Das rote Tuch – Nr. 155

  • Häfen, Uni-Kliniken, Flughäfen: Nichts geht mehr!

    Häfen, Flughäfen, Uni-Kliniken… In verschiedenen Betrieben protestieren Arbeitende derzeit gegen den Personalmangel und die irrsinnige Arbeitsüberlastung, die querbeet durch alle möglichen Branchen ein bislang nicht gekanntes Ausmaß angenommen haben.

    Dieser Personalmangel ist kein Versehen oder die Folge der Pandemie. Personalmangel ist eigentlich sogar das falsche Wort. Denn es gibt keinen Mangel an Arbeitskräften. Wie viele Millionen suchen gleichzeitig eine Stelle, aber bekommen keine oder nur befristete Teilzeit- oder Minijobs – sogar in den Branchen, wo die Unternehmer angeblich händeringend Personal suchen, wie in den Flughäfen, der Gastronomie oder der Altenpflege!
    Der sogenannte Personalmangel ist in Wahrheit das zugespitzte Ergebnis der jahrzehntelangen Sparpolitik von Unternehmen und Regierungen. Er ist das Ergebnis davon, dass über Jahre überall unzählige Arbeits- und Ausbildungsplätze vernichtet wurden – im Öffentlichen Dienst genauso wie in quasi allen Bereichen der privaten Wirtschaft.

    „Sozialverträglicher Stellenabbau“ haben sie das oft genannt. Wir sehen ja heute, wie sozialverträglich die Folgen dieser Arbeitsplatzvernichtung sind! Die Arbeit ist oft nur dann zu schaffen, wenn alle am Anschlag arbeiten, niemand krank oder in Urlaub ist und alles nach Plan läuft. Doch bei jedem kleinen Problem, einer Verzögerung in der Lieferkette oder auch nur eine Erkältungswelle, bricht das Kartenhaus zusammen.
    Ganz zu schweigen davon, dass sie die Arbeitsbedingungen und Löhne in einer Reihe Betriebe mittlerweile dermaßen verschlechtert haben, dass viele schnell wieder kündigen.

    Der Personalmangel ist also kein Schicksalsschlag, den man hinnehmen muss – sondern eine Politik der Herrschenden. Die Streiks in den Häfen und Kliniken sind die richtige Antwort darauf!
    An den Unikliniken in NRW fordern die Streikenden mehr Personal, um Mindestbesetzungen in allen Bereichen sicherzustellen. Und dafür haben sie sich zusammengesetzt und genau überlegt, wie viele Patienten eine Pflegekraft auf einer Intensivstation betreuen kann oder um wie viele Patienten sich eine Servicekraft oder eine Physiotherapeutin vernünftig kümmern kann. Niemand kann dies besser beurteilen als sie. Sie, die dort täglich arbeiten, wissen am besten, was gebraucht wird. Und deshalb sollten auch sie darüber entscheiden. Das gilt nicht nur in den Kliniken, sondern in allen Betrieben!

    Die Arbeitenden haben obendrein keine vom Rest der Bevölkerung getrennten Interessen. Nicht umsonst rufen sie in ihren Streiks: „Mehr von uns ist besser für alle!“ Nicht umsonst haben ihre Streiks so viel Sympathie bei der Bevölkerung. Wenn sie für ihre Interessen eintreten, kämpfen sie letztlich für alle.
    Die Interessen derjenigen aber, die heute das Sagen haben – die Kapitalisten – sind dazu diametral entgegengesetzt.

    Nehmen wir doch nur die Flughäfen. Hier haben die Konzerne die Pandemie genutzt, um zehntausende zu entlassen und nur einen Teil davon wieder einzustellen, oft zu schlechteren Bedingungen. Und das, obwohl sie Milliardenunterstützung und das gesamte Kurzarbeitergeld vom Staat bekommen haben. Das Ergebnis ist das heutige Chaos an den Flughäfen, unter dem Beschäftigte wie Fluggäste leiden – während die Lufthansa von dem so eingesparten Geld die größte italienische Fluggesellschaft aufkauft, um noch mehr Gewinn zu machen.

    Oder die Häfen. Hier stauen sich Schiffe und Container, obwohl viele Hafenarbeiter*innen bereits 50-60 Stunden die Woche arbeiten. Doch die Hafenbetreiber wollen noch mehr Stellen abbauen, nur um noch mehr Millionen für die Aktionäre einzusparen!
    Sie sparen weiter, obwohl sie damit sogar die Grundlagen ihrer eigenen Profitwirtschaft untergraben. Sie haben so viel Personal eingespart, dass 43.000 Container wochenlang stehen bleiben – und mit ihnen Fabriken, Baustellen und Werkstätten, die auf die Güter in diesen Containern warten.
    Sie haben so viel Personal eingespart, dass Flugzeuge am Boden bleiben oder Chemie-Anlagen heruntergefahren werden müssen. Sie haben so viele Fabriken und Lager aus Kostengründen geschlossen, dass die Produktion nicht mehr ohne ständige Verzögerungen bei den Lieferketten und Stillständen in den Betrieben abläuft.

    Und trotzdem sparen sie immer weiter. Denn es ist der einfachste Weg, um ihre Profite zu erhöhen. Die Absatzmärkte weltweit sind gesättigt. Sie verringern sich eher noch: Denn wie sollen die Menschen mehr kaufen, wenn sie weltweit immer ärmer werden?
    Die Kapitalisten können ihre Gewinne daher nicht mehr erhöhen, indem sie mehr produzieren. Sondern nur noch dadurch, dass sie alles Bestehende auspressen und aussaugen: die Arbeitenden, die Infrastruktur, die Staatskasse, die Krankenhäuser und Altenheime, ihre eigenen Fabrikanlagen und Betriebe . Und indem sie mit anderen Kapitalisten umso aggressiver um die verbleibenden Absatzmärkte kämpfen – mit all den Krisen, Handelskriegen und letztlich Kriegen, die dies hervorbringt.

    Das Großkapital kann damit leben, dass seine marode Wirtschaftsordnung immer weiter aus den Fugen gerät. Denn auch stockende Lieferketten, Chaos und Krieg sind für sie noch ausgezeichnete Gelegenheiten, sich zu bereichern. Deshalb werden sie weitermachen – solange, bis die arbeitende Klasse ihnen die Macht wegnimmt. Nur sie, deren persönliche Interessen im Einklang mit den Interessen der gesamten Menschheit stehen, kann der Welt eine andere Perspektive bieten.

  • Die NATO bereitet den Krieg vor

    Die NATO hat auf ihrem Gipfeltreffen entschieden, die Zahl der Soldaten, die innerhalb weniger Tage in den Krieg geschickt werden können, von 40.000 auf 300.000 zu erhöhen. Eine ganze Armee! Diese 300.000 sofort einsatzbereiten Soldaten sollen an der Grenze zu Russland stationiert werden: in den baltischen Staaten, Polen, Ungarn… Mehrere tausend Soldaten der Bundeswehr stehen bereits als Teil einer solchen Eingreiftruppe in Litauen, wo erst vor wenigen Wochen die Blockade russischer Züge durch die litauische Regierung beinahe eine ernste Krise ausgelöst hätte.
    Uns muss klar sein, was das bedeutet: Auch wenn die NATO seit Februar beständig wiederholt, dass sie sich nicht im Krieg gegen Russland befindet, so bereitet sie sich offen auf diesen Krieg vor. Bereiten wir uns darauf vor, da nicht mitzumachen!

  • Russland: Kaum ein Soldat heißt Putin

    Mindestens 1.500 russische Soldaten haben sich seit Mai geweigert, in den Ukraine-Krieg zu ziehen oder haben vor Ort Befehle verweigert, wenn sie auf Zivilisten schießen sollten. Und das, obwohl sie für diese Befehlsverweigerung für Jahre im Straflager enden. Andere russische Soldaten haben sich gegenseitig mit ukrainischen Patronen in die Beine geschossen, um nicht mehr kämpfen zu müssen. Und fast die Hälfte der Soldaten, die sich am Anfang für den Kriegseinsatz in der Ukraine verpflichtet hatte, hat ihren Einsatz nicht verlängert.

    Berichtet wird über all das jedoch nicht. Denn nicht nur Putin will diese Informationen lieber unter den Teppich kehren. Auch die US-Regierung erklärt mittlerweile offen, dass sie sich durchaus einen langen Krieg mit hohen materiellen und menschlichen Verlusten vorstellt. Denn ihr Ziel ist, ihren russischen Rivalen zu schwächen. Auch sie hat daher kein Interesse daran, dass sich russische und ukrainische Soldaten verbrüdern… und am Ende noch den Krieg ihrer Machthaber beenden.

  • Auch Massenmörder

    Die Welternährungsorganisation FAO hat bestätigt, dass es trotz des Krieges in der Ukraine und des Weizens, der dort feststeckt, keine Nahrungsmittelknappheit gibt. Dass trotzdem eine Hungerkrise droht, hat andere Gründe. Allen voran, dass nur fünf Konzerne – darunter drei aus den USA – den Welthandel mit Getreide in ihrer Hand halten. Und diese Konzerne halten mitten in Krieg und Krise gezielt Getreide zurück, um die Preise noch weiter in die Höhe zu treiben… die sich viele Ärmere nun nicht mehr leisten können.
    Mit ihrer Spekulation hungern fünf Konzerne heute ganz gezielt die ärmsten Teile der Weltbevölkerung aus!

  • Wem gehört der „ukrainische Weizen“?

    Viel ist in den letzten Wochen von dem „ukrainischen Weizen“ die Rede, der wegen des Krieges nicht exportiert und verkauf werden kann. Doch wem gehört dieser „ukrainische Weizen“ eigentlich?

    Bis 1990 waren die ukrainischen Weizenfelder Gemeinschafts- oder Staatseigentum. Und auch danach durften sie lange nicht an ausländische Unternehmen verkauft werden. Trotzdem haben es große westliche Agrar-Konzerne wie NCH Capital oder AgroGénération geschafft, über Umwege nach und nach hunderttausende Hektar des fruchtbarsten Bodens in der Ukraine zu pachten. Im Juli 2021 hat Präsident Selenski dann – gegen den Willen von 65% der Bevölkerung – ein Gesetz beschlossen, dass es westlichen Konzerne offiziell erlaubt, Land zu kaufen – und ihnen sogar ein Vorkaufsrecht auf die bereits gepachteten fruchtbaren Landstriche gibt. Seitdem ist der ukrainische Weizen in Wahrheit der Weizen großer westlicher Konzerne.

    Da versteht man gleich besser, warum es den westlichen Staatschefs so wichtig ist, das ukrainische Korn aus der Ukraine heraus zu schaffen und zu verhindern, dass es der russischen Armee in die Hände fällt. Nicht die Sorge vor Hungersnöten treibt sie um, sondern die Sorge, dass ihre Konzerne das Korn sonst nicht teuer im Ausland verkaufen können.

  • Abtreibungsrecht in den USA: Zurück in eine finstere Vergangenheit!

    Am 24. Juni hat der Oberste Gerichtshof der USA den Frauen das Recht auf Abtreibung geraubt, das Millionen Frauen vor 50 Jahren in jahrelangen, massiven Protesten erkämpft hatten.

    Von jetzt an können die Machthaber in jedem Bundesstaat willkürlich darüber entscheiden, ob Abtreibung legal bleibt. 26 Bundesstaaten, in denen die Republikanische Partei an der Regierung ist, haben sofort angekündigt, dass Abtreibungen bei ihnen nun verboten und damit eine Straftat werden.
    Millionen Frauen wird damit das elementare Recht genommen, selber über ihren Körper und ihr Leben zu entscheiden. Ganz zu schweigen davon, wie viele Frauen nun zu heimlichen Abtreibungen gezwungen werden, die nicht selten tödlich für sie enden.
    Und für die reaktionären Kräfte ist dies nur eine Etappe: nun haben sie das Recht auf Verhütung im Visier.

    Nur einen Tag vor diesem Urteil hat derselbe Oberste Gerichtshof das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit noch einmal erleichtert.
    Ja, diese reaktionären Kräfte nehmen sich das Recht, über den Körper der Frauen zu entscheiden – unter dem Vorwand, das ungeborene Leben zu schützen. Aber bereits geborene Menschen zu töten, ist für sie offensichtlich kein Problem!

    Was heute in den USA passiert, ist ein riesiger Rückschritt für alle Frauen, nicht nur in den USA. Denn was in der größten Weltmacht passiert, hat Auswirkungen auf die Entwicklungen überall.
    Es erinnert uns alle daran, wie schnell uns im Kapitalismus grundlegende Rechte wieder genommen werden können.
    Der Kapitalismus basiert auf Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Elend. Um zu herrschen, braucht er diese reaktionären Kräfte und Ideen – besonders in Krisenzeiten. Und diese werden immer wieder versuchen, uns all die Rechte wegzunehmen, die die Unterdrückten erkämpft haben.

    Wie bereits die Feministin Simone de Beauvoir sagte: „Vergesst nicht, es genügt eine politische, ökonomische oder religiöse Krise – und schon werden die Rechte der Frauen wieder infrage gestellt. Diese Rechte sind niemals gesichert. Bleibt wachsam, euer Leben lang.“

  • Flüchtlinge im Mittelmeer: Wer hilft, wird bestraft

    Vor einem Gericht in Italien hat der Prozess gegen mehrere Hilfsorganisationen und 21 Helfer*innen begonnen, die in Italien Flüchtlinge gerettet haben. Unter ihnen sind auch mehrere Deutsche. Bis 2017 retteten sie hunderte Menschen, die sonst im Mittelmeer ertrunken wären. Zum Dank ließ die italienische Regierung ihr Boot beschlagnahmen und hat sie jetzt… wegen Beihilfe zum Menschenhandel angeklagt – weil sie diejenigen gerettet haben, die von den Schleppern im Meer ausgesetzt wurden! Den 21 Helfer*innen drohen nun hohe Geldstrafen oder sogar Haftstrafen.

    Das Ziel dieses absurden Prozesses ist klar: Die italienische Regierung will alle, die Geflüchteten helfen wollen, einschüchtern und ihnen so viele Steine wie möglich in den Weg legen. Leider bereits mit Erfolg. Mittlerweile sind nur noch ein Bruchteil der Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer unterwegs. Dafür umso mehr Patrouillen der EU-Grenzpolizei Frontex, die mit einer halben Milliarden Euro jährlich finanziert wird, um die Geflüchteten von der Grenze weg und wieder in die Arme der Schlepper und Sklavenhändler in Libyen oder der Türkei zurück zu treiben… wenn sie nicht vorher ertrinken. Oder – wie vor wenigen Tagen an den spanisch-marokkanischen Stacheldraht-Grenzzäunen – von diesen Polizisten beschossen und zu Tode gehetzt werden.

  • Auch nach 9 Wochen: Die Arbeitenden an den Unikliniken streiken weiter!

    Der Streik für mehr Personal und Entlastung an den sechs Unikliniken in NRW geht weiter. Und nicht nur das. Seit einer Woche ist die Zahl der Streikenden in mehreren Kliniken wieder um fast ein Viertel gestiegen.
    Die wochenlange Hinhalte-Taktik der Klinikvorstände und ihr zweifacher Versuch, den Streik gerichtlich verbieten zu lassen, macht viele wirklich wütend. Das Kalkül von Vorständen und Landesregierung ist damit nach hinten losgegangen.

    Diese hatten außerdem geglaubt, sie könnten die Streikenden spalten, indem sie einem Teil (den Pflegekräften auf den Stationen) ein paar Brotkrumen anbieten, während sie den Arbeitenden im Service, der Physiotherapie, Küche, Kita und anderen Bereichen sagen: „Ihr bekommt gar nichts.“ Stattdessen haben 9 Wochen Streik hunderte Arbeitende, die sich vorher nicht kannten, die in verschiedenen Berufen oder verschiedenen Kliniken arbeiten, zusammengeschweißt.

    Vorstände und Regierung haben auch darauf gesetzt, dass sich die Stimmung in der Öffentlichkeit irgendwann gegen den Streik wendet. Sie haben eindeutig unterschätzt, wie viele Menschen bereits unter dem Personalmangel in den Krankenhäusern leiden mussten oder selber ähnliche Bedingungen auf der Arbeit haben – und daher die Streikenden aus vollem Herzen unterstützen. Selbst Patienten, deren Behandlungen oder Operationen wegen des Streiks verschoben werden mussten, ermutigen die Streikenden weiterzumachen.

    Den Streikenden ist dennoch klar, dass ihr Kampf an Grenzen stößt. Nur eine kleine Minderheit – zwischen 100 und 500 Beschäftigte pro Klinikum – streikt mit. Und auf der anderen Seite stehen Klinikvorstände und Landesregierung, die angesichts von Krise und Milliardenschulden um jeden Preis sparen wollen.

    Doch die Stärke der Streikenden ist, dass sie nicht locker lassen. Sie gehen in die Öffentlichkeit. Sie tauchen überall auf, wo Partei-Vertreter der neuen Landesregierung sich zusammenfinden – ob in den Stadträten, bei den Landesparteitagen oder der ersten Sitzung des Landtages, wo diese irgendwann zähneknirschend die vage Zusage gegeben haben, etwas Geld für die Streikenden
    herauszurücken.

    Auch sonst haben die Streikenden interessante Erfahrungen gesammelt. So haben sie den Vorstand der Essener Uniklinik und eine Woche später den Essener Stadtrat mit einem Besuch überrascht. Und beide haben sich ganz schnell eingeschlossen (!) und Polizei und Ordnungsamt zu ihrer Unterstützung geholt… weil es ihnen zu unangenehm ist, mit den Streikenden zu reden.

    Als die Streikenden am Düsseldorfer Landtag verschiedene Parteien zur Rede gestellt haben, hat ein FDP-Politiker aus Versehen ausgeplaudert, dass die Regierung ihnen auch deshalb nicht mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen gewähren könnte, weil das „unfair“ gegenüber den privaten Krankenhäusern (Sana, Helios usw.) wäre. Deren Personal würde dann ja vermehrt in die Unikliniken wechseln – wenn sie ihnen nicht ebenfalls bessere Bedingungen geben.

    Sprich: Die Regierung will auch deshalb keine besseren Bedingungen in den öffentlichen Krankenhäusern, damit auch die privaten Krankenhaus-Konzerne weiterhin so wenig Geld wie möglich für die Beschäftigten ausgeben und damit so viel Geld wie möglich den Aktionären zuschanzen können. Auch um deren Interessen zu verteidigen, stellen sich die Herrschenden also so hartnäckig gegen die Forderungen der Streikenden.

    Für die Arbeitenden der privaten Krankenhäuser eigentlich der richtige Moment, sich dem Kampf der Uniklinik-Beschäftigten anzuschließen.

  • Die Streikenden besuchen andere Betriebe

    Streikende vom Uniklinikum Essen gehen auch zu anderen Krankenhäusern, um ihren Streik bekannt zu machen und die Kolleg*innen zu ermuntern, den Kampf ebenfalls aufzunehmen. Ebenso besuchen sie andere Betriebe. So war eine Gruppe von ihnen bei der Druckerei Barthel, um die dortigen Arbeiter*innen zu unterstützen, die zum ersten Mal in ihrem Leben für einige Stunden gestreikt haben. Und den Stahlarbeiter*innen, die für mehr Lohn die Arbeit niedergelegt haben, überbrachten sie auf zwei Kundebungen folgende Botschaft:

    „Ihr wehrt euch dagegen, dass die Unternehmen die steigenden Preise komplett auf uns abwälzen. Ihr verlangt, dass die Inflation ausgeglichen wird, dass ihr höhere Löhne bekommt. Damit kämpft ihr Stahlarbeiter*innen auch für uns. (…) Und wir Klinik-Beschäftigte streiken umgekehrt auch für euch. Zum einen, weil jeder von euch irgendwann bei uns Patient sein kann. Doch auch, weil ja auch bei euch immer mehr gespart und Personal abgebaut wird. Weil auch bei euch immer weniger Kollegen die ganze Arbeit schaffen sollen. Weil auch bei euch die Arbeitsbedingungen immer schlechter werden. (…)
    Wir haben letztlich überall die gleichen Forderungen: Ausreichend und sichere Arbeitsplätze zu vernünftigen Arbeitsbedingungen, in denen wir bis zur Rente durchhalten können! Und Löhne, von denen wir alle vernünftig leben können. Und selbst wenn wir jetzt noch nicht zusammen für unsere Forderungen streiken: Zumindest können wir uns heute gegenseitig unterstützen.“

  • Ford Saarlouis und Valencia: Gemeinsam gegen die Angriffe der Bosse!

    Am 22. Juni haben 4.600 Arbeiter*innen von Ford Saarlouis (Saarland) – und mit ihnen 1.400 bei Subfirmen – erfahren, dass ihr Werk in drei Jahren wahrscheinlich geschlossen wird.

    Fast vier Jahre lang hat das Management sie gegen ihre Kolleg*innen im Ford-Werk in Valencia (Spanien) ausgespielt. Beiden haben sie gesagt: „Wer bis 2022 am kostengünstigsten produziert, der bekommt die neuen E-Auto-Modelle. Für den anderen Standort ist dann wahrscheinlich keine Arbeit mehr da.“
    Mit dieser Erpressung haben sie erreicht, dass die Arbeitenden in beiden Betrieben drastische Verschlechterungen hingenommen haben – in Saarlouis allein den Abbau von 2.500 Stellen und den Wegfall der Nachtschicht. Und die Betriebsräte haben dabei mitgeholfen. Auch sie haben die alte Lüge verbreitet, dass die Arbeitenden durch Verzicht, mehr Arbeit und Arbeitsplatzvernichtung… die übrigen Arbeitsplätze sichern würden. Als ob dies jemals funktioniert hätte!

    Am Ende sind alle Arbeiter*innen die Verlierer. In Valencia arbeiten sie nun zu noch schlechteren Bedingungen und mit noch weniger Leuten, also mit noch mehr Arbeitshetze als vorher. Und in Saarlouis verlieren tausende vielleicht bald ihren Arbeitsplatz. Der lachende Dritte sind die Bosse von Ford, deren Gewinne steigen.
    Die einzige Perspektive, die den Arbeitenden wirklich bei der Verteidigung ihrer Arbeitsplätze und -bedingungen helfen kann, ist der gemeinsame Kampf für den Erhalt aller Standorte und Arbeitsplätze und die Aufteilung der Arbeit unter Allen!

  • 42-Stunden-Woche: (K)ein Tippfehler

    Die Unternehmerverbände fordern zur Bekämpfung des „Personalmangels“ allen Ernstes die Einführung der 42-Stunden-Woche für alle Arbeitenden in Deutschland.
    Was für ein unglaublicher Zynismus! Da werden Millionen Arbeitende in Minijobs oder Teilzeit gezwungen – zu Löhnen, von denen sie nicht einmal ihre Miete, Strom und Essen bestreiten können. Da werden zahllose Arbeits- und Ausbildungsplätze abgebaut. Da können fast drei Millionen Menschen gar keine Arbeit finden.
    Und dann sagen die Kapitalisten den anderen, die in ihrem Vollzeitjob schon jetzt auf dem Zahnfleisch gehen: „Wir finden leider keine Arbeitskräfte, ihr müsst deshalb jetzt 42 Stunden die Woche arbeiten.“
    Im Interesse Aller (außer den Kapitalisten) ist genau das Gegenteil notwendig: Alle können weniger und kürzer arbeiten – wenn man die Arbeit auf viel mehr Schultern aufteilt!

  • Explodierende Armut – und explodierender Reichtum

    Die Armutsquote in Deutschland hat 2021 einen neuen Rekord gebrochen. 13,8 Millionen Menschen müssen hierzulande in Armut leben, 600.000 mehr als noch vor zwei Jahren. Einen neuen Rekord hat auch die Zahl derjenigen erreicht, die arbeiten gehen und trotzdem arm sind. Hinter diesen nackten Zahlen verbergen sich ein täglicher Kampf von Millionen Menschen; verbergen sich Sorgen beim Öffnen jedes Briefes (der eine Rechnung sein könnte), tägliches Abwägen im Supermarkt. Und nun, wo obendrein die Preise explodieren, bedeutet es für viele Stromsperrungen, Überschuldung…

    Gleichzeitig sind auch die Millionäre und Milliardäre in Deutschland erneut zahlreicher und reicher geworden. Allein die zehn reichsten Deutschen haben ihr Vermögen im letzten Jahr fast verdoppelt, von 135 auf 239 Milliarden Euro! Zu diesen 10 Reichsten gehören die Besitzer der deutschen Lebensmittelkonzerne, die Hauptaktionäre von BMW, ebenso zwei Anteilseigner von BioNTech. Durchschnittlich hat jeder von ihnen pro Tag (!) 30 Millionen Euro mehr auf dem Konto – mitten in Pandemie und Lieferketten-Problemen.
    Das sind die zwei Seiten der Medaille: Das Großkapital profitiert von Pandemie, Krieg und wirtschaftlichem Chaos – die Arbeitenden weltweit sind ihr Opfer.

  • Die Kapitalisten drehen an der Preis-Spirale, drehen wir an der Lohn-Spirale!

    Die Preise steigen weiter. Und was rät uns SPD-Kanzler Scholz? Wir sollen auf Lohnerhöhungen verzichten. Statt Lohnforderungen zu stellen, die die Inflation wirklich ausgleichen, sollen die Gewerkschaften uns seiner Ansicht nach mit Einmal-Zahlungen abspeisen. Scholz hat dafür seine „konzertierte Aktion“ ausgerufen und Unternehmerverbände und Gewerkschaften am 4. Juli zu sich eingeladen.

    Scholz kommt ernsthaft mit dem billigen, alten Argument, höhere Löhne würden zu höheren Preisen führen und man müsse eine „Lohn-Preis-Spirale“ verhindern. Was für ein schlechter Scherz in einer Zeit, in der die Unternehmer die Preise ständig weiter erhöhen, ohne dass unsere Löhne auch nur in Ansätzen so gestiegen wären.

    Und keiner weiß, wie stark und schnell die Preise in den kommenden Wochen und Monaten noch steigen werden. Allein die Heizkosten könnten durch die „Alarmstufe Gas“, die die Regierung gerade ausgerufen hat, bald noch einmal drastisch steigen. Wenn also die Gewerkschaften auf etwas verzichten sollten, dann darauf, Lohnerhöhungen für einen langen Zeitraum von anderthalb oder zwei Jahren zu vereinbaren. Was wir heute brauchen, ist eine Preis-Lohn-Spirale: Wenn die Preise jeden Monat steigen, müssen auch die Löhne jeden Monat mitsteigen!

  • Aus der Geschichte lernen: Die „konzertierte Aktion“ der 60er/70er Jahre

    Scholz will mit seinen Plänen an die „konzertierte Aktion“ von 1967 anknüpfen. Damals hatten Regierung, Unternehmerverbände und Gewerkschaften ein Bündnis geschlossen, angeblich um Unternehmen und Beschäftigte „gemeinsam“ durch die erste Krise nach dem ‚Wirtschaftswunder‘ zu führen. Genau wie heute bedeutete das in Wahrheit: Die Arbeitenden sollten verzichten, um die Profite der Unternehmen in der Krise zu sichern. Die Gewerkschaften machten mit und begnügten sich mit sehr niedrigen Lohnforderungen, teilweise von nur einem Prozent.

    Allerdings hat Scholz offensichtlich vergessen, wie die „konzertierte Aktion“ ausgegangen ist. Die Arbeitenden haben die „konzertierten“ Lohn-Abschlüsse von Gewerkschaften und Unternehmern irgendwann nicht mehr anerkannt und haben in einer Reihe Betriebe ohne Gewerkschaften zu streiken begonnen – was die Gewerkschaftsführung zum „Umdenken“ zwang und die Unternehmer dazu, 1969 und in den darauffolgenden Jahren Lohnerhöhungen von 10% und mehr zu akzeptieren.

  • Volkswagen: Angeklagt wegen Sklaverei

    Der VW-Konzern steht in Brasilien vor Gericht. Er hat unter der Militärdiktatur über tausend Tagelöhner für Rodungsarbeiten als Sklaven gehalten. Und zwar nicht vor 100 Jahren, sondern zwischen 1974 und 1986.

    Auf 2.000 Seiten dokumentieren Zeugenaussagen die unmenschliche Behandlung, die die Arbeiter*innen erlitten haben: Prügel, Terror, Vergewaltigungen, Kranke und Verletzte, denen jede Behandlung verweigert wurde und die noch mit vorgehaltener Waffe zur Arbeit gezwungen wurden… All das war Alltag.

    Alle Arbeiter*innen hatten sich für die „Arbeitsvermittlung“ bei den Handlangern des VW-Konzerns verschuldet. Zusätzlich mussten sie Wucherpreise für ihre Lebensmittel bezahlen, wodurch sie sich immer weiter verschuldeten. Und solange sie Schulden hatten, durften sie den Betrieb nicht verlassen.
    Wer trotzdem zu fliehen versuchte, wurde erschossen oder an Bäume gefesselt und tagelang geschlagen.

    Der damalige Manager Brügger kommentierte dies kürzlich nur lapidar mit dem Satz: „Wenn 1000 Leute auf einem Haufen sind, geht es nicht immer ganz zart zu.“

    Hier geben sich die Bosse der deutschen Konzerne gerne als Saubermänner und „Sozialpartner“. Doch sobald ein Regime sie lässt, kennen sie in ihrer Ausbeutung der Arbeiter*innen keine Grenzen.

  • Essen: Und wann schließt die letzte Geburtenklinik?

    In Essen hat das Krupp-Krankenhaus von heute auf morgen seine Geburtenklinik geschlossen – für immer. 750 Schwangere pro Jahr müssen jetzt eine andere Klinik finden. Doch es gibt nur noch zwei Krankenhäuser mit Kreißsaal in dieser Großstadt mit über 600.000 Einwohnern.
    Vor anderthalb Jahren nämlich wurde schon eine Geburtenklinik geschlossen. Seitdem mussten in den verbleibenden drei Kliniken immer wieder Frauen auf dem Zimmer gebären, weil im Kreißsaal kein Platz mehr war. Immer wieder wurden Schwangere von den Kliniken abgewiesen, weil diese keinen Platz oder kein Personal für weitere Geburten hatten. Und nun wird sich die Lage noch einmal massiv verschlechtern.

    In vielen anderen Gegenden Deutschlands sieht es nicht besser aus. Immer mehr Geburtenkliniken schließen, weil diese für die Krankenhausbetreiber schlicht nicht „profitabel“ sind. Und in den verbleibenden Kliniken sind die Arbeitsbedingungen so schlecht geworden, dass Hebammen reihenweise kündigen und der Betrieb dann ebenfalls eingestellt wird. In einem der reichsten Länder wird die Versorgung von Schwangeren so von Jahr zu Jahr schlechter – eine weitere verbrecherische Folge der Ausrichtung der Krankenhäuser auf Profit.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.