Leitartikel
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Beschäftigte und Patienten in Pflegeheimen – Opfer der Profitgier privater Konzerne
Corona hat die schier unmenschliche Belastung auf die Spitze getrieben, unter der die Beschäftigten in den Pflegeheimen wegen des extremen Personalmangels arbeiten müssen.
Sie kriegen erst kurz vor Monatsbeginn ihren Schichtplan, und der wird dann noch ständig umgeworfen. Sie wechseln spontan mitten in der Woche von Spät- auf Frühschicht, springen an freien Tagen für kranke Kollegen ein. Auf der Arbeit herrscht Dauerstress. All das für Löhne, die kaum bis zum Monatsende reichen!
Am schlimmsten sind die Zustände in den kommerziellen Pflegeheimen. Fast die Hälfte aller Pflegeheime gehört mittlerweile solchen kommerziellen Unternehmen, die mit den Heimen Gewinn machen wollen – unter anderem dadurch, dass sie ihre Beschäftigten ohne jeden Tarifvertrag zu Niedriglöhnen ausbeuten.
Mit Schichtdienst 7 Tage die Woche, tags wie nachts, verdient eine Pflegehelferin hier inklusive aller Zulagen im Schnitt nur 1.500 Euro netto – in Ostdeutschland sogar noch mal mehrere hundert Euro weniger. Und selbst das nur, wenn sie überhaupt eine Vollzeitstelle bekommt. Denn obwohl es an Pflegekräften mangelt, bekommt ein ganzer Teil von ihnen nur Teilzeitverträge.
Ganz zu schweigen von all denen, die in den Heimen putzen, Essen zubereiten oder Freizeitangebote betreuen, und die fast alle weniger als HartzIV verdienen.Angesichts der wachsenden Empörung darüber haben CDU und SPD kurz vor der Bundestagswahl angekündigt, dass sie zumindest die schlimmsten Auswüchse bei den Löhnen beseitigen wollen. Doch selbst das stimmt nicht. Denn ihre neue „Pflegereform“ legt nur fest, dass es in allen Pflegeheimen künftig einen Tariflohn geben soll. Wie hoch der Lohn sein muss, ist aber völlig offen.
Die privaten Pflegeheime können also auch in Zukunft dieselben Niedriglöhne zahlen wie jetzt. Sie müssen sie nur in einen Tarifvertrag schreiben.Ihr Pflegegesetz ist ein weiterer Beweis, dass wir Arbeitenden von den Politikern freiwillig nichts bekommen werden. Für jede auch noch so kleine Verbesserung müssen wir selber kämpfen!
Selbst wenn die Politiker ihren Gesetzen einen „sozialen“ Anstrich geben, schützen sie in Wahrheit die Interessen der Kapitalisten. Und die wollen sich das gute Geschäft mit den Pflegeheimen nicht vermasseln lassen.
In diesem kranken System nämlich ist die Versorgung hilfebedürftiger Menschen ein „Markt“ geworden – und zwar einer, der aufgrund der steigenden Lebenserwartung immer weiter wächst. Viele Kapitalisten haben uns, unsere Eltern und Großeltern als „Kapitalanla-ge“ entdeckt: mit einer Profitmarge, die fast so hoch ist wie in der Autoindustrie!
Die zwei größten privaten Pflegeheimbetreiber, beides Aktiengesellschaften, sind ein Musterbeispiel hierfür. Da ist die Korian-Gruppe, die in den letzten Jahren zig Pflegeheime aufgekauft hat und damit wirbt, ihren Aktionären wachsende Gewinnmargen zu bescheren. Und die Alloheim Seniorenresidenzen, die seit vier Jahren einem Investmentfonds gehören, dessen erklärtes Ziel es ist, Pflegeheime durch „Rationalisie-rungsmaßnahmen“ für Anleger profitabel zu machen.
Es gibt aber nur einen Weg, Profite mit Pflegeheimen zu machen: Indem man einen Teil des mickrigen Budgets von Staat und Pflegekassen sowie des Geldes, das die Familien zahlen müssen, nicht für die Pflegedürftigen benutzt, sondern es auf die Konten der Aktionäre überweist.
Dieses Budget reicht schon in den gemeinnützigen Einrichtungen von Diakonie oder AWO absolut nicht. Doch wenn man davon auch noch einen Teil abzweigt, um es den Kapitalisten zu schenken, hat es katastrophale Folgen.Es bedeutet, dass die privaten Pflegeheime gnadenlos sparen. An der Zahl der Beschäftigten. An den Löhnen. Am Essen. An den Freizeitangeboten für die Bewohner. An Allem.
Es bedeutet, dass extrem unterbezahlte Beschäftigte den ganzen Tag wie am Fließband arbeiten und kaum Zeit für ein nettes Wort, geschweige denn eine Unterhaltung haben. Dass die Bewohner isoliert dahinvegetieren. Dass teilweise nicht einmal genug Material und Zeit für einfache Hygienemaßnahmen da ist.
Und eben weil die herrschenden Parteien den Kapitalisten alle Möglichkeiten lassen wollen, Profit zu machen, sind sie nicht bereit, an diesen unmenschlichen Zuständen irgendwas zu ändern.
Es ist eine Schande, wie Menschen hier im Alter leben müssen, nachdem sie Jahrzehnte gearbeitet und unsere Generationen großgezogen haben!
Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Wir hätten alle Möglichkeiten, um der älteren Generation ein Leben in Würde, mit Respekt und menschlicher Zuwendung zu ermöglichen. Ein Leben, in dem es abwechslungsreiche, anregende Aktivitäten in und außerhalb der Pflegeheime gibt. Ein Leben, das nicht isoliert vom Rest der Gesellschaft stattfindet.
Doch im Kapitalismus, in dem alles auf Profit ausgerichtet ist, ist dies nicht möglich. In ihm sind wir nur Werkzeuge, die den Kapitalisten dazu dienen, sich zu bereichern. Damit wir als Menschen zählen, müssen wir die Gesellschaft grundlegend anders organisieren. Und zwar so, dass Wirtschaft und Reichtum dem obersten Ziel dienen, allen Menschen ein würdiges Leben zu sichern.
Internationales
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Namibia: Die deutsche Kolonisierung und der Völkermord haben Folgen… bis heute
Endlich – nach 110 Jahren hartnäckiger Weigerung – hat die deutsche Regierung die Vernichtung der Herero und Nama in der ehemaligen deutschen Kolonie Namibia als das anerkannt, was es war: Völkermord.
1884 besetzte der deutsche Imperialismus das Gebiet des heutigen Namibia und machte es zu seiner Kolonie. Die einheimische schwarze Bevölkerung wurde zu Menschen zweiter Klasse erklärt, ohne jegliche Rechte. 15.000 weiße Siedler, hauptsächlich Deutsche, kamen und nahmen sich einfach das gesamte fruchtbare Land. Die Stämme, die vorher auf diesem Land lebten, wurden vom Militär brutal verjagt. Die Farmen, die die weißen Siedler gründeten, raubten außerdem den nomadischen Hirtenvölkern das lebenswichtige Weideland für ihre Tiere.
Zwei dieser Völker, die Herero und die Nama, begannen 1904, sich gegen ihre Unterdrückung und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage durch die deutsche Kolonialherrschaft zu wehren. Sie belagerten Militärstationen, blockierten Bahnlinien und überfielen Handelsniederlassungen. Und anfangs waren sie den überraschten Kolonialtruppen weit überlegen.
Doch dann schickte das Deutsche Reich 15.000 Soldaten nach Namibia, um die Revolte der unterdrückten Völker mit aller Gewalt niederzuschlagen. Der Generalleutnant, der das Kommando führte, gab den Befehl, alle Angehörigen der aufständischen Völker umzubringen: Männer, Frauen und Kinder. Und genau das passierte. Als es den deutschen Truppen gelang, große Teile der Aufständischen gefangen zu nehmen, wurden Zehntausende jeden Alters und Geschlechts erschossen oder zum Sterben in Konzentrationslager gesteckt.
Einem Teil der Herero gelang es, in die Wüste zu fliehen. Doch die deutschen Truppen umzingelten sie mit einem 250 Kilometer langen Absperrgürtel, vergifteten das Trinkwasser der wenigen Wasserstellen und warteten, bis alle Herero verdurstet oder verhungert waren.65.000 der insgesamt 80.000 Herero und die Hälfte der 20.000 Nama wurden innerhalb von vier Jahren umgebracht. Das Deutsche Reich war bereit, zwei ganze Völker auszurotten, um für längere Zeit jeden Widerstand gegen ihre imperialistische Ausbeutung Namibias zu ersticken.
Jahrzehnte haben deren Nachfahren dafür gekämpft, dass die deutsche Regierung zugibt, dass dies Völkermord war. Es ist ein moralischer Sieg für sie, dass dies nach 110 Jahren endlich geschieht und die deutsche Regierung eine kleine symbolische Entschädigungssumme von 1,1 Milliarden Euro zahlt.
Doch ihre imperialistische Unterdrückung geht weiter. Die Nachfahren der Herero und Nama leben wie die große Mehrheit der schwarzen Bevölkerung in Namibia noch immer als Menschen zweiter Klasse. 70% des Farmlandes ist noch immer in Händen weißer Farmer, darunter nicht wenige Nachfahren deutscher Kolonisten – während die Schwarzen, die 95% der Bevölkerung ausmachen, zu Armut verdammt sind.
Auch von dem Reichtum an Bodenschätzen (Diamanten, Gold, Uran), die die schwarzen Arbeiter unter extrem gefährlichen Bedingungen abbauen, profitieren neben einer kleinen einheimischen Elite vor allem die westlichen Firmen in Europa und Australien.Ihre Ausbeutung und Unterdrückung wird erst mit dem Sturz der imperialistischen, kapitalistischen Weltordnung ein Ende haben.
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Kolumbien: eine Revolte, die seit über zwei Monaten nicht an Kraft verliert
Seit dem 28. April finden in Kolumbien ununterbrochen Demonstrationen und Streiks gegen die wachsende Armut und die brutale Politik des rechten Präsidenten Ivan Duque statt.
Die Ankündigung der Regierung, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu erhöhen und von den ärmsten Arbeitenden mehr Einkommenssteuer zu verlangen, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Seitdem breiten sich die Proteste im ganzen Land aus. Angesichts ihres Ausmaßes zog die Regierung die Steuerreform schnell wieder zurück, ebenso geplante Angriffe auf das Gesundheitswesen. Doch da war es schon zu spät. Längst geht es den Demonstranten und Streikenden um viel mehr.
Sie fordern ernsthafte Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut, in der die Hälfte der Bevölkerung leben muss. Sie fordern kostenlose Hochschulbildung, bessere öffentliche Dienstleistungen, bessere Arbeitsbedingungen und Renten.Präsident Duque versucht, die Proteste mit brutalen Mitteln zu ersticken. Seit Beginn der Revolte hat die Polizei bereits über 60 Menschen getötet, hat hunderte verprügelt, verhaftet oder „ver-schwinden“ lassen. Hinzu kommen paramilitärische Gruppen, „private“ bewaffnete Banden, die einzelne Demonstranten öffentlich hinrichten – mit dem Ziel, die protestierende Bevölkerung einzuschüchtern und zu terrorisieren.
Bislang ohne Erfolg. Stattdessen haben
die Demonstranten ihrerseits in verschiedenen Teilen des Lande Straßensperren errichtet, um sich gegen die bewaffneten Einheiten zu wehren.Auch der Versuch des Präsidenten Duque, die Bevölkerung der Stadt Cali – dem Herzen des Aufstandes – zum Schweigen zu bringen, indem er tausend Soldaten in die Stadt einmarschieren ließ, bewirkte das Gegenteil: Landesweit antworteten die Menschen mit weiteren Demonstrationen und Streiks.
Angesichts dieser Staatsmacht, die auf die dringenden Sorgen der Bevölkerung und insbesondere der jungen Generation einzig mit Verachtung und Gewalt antwortet, haben die Protestierenden nicht vor, klein beizugeben.