegen das heutige System aufnimmt.
Und nichts weniger als ein Kampf gegen dieses System ist auch nötig, wenn man wirklich das Klima schützen will. Das kapitalistische System nämlich, in dem jeder Konzern macht, was er will und Profit mehr zählt als Menschenleben, ist dazu grundlegend unfähig.
Die meisten der Klima-Aktivisten, die weiterhin hoffen, man müsse nur auf die „richtigen“ Energiequellen umsteigen oder einige „grüne“ Gesetze einführen, enden daher zwangsläufig in einer Sackgasse. In ihrer Logik setzen weiterhin viele von ihnen ihre Hoffnungen in die Grünen – und unterstützen damit eine Partei, die den Kapitalisten bei all ihren Angriffen auf die Arbeitenden wie auch auf das Klima hilft… und deren Anführer obendrein zu den gefährlichsten Kriegstreibern gehören.Den Kapitalismus zu stürzen und durch eine Gesellschaftsordnung zu ersetzen, in der alle wichtigen Wirtschaftsbereiche Gemeinschaftseigentum sind und nachhaltig geplant werden, statt auf kurzfristigen Profit zu orientieren: Dies ist die einzig mögliche Rettung für die Menschen und das Klima!
Internationales
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China: Arbeiter*innen in vielen Städten fordern ihren Lohn ein
In den letzten Wochen gab es in China hunderte Proteste von Arbeiter*innen, die zum Teil seit Monaten keinen oder nur einen Teil ihres Lohns erhalten haben – manchmal, wie die Busfahrer*innen in Qingfeng, seit über einem Jahr!
Die Arbeiter*innen haben mit Transparenten die Straßen blockiert, Betriebshöfe besetzt und verlangt, ihren Lohn ausgezahlt zu bekommen, bevor sie zum Neujahrsfest zu ihren Familien aufs Land zurückkehren. Die Unternehmer (darunter viele Subfirmen für US-amerikanische und deutsche Firmen) haben zum Teil versucht, die Proteste mit Gewalt zu beenden. In Xiayi wurden die Arbeitenden mit Eisenstangen verprügelt, woanders riefen die Bosse Sondereinsatzkommandos der Polizei. Doch am Ende erfüllten sie oft zumindest einen Teil der Forderungen der Arbeitenden.Jedes Jahr gibt es solche Lohn-Proteste in den Wochen vor dem Neujahrsfest. Aber drei Jahre Pandemie, in denen es keine Erhöhung des Mindestlohns gab und viele Arbeitende oft wochenlang in den Fabriken eingeschlossen waren, haben die Lage verschärft. Und auch die derzeitige Wirtschaftskrise und viele Entlassungen treiben Arbeitende auf die Straße. Den Herrschenden macht dies durchaus Sorgen – umso mehr, da die Arbeiter*innen in China oft zu Zehntausenden in einer Fabrik, zu Hunderttausenden in einem Industriegebiet zusammengeballt arbeiten.
Mit kleinen Zugeständnissen oder Tricks versuchen sie daher, Reaktionen der Arbeitenden und vor allem eine mögliche Ausbreitung zu verhindern. In Chongqing zum Beispiel sollten 10.000 Arbeitende einer Corona-Schnelltest-Fabrik angeblich nur vorzeitig in den Urlaub geschickt werden. In Wahrheit aber sollten sie entlassen und ihnen so obendrein die gesetzlich vorgeschriebene Abfindung vorenthalten werden. Doch statt darauf hereinzufallen, blockierten die Arbeiter*innen die Straßen, legten sich mit den Einsatzkommandos der Polizei an und zwangen den Unternehmer am Ende, zumindest die Abfindungen vollständig zu zahlen.
Egal wie brutal die Diktatur des Regimes: Auf Dauer kann die herrschende Klasse nicht verhindern, dass ihre Krise, Ausbeutung und Profitgier zu Kämpfen der Arbeiter*innen führt. Die Herrschenden haben daher allen Grund, sich Sorgen zu machen. Wenn in einem Land wie China die Arbeiter*innen die Wut packt, kann die Arbeiterklasse schnell zu einer großen Macht werden – die sogar über das Land hinaus Perspektiven eröffnet.
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Russland: Ein Ausdruck wachsender Kriegs-Ablehnung
Die Regierung in Russland hat die Strafen für Sabotageakte und „Unterwanderung der sozialen Ordnung“ drastisch verschärft. Bis zu lebenslanger Gefängnishaft kann man hierfür nun bekommen. Auch die Finanzierung, Werbung oder selbst die Vorbereitung von „subversiven Handlungen“ sollen künftig drakonisch bestraft werden – womit man letztlich jeden bestrafen kann, der irgendetwas gegen den Krieg machen will.
Die Regierung versucht, mit diesem Gesetz die Kriegsgegner einzuschüchtern – umso mehr, da sie eventuell bald noch mehr Männer zum Kriegsdienst einziehen muss. Denn trotz aller Propaganda nimmt deren Zahl und auch die Zahl militanter Aktionen gegen den Krieg zu. Insbesondere seit der Teil-Mobilmachung hat es immer häufiger Sabotageakte gegeben, darunter allein über 50 Anschläge auf Militärkommissariate, die die Männer zum Kriegsdienst einziehen und verfolgen, falls diese sich weigern.Putin und seine herrschende Clique ereilt das, was allen Herrschenden passiert: Je länger sie Krieg führen, je mehr Leid und Tod sie ihrer Bevölkerung aufzwingen, desto mehr Ablehnung und Widerstand schüren sie. Das kann auch kein Gesetz verhindern.