Leitartikel
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Häfen, Uni-Kliniken, Flughäfen: Nichts geht mehr!
Häfen, Flughäfen, Uni-Kliniken… In verschiedenen Betrieben protestieren Arbeitende derzeit gegen den Personalmangel und die irrsinnige Arbeitsüberlastung, die querbeet durch alle möglichen Branchen ein bislang nicht gekanntes Ausmaß angenommen haben.
Dieser Personalmangel ist kein Versehen oder die Folge der Pandemie. Personalmangel ist eigentlich sogar das falsche Wort. Denn es gibt keinen Mangel an Arbeitskräften. Wie viele Millionen suchen gleichzeitig eine Stelle, aber bekommen keine oder nur befristete Teilzeit- oder Minijobs – sogar in den Branchen, wo die Unternehmer angeblich händeringend Personal suchen, wie in den Flughäfen, der Gastronomie oder der Altenpflege!
Der sogenannte Personalmangel ist in Wahrheit das zugespitzte Ergebnis der jahrzehntelangen Sparpolitik von Unternehmen und Regierungen. Er ist das Ergebnis davon, dass über Jahre überall unzählige Arbeits- und Ausbildungsplätze vernichtet wurden – im Öffentlichen Dienst genauso wie in quasi allen Bereichen der privaten Wirtschaft.„Sozialverträglicher Stellenabbau“ haben sie das oft genannt. Wir sehen ja heute, wie sozialverträglich die Folgen dieser Arbeitsplatzvernichtung sind! Die Arbeit ist oft nur dann zu schaffen, wenn alle am Anschlag arbeiten, niemand krank oder in Urlaub ist und alles nach Plan läuft. Doch bei jedem kleinen Problem, einer Verzögerung in der Lieferkette oder auch nur eine Erkältungswelle, bricht das Kartenhaus zusammen.
Ganz zu schweigen davon, dass sie die Arbeitsbedingungen und Löhne in einer Reihe Betriebe mittlerweile dermaßen verschlechtert haben, dass viele schnell wieder kündigen.Der Personalmangel ist also kein Schicksalsschlag, den man hinnehmen muss – sondern eine Politik der Herrschenden. Die Streiks in den Häfen und Kliniken sind die richtige Antwort darauf!
An den Unikliniken in NRW fordern die Streikenden mehr Personal, um Mindestbesetzungen in allen Bereichen sicherzustellen. Und dafür haben sie sich zusammengesetzt und genau überlegt, wie viele Patienten eine Pflegekraft auf einer Intensivstation betreuen kann oder um wie viele Patienten sich eine Servicekraft oder eine Physiotherapeutin vernünftig kümmern kann. Niemand kann dies besser beurteilen als sie. Sie, die dort täglich arbeiten, wissen am besten, was gebraucht wird. Und deshalb sollten auch sie darüber entscheiden. Das gilt nicht nur in den Kliniken, sondern in allen Betrieben!Die Arbeitenden haben obendrein keine vom Rest der Bevölkerung getrennten Interessen. Nicht umsonst rufen sie in ihren Streiks: „Mehr von uns ist besser für alle!“ Nicht umsonst haben ihre Streiks so viel Sympathie bei der Bevölkerung. Wenn sie für ihre Interessen eintreten, kämpfen sie letztlich für alle.
Die Interessen derjenigen aber, die heute das Sagen haben – die Kapitalisten – sind dazu diametral entgegengesetzt.Nehmen wir doch nur die Flughäfen. Hier haben die Konzerne die Pandemie genutzt, um zehntausende zu entlassen und nur einen Teil davon wieder einzustellen, oft zu schlechteren Bedingungen. Und das, obwohl sie Milliardenunterstützung und das gesamte Kurzarbeitergeld vom Staat bekommen haben. Das Ergebnis ist das heutige Chaos an den Flughäfen, unter dem Beschäftigte wie Fluggäste leiden – während die Lufthansa von dem so eingesparten Geld die größte italienische Fluggesellschaft aufkauft, um noch mehr Gewinn zu machen.
Oder die Häfen. Hier stauen sich Schiffe und Container, obwohl viele Hafenarbeiter*innen bereits 50-60 Stunden die Woche arbeiten. Doch die Hafenbetreiber wollen noch mehr Stellen abbauen, nur um noch mehr Millionen für die Aktionäre einzusparen!
Sie sparen weiter, obwohl sie damit sogar die Grundlagen ihrer eigenen Profitwirtschaft untergraben. Sie haben so viel Personal eingespart, dass 43.000 Container wochenlang stehen bleiben – und mit ihnen Fabriken, Baustellen und Werkstätten, die auf die Güter in diesen Containern warten.
Sie haben so viel Personal eingespart, dass Flugzeuge am Boden bleiben oder Chemie-Anlagen heruntergefahren werden müssen. Sie haben so viele Fabriken und Lager aus Kostengründen geschlossen, dass die Produktion nicht mehr ohne ständige Verzögerungen bei den Lieferketten und Stillständen in den Betrieben abläuft.Und trotzdem sparen sie immer weiter. Denn es ist der einfachste Weg, um ihre Profite zu erhöhen. Die Absatzmärkte weltweit sind gesättigt. Sie verringern sich eher noch: Denn wie sollen die Menschen mehr kaufen, wenn sie weltweit immer ärmer werden?
Die Kapitalisten können ihre Gewinne daher nicht mehr erhöhen, indem sie mehr produzieren. Sondern nur noch dadurch, dass sie alles Bestehende auspressen und aussaugen: die Arbeitenden, die Infrastruktur, die Staatskasse, die Krankenhäuser und Altenheime, ihre eigenen Fabrikanlagen und Betriebe . Und indem sie mit anderen Kapitalisten umso aggressiver um die verbleibenden Absatzmärkte kämpfen – mit all den Krisen, Handelskriegen und letztlich Kriegen, die dies hervorbringt.Das Großkapital kann damit leben, dass seine marode Wirtschaftsordnung immer weiter aus den Fugen gerät. Denn auch stockende Lieferketten, Chaos und Krieg sind für sie noch ausgezeichnete Gelegenheiten, sich zu bereichern. Deshalb werden sie weitermachen – solange, bis die arbeitende Klasse ihnen die Macht wegnimmt. Nur sie, deren persönliche Interessen im Einklang mit den Interessen der gesamten Menschheit stehen, kann der Welt eine andere Perspektive bieten.
Internationales
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Die NATO bereitet den Krieg vor
Die NATO hat auf ihrem Gipfeltreffen entschieden, die Zahl der Soldaten, die innerhalb weniger Tage in den Krieg geschickt werden können, von 40.000 auf 300.000 zu erhöhen. Eine ganze Armee! Diese 300.000 sofort einsatzbereiten Soldaten sollen an der Grenze zu Russland stationiert werden: in den baltischen Staaten, Polen, Ungarn… Mehrere tausend Soldaten der Bundeswehr stehen bereits als Teil einer solchen Eingreiftruppe in Litauen, wo erst vor wenigen Wochen die Blockade russischer Züge durch die litauische Regierung beinahe eine ernste Krise ausgelöst hätte.
Uns muss klar sein, was das bedeutet: Auch wenn die NATO seit Februar beständig wiederholt, dass sie sich nicht im Krieg gegen Russland befindet, so bereitet sie sich offen auf diesen Krieg vor. Bereiten wir uns darauf vor, da nicht mitzumachen! -
Russland: Kaum ein Soldat heißt Putin
Mindestens 1.500 russische Soldaten haben sich seit Mai geweigert, in den Ukraine-Krieg zu ziehen oder haben vor Ort Befehle verweigert, wenn sie auf Zivilisten schießen sollten. Und das, obwohl sie für diese Befehlsverweigerung für Jahre im Straflager enden. Andere russische Soldaten haben sich gegenseitig mit ukrainischen Patronen in die Beine geschossen, um nicht mehr kämpfen zu müssen. Und fast die Hälfte der Soldaten, die sich am Anfang für den Kriegseinsatz in der Ukraine verpflichtet hatte, hat ihren Einsatz nicht verlängert.
Berichtet wird über all das jedoch nicht. Denn nicht nur Putin will diese Informationen lieber unter den Teppich kehren. Auch die US-Regierung erklärt mittlerweile offen, dass sie sich durchaus einen langen Krieg mit hohen materiellen und menschlichen Verlusten vorstellt. Denn ihr Ziel ist, ihren russischen Rivalen zu schwächen. Auch sie hat daher kein Interesse daran, dass sich russische und ukrainische Soldaten verbrüdern… und am Ende noch den Krieg ihrer Machthaber beenden.
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Auch Massenmörder
Die Welternährungsorganisation FAO hat bestätigt, dass es trotz des Krieges in der Ukraine und des Weizens, der dort feststeckt, keine Nahrungsmittelknappheit gibt. Dass trotzdem eine Hungerkrise droht, hat andere Gründe. Allen voran, dass nur fünf Konzerne – darunter drei aus den USA – den Welthandel mit Getreide in ihrer Hand halten. Und diese Konzerne halten mitten in Krieg und Krise gezielt Getreide zurück, um die Preise noch weiter in die Höhe zu treiben… die sich viele Ärmere nun nicht mehr leisten können.
Mit ihrer Spekulation hungern fünf Konzerne heute ganz gezielt die ärmsten Teile der Weltbevölkerung aus! -
Wem gehört der „ukrainische Weizen“?
Viel ist in den letzten Wochen von dem „ukrainischen Weizen“ die Rede, der wegen des Krieges nicht exportiert und verkauf werden kann. Doch wem gehört dieser „ukrainische Weizen“ eigentlich?
Bis 1990 waren die ukrainischen Weizenfelder Gemeinschafts- oder Staatseigentum. Und auch danach durften sie lange nicht an ausländische Unternehmen verkauft werden. Trotzdem haben es große westliche Agrar-Konzerne wie NCH Capital oder AgroGénération geschafft, über Umwege nach und nach hunderttausende Hektar des fruchtbarsten Bodens in der Ukraine zu pachten. Im Juli 2021 hat Präsident Selenski dann – gegen den Willen von 65% der Bevölkerung – ein Gesetz beschlossen, dass es westlichen Konzerne offiziell erlaubt, Land zu kaufen – und ihnen sogar ein Vorkaufsrecht auf die bereits gepachteten fruchtbaren Landstriche gibt. Seitdem ist der ukrainische Weizen in Wahrheit der Weizen großer westlicher Konzerne.
Da versteht man gleich besser, warum es den westlichen Staatschefs so wichtig ist, das ukrainische Korn aus der Ukraine heraus zu schaffen und zu verhindern, dass es der russischen Armee in die Hände fällt. Nicht die Sorge vor Hungersnöten treibt sie um, sondern die Sorge, dass ihre Konzerne das Korn sonst nicht teuer im Ausland verkaufen können.
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Abtreibungsrecht in den USA: Zurück in eine finstere Vergangenheit!
Am 24. Juni hat der Oberste Gerichtshof der USA den Frauen das Recht auf Abtreibung geraubt, das Millionen Frauen vor 50 Jahren in jahrelangen, massiven Protesten erkämpft hatten.
Von jetzt an können die Machthaber in jedem Bundesstaat willkürlich darüber entscheiden, ob Abtreibung legal bleibt. 26 Bundesstaaten, in denen die Republikanische Partei an der Regierung ist, haben sofort angekündigt, dass Abtreibungen bei ihnen nun verboten und damit eine Straftat werden.
Millionen Frauen wird damit das elementare Recht genommen, selber über ihren Körper und ihr Leben zu entscheiden. Ganz zu schweigen davon, wie viele Frauen nun zu heimlichen Abtreibungen gezwungen werden, die nicht selten tödlich für sie enden.
Und für die reaktionären Kräfte ist dies nur eine Etappe: nun haben sie das Recht auf Verhütung im Visier.Nur einen Tag vor diesem Urteil hat derselbe Oberste Gerichtshof das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit noch einmal erleichtert.
Ja, diese reaktionären Kräfte nehmen sich das Recht, über den Körper der Frauen zu entscheiden – unter dem Vorwand, das ungeborene Leben zu schützen. Aber bereits geborene Menschen zu töten, ist für sie offensichtlich kein Problem!Was heute in den USA passiert, ist ein riesiger Rückschritt für alle Frauen, nicht nur in den USA. Denn was in der größten Weltmacht passiert, hat Auswirkungen auf die Entwicklungen überall.
Es erinnert uns alle daran, wie schnell uns im Kapitalismus grundlegende Rechte wieder genommen werden können.
Der Kapitalismus basiert auf Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Elend. Um zu herrschen, braucht er diese reaktionären Kräfte und Ideen – besonders in Krisenzeiten. Und diese werden immer wieder versuchen, uns all die Rechte wegzunehmen, die die Unterdrückten erkämpft haben.Wie bereits die Feministin Simone de Beauvoir sagte: „Vergesst nicht, es genügt eine politische, ökonomische oder religiöse Krise – und schon werden die Rechte der Frauen wieder infrage gestellt. Diese Rechte sind niemals gesichert. Bleibt wachsam, euer Leben lang.“
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Flüchtlinge im Mittelmeer: Wer hilft, wird bestraft
Vor einem Gericht in Italien hat der Prozess gegen mehrere Hilfsorganisationen und 21 Helfer*innen begonnen, die in Italien Flüchtlinge gerettet haben. Unter ihnen sind auch mehrere Deutsche. Bis 2017 retteten sie hunderte Menschen, die sonst im Mittelmeer ertrunken wären. Zum Dank ließ die italienische Regierung ihr Boot beschlagnahmen und hat sie jetzt… wegen Beihilfe zum Menschenhandel angeklagt – weil sie diejenigen gerettet haben, die von den Schleppern im Meer ausgesetzt wurden! Den 21 Helfer*innen drohen nun hohe Geldstrafen oder sogar Haftstrafen.
Das Ziel dieses absurden Prozesses ist klar: Die italienische Regierung will alle, die Geflüchteten helfen wollen, einschüchtern und ihnen so viele Steine wie möglich in den Weg legen. Leider bereits mit Erfolg. Mittlerweile sind nur noch ein Bruchteil der Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer unterwegs. Dafür umso mehr Patrouillen der EU-Grenzpolizei Frontex, die mit einer halben Milliarden Euro jährlich finanziert wird, um die Geflüchteten von der Grenze weg und wieder in die Arme der Schlepper und Sklavenhändler in Libyen oder der Türkei zurück zu treiben… wenn sie nicht vorher ertrinken. Oder – wie vor wenigen Tagen an den spanisch-marokkanischen Stacheldraht-Grenzzäunen – von diesen Polizisten beschossen und zu Tode gehetzt werden.