Das rote Tuch – Nr. 136

  • Öffentlicher Dienst: Verantwortungsbewusst sind diejenigen, die streiken!

    Beunruhigend schnell ist jüngst die Zahl derjenigen gestiegen, die an Covid erkranken. Doch glaubt man Regierung und Medien, dann wären daran einzig private Feiern und die „Verantwortungs-losigkeit Einzelner“ Schuld.
    Kein Wort darüber, dass es auf Schlachthöfen weiterhin fast wöchentlich Ausbrüche gibt, zum Teil mit hundert infizierten Arbeitern. Dass sich in Betrieben immer wieder ganze Gruppen von Arbeitenden anstecken. Und dass die meisten Infizierten in den ärmeren Stadtteilen leben: Wo viele eng zusammenleben. Und wo viele unter ungeschützten Verhältnissen arbeiten und keine andere Wahl haben, als in überfüllten Bussen zur Arbeit zu fahren.  

    Sie reden nur über unser Privatleben, das in den Augen der Bosse sowieso unwichtig ist. Unser soziales Leben, dass wir Familie und Freunde treffen, all das ist gefährlich. Aber dass wir (für ihre Profite) eng zusammen arbeiten und in vollen Bussen und Bahnen zur Arbeit fahren, das ist völlig in Ordnung.  

    Ähnlich bei den Schulen. Da wirft die Regierung den Jugendlichen vor, in ihrer Freizeit leichtsinnig zu sein. Aber sie selber zwingt die Jugendlichen täglich, alle Abstands- und Hygieneregeln zu brechen, indem sie sie den ganzen Tag mit 30 Leuten in kleine Klassenräume pfercht!

    Zahlreiche Schüler und Lehrkräfte haben sich infiziert, zehntausende mussten in Quarantäne – eine heftige Belastung für Familien und Schulen. Und warum? Weil die Regierung nichts unternommen hat, um zusätzliches Betreuungspersonal einzustellen und zusätzliche Räume für die Schulen in Beschlag zu nehmen. Und vor allem natürlich, weil die Schulen schon seit Jahren kaputtgespart werden, genau wie so viele andere Bereiche des Öffentlichen Dienstes.
    Schon in „normalen“ Zeiten ist der Mangel an Personal und Ausstattung hier unerträglich. Doch in Ausnahmesituationen wie jetzt geht es gar nicht mehr.
    Viele Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes sind in den letzten Wochen auf die Straße gegangen. Allein in NRW haben über 50.000 gestreikt: für ihre Forderung nach 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr Lohn im Monat – und für mehr Personal.

    Die Regierenden haben versucht, Stimmung gegen die Streikenden zu machen: Sie haben sie sogar als „verantwortungslose Egoisten“ beschimpft, die der Bevölkerung in diesen schweren Zeiten Streiks „aufbürden“ würden!
    Während der ersten Welle der Pandemie hatten dieselben Regierenden die Busfahrer und Pflegekräfte hochgelobt, weil sie alles am Laufen gehalten haben – mit viel Engagement und Risiken für ihre Gesundheit. Aber wenn dieselben Arbeitenden fordern, dass sie für ihre wichtige Arbeit Löhne bekommen, von denen sie korrekt leben können und genug Personal, um die Arbeit vernünftig erledigen zu können, dann sind sie „verantwortungslose Egoisten“?

    Arrogant haben die Regierenden den Streikenden erklärt, sie sollten doch froh sein, in der jetzigen Zeit überhaupt ihre Arbeit zu behalten. Und dass wegen der Krise „kein Geld“ für höhere Löhne da wäre. Doch die Streikenden haben gesehen, wie die Regierung gerade hunderte Milliarden Euro für die Bosse von Lufthansa, Adidas, BMW, Deutsche Bank und Co. aus dem Hut gezaubert hat. Für die reichsten Kapitalisten ist Geld wie Heu da – aber für Löhne und Arbeitsplätze nicht?

    Unabhängig davon, wie die Auseinandersetzung enden wird, haben die Arbeitenden des Öffentlichen Dienstes schon jetzt einen Sieg errungen, und zwar für uns alle: Sie haben allen gezeigt, dass wir Arbeitenden nicht einfach hinnehmen müssen, dass alle Folgen der Krise auf uns abgewälzt werden. Dass wir unsere Interessen verteidigen müssen und können!
    Denn nein, es ist kein unvermeidbares Schicksal, dass hunderttausende Arbeitende in der Krise ohne Arbeit dastehen und in die Armut rutschen. Es ist kein Naturgesetz, dass wir wegen der Krise auf Lohn verzichten müssen – und auch nicht auf Lohnerhöhungen, die wir allein schon brauchen, um die jährlich steigenden Preise auszugleichen.

    Von den Reichtümern, die die Kapitalisten angehäuft haben, könnte man problemlos alle Arbeitsplätze und Löhne sichern und zusätzliche Stellen im Öffentlichen Dienst schaffen. Allein die drei reichsten Familien hier (die Besitzer von Lidl, die Chemie-Unternehmerfamilie Reimann und die Familie von W. Porsche) besitzen über 80 Milliarden Euro. Und das sind nur drei Familien!
    Doch das Gegenteil passiert: Die größten Kapitalisten vergrößern ihr Vermögen in der Krise sogar noch – indem sie die Krise und ihre Folgen für uns alle noch schlimmer machen!

    Das Verhalten der Kapitalisten, das auf der Profitlogik beruht, kann man mit Fug und Recht als verantwortungslos und egoistisch bezeichnen. Wir Arbeitenden hingegen handeln auch im Interesse der Allgemeinheit, wenn wir für unsere Arbeitsplätze und Löhne kämpfen.

    Die Arbeiter bei Continental und Daimler, die mit massiven Warnstreiks gegen die Entlassung tausender Arbeitender und die Schließung ganzer Werke protestiert haben, kämpfen auch im Interesse aller Subfirmen und vieler kleiner Ladenbesitzer der Gegend. Die Streikenden des Öffentlichen Dienstes kämpfen auch im Interesse der gesamten einfachen Bevölkerung, die auf Kliniken, Kitas und Nahverkehr angewiesen ist.
    Ja, anders als die Kapitalisten vertreten die Arbeitenden in ihren Kämpfen die Interessen der großen Mehrheit. Und eben deshalb kann nur die arbeitende Klasse – wenn sie sich in größerem Maßstab zu kämpfen entschließt – für die ganze Gesellschaft eine andere Perspektive eröffnen: die einer Gesellschaftsordnung, in der die Allgemeinheit und ihre Interessen in der Wirtschaft entscheiden.

  •  Islamistischer Anschlag in Frankreich: Der Kapitalismus (in der Krise) erzeugt wachsende Barbarei

    Am Freitag, den 16. Oktober, hat ein 18jähriger in Conflans (Frankreich) einen Geschichtslehrer hingerichtet: Er hat ihm den Kopf abgeschlagen, weil er in seinem Unterricht über Meinungsfreiheit eine Mohammed-Karikatur gezeigt hatte. Es waren dieselben Karikaturen, die vor fünf Jahren der Anlass für den islamistischen Terroranschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo gewesen waren.

    Der junge Mann hat die Tat begangen: Doch seine Hand geführt und ihn bewaffnet haben islamistische Kreise, mit denen er in Kontakt stand und die in den Tagen zuvor bereits eine widerwärtige Hetzkampagne gegen den Lehrer in den sozialen Netzwerken veranstaltet hatten.

    Diesen militanten Islamisten geht es nicht nur darum, was in der Schule unterrichtet wird. Sie versuchen mit solchen terroristischen Einschüchterungsmethoden, allen ihre Moral aufzuzwingen – und zwar allen voran den Muslimen selber.

    Ja, hauptsächlich richtet sich der Druck der Islamisten gegen die Muslime. Mit Überwachung versuchen sie das Leben der Muslime zu kontrollieren und sie zu zwingen, nach ihren Regeln zu leben. Sie drohen Muslimen, die sich nicht an den Ramadan halten, Alkohol trinken oder kein Kopftuch tragen. Und allen, die sich dem nicht beugen wollen, senden sie mit solchen grausamen Attentaten die Botschaft: „Seht her, das passiert mit denen, die sich uns offen widersetzen.“

    Es sind ähnliche Ziele und Methoden, wie sie die rechtsradikalen Gruppen haben. Diese verüben Brandanschläge, schlagen Leute zusammen und ermorden Menschen, einfach weil diese sich ihren nationalistischen und fremdenfeindlichen Ansichten entgegenstellen. Und auch hier gibt es die Brandstifter, die mit Hetze insbesondere in den sozialen Netzwerken das Feuer legen.

    Denken wir nur an den Politiker Lübke, der es ‚gewagt‘ hatte, in einer Bürgerversammlung in Hessen Pegida-Anhängern offen entgegenzutreten – und der dafür von einem Rechtsradikalen mit einem Kopfschuss hingerichtet wurde, nachdem die AfD und ihre Anhänger zuvor monatelang in den sozialen Netzwerken gegen ihn gehetzt hatten. Und erinnern wir uns daran, wie die AfD versucht hat, im Internet ein Portal einzurichten, wo Schüler ihre Lehrkräfte öffentlich mit Namen und Schule denunzieren sollten, wenn diese Lehrkräfte zum Beispiel schlecht über die AfD geredet hatten.

    Ja, die Rechtsradikalen und die Islamisten sind Zwillinge. Die einen benutzen Nationalismus und die Angst vor Migranten, die anderen die Religion, aber beide mit demselben Ziel: Sie wollen diejenigen beherrschen, die sie für ihre „Glaubensgemeinschaft“, beziehungsweise „Volksgemeinschaft“ halten. Beide sind Todfeinde der Arbeiterinnen und Arbeiter – bereit, für ihre Machtansprüche einen Graben aus Hass und Blut unter uns Arbeitenden zu schaffen. Und beide verstärken sich gegenseitig!

    In Frankreich haben nicht nur die Rechtsextremen schon am Tag nach dem islamistischen Anschlag eine Kampagne gegen Flüchtlinge und Muslime begonnen, die sie quasi alle mit islamistischen Terroristen gleichsetzen. Auch die Reden der meisten anderen Parteien waren nicht viel besser, ebenso die Stellungnahmen und ersten Maßnahmen der französischen Regierung. Durch eine solche Politik können sich nur noch mehr muslimische Jugendliche als Ausgestoßene, als Fremde im eigenen Land fühlen. Was keinen weiteren Anschlag verhindern wird, sondern einzig einige weitere Jugendliche in die Arme der Islamisten treiben könnte.

    Das Erstarken all dieser reaktionären Kräfte – die rechtsradikalen wie die islamistischen – hat ihre Ursachen in der seit Jahren schlimmer werdenden kapitalistischen Krise: in der Arbeitslosigkeit und Armut, die sie hervorruft.
    Die reaktionären Kräfte nutzen politisch aus, dass immer mehr Menschen angesichts der Krise verzweifelt sind und sich allein gelassen fühlen. Der Frust und der Hass, der dadurch hervorgerufen wird, schaffen immer neuen Nährboden für Intoleranz, Individualismus und Gewalt. Und die Politik der Regierungen, die systematisch die Reichen, die Kapitalisten gegen die Arbeitenden unterstützt, verstärkt diese gefährliche Entwicklung.

    Es gibt nur einen Ausweg aus dieser gefährlichen Spirale. Wenn wir Arbeitenden Schwestern und Brüder bleiben und über Religion und Nationalität hinweg zusammenhalten, um gemeinsam diese Gesellschaftsordnung zu verändern.

  • Polen: Eine weitere barbarische Entscheidung gegen Frauen

    Das polnische Verfassungsgericht hat entschieden, Abtreibungen selbst dann zu verbieten, wenn der Fötus schwere Missbildungen aufweist. In einem weiteren Land wird damit die Abtreibung praktisch vollständig verboten und verzweifelte Frauen werden so gezwungen, heimlich und illegal abzutreiben – unter zum Teil lebensgefährlichen Bedingungen. Tausende Frauen und Männer gehen seit dem 22. Oktober auf die Straße, um gegen diese mittelalterliche und barbarische Entscheidung zu protestieren.
    Der hartnäckige Eifer, mit dem diese extrem konservativen katholischen Kreise – nicht nur in Polen – alle Menschen zwingen wollen, nach ihren rückschrittlichen Glaubensansichten zu leben, ist eine Warnung für uns alle!

  • Flughafen Düsseldorf: Die Arbeitsplätze retten, nicht die Anteilseigner!

    600 Arbeitende des Düsseldorfer Flughafens – ein Viertel aller Beschäftigten, die direkt beim Flughafen angestellt sind -– sollen entlassen werden. Die übrigen 1.700 Arbeitenden sollen auf Lohn und Betriebsrente verzichten. Als sie dies erfahren haben, haben 80 Arbeitende vor der Aufsichtsratssitzung protestiert, wo die Aufsichtsräte hinter verschlossenen Türen über die Zukunft der Arbeitenden entscheiden.

    Die Besitzer des Flughafens (der zur Hälfte der Stadt Düsseldorf, zur anderen Hälfte privaten Anteilseignern gehört) sagen den Arbeitenden, sie müssten „Verständnis“ haben, es gäbe halt derzeit viel weniger Arbeit am Flughafen. Denselben Arbeitenden hat man all die Jahre vorher erzählt, sie müssten Verständnis dafür haben, immer und immer mehr zu arbeiten, zum Teil mit unmöglichen Schichtzeiten. Über Jahre hat diese Plackerei den privaten Anteilseignern des Flughafens gute Gewinne eingebracht. Und jetzt in der Krise bekommen sie außerdem einen Rettungsschirm vom Land.

    „Während die Gewinne privatisiert wurden, sollen die Beschäftigten nun die Verluste tragen?“, fragen die protestierenden Arbeitenden die Aufsichtsräte – und fordern, dass die vergangenen Gewinne und der Rettungsschirm als erstes die Arbeitsplätze und Löhne derjenigen retten, ohne die am Flughafen nichts laufen würde.

  • Schulen: Außergewöhnliche Zeiten – außergewöhnliche Maßnahmen?

    Die Nachmittags-Betreuung in den Grundschulen war schon vorher oft auf Sparflamme: Nicht selten muss sich ein Betreuer um 30-50 Kinder kümmern. Doch jetzt mit Corona, wo auf noch viel mehr geachtet werden muss, wissen viele Betreuer kaum noch, wo ihnen der Kopf steht. Denn nichts wurde unternommen: Nicht eine Person wurde zusätzlich eingestellt, um in den Schulen bei der Essensausgabe und der Betreuung zu helfen oder gar, um k leinere Gruppen zu bilden. Nicht eine Reinigungskraft zusätzlich, um zwischendurch Toiletten und Räume zu reinigen.
    Es ist krank: In der Krise sind so viele Menschen arbeitslos geworden, die händeringend einen Job suchen. Und in den Schulen – wie in so vielen öffentlichen Einrichtungen – würden sie dringend gebraucht.

  • Die Hüter einer unsozialen und rassistischen Gesellschafts-„Ordnung“

    Immer neue Details über den rechtsradikalen Skandal bei der Mülheimer und Essener Polizei werden bekannt. Mindestens 15 Polizisten haben aktiv in einem Chat widerwärtige Bilder und Videos verschickt, in denen Flüchtlinge in Gaskammern geschickt oder Schwarze als „Grillkohle“ (zum Anzünden) bezeichnet werden. Mindestens 16 weitere Polizisten waren Mitglieder dieses Chats.

    Und mittlerweile ist auch klar, dass es nicht bei Worten blieb. Einer dieser Polizisten hat nachweislich einen Mann mit albanischen Wurzeln, der bereits gefesselt war, brutal misshandelt – und ist dabei von seinen Vorgesetzten gedeckt worden. Und kaum ist dieser Fall bekannt geworden, stellt sich heraus, dass es weitere Willkür- und Gewaltakte gegen Migranten gab.

    Dieses jüngste Netzwerk in der Polizei macht einmal mehr deutlich, was für eine Gefahr rechtsextreme Polizisten darstellen. Denn ein Polizist verfügt durch seine Funktion über Macht: Er kann willkürlich jeden wegen seiner Hautfarbe anhalten, erniedrigend durchsuchen, ihm Strafzettel verpassen – ja sogar ihn brutal schlagen, ohne viel zu riskieren. Und auch rechtsradikale Terrorgruppen und Schläger verfügen über eine deutliche größere Macht, wenn sie von Gesinnungsgenossen bei der Polizei Informationen, Schutz vor Ermittlungen, wenn nicht sogar Waffen bekommen. Dies ist eine ernsthafte Gefahr für uns alle!

    Doch auch nach dem hundertsten beunruhigenden Skandal, der bekannt wird, weigert sich die Regierung, auch nur einzugestehen, dass es bei Polizei und Bundeswehr überdurchschnittlich häufig rassistische Einstellungen und auch rechtsextreme Gruppierungen gibt. Die Herrschenden können und wollen es nicht zugeben, und zwar aus einem einfachen Grund: Weil diese Entwicklung kein Zufall ist, sondern direkt mit der Rolle der Polizei in der Gesellschaft zusammenhängt.

    Die Aufgabe der „Ordnungshüter“ ist klipp und klar: Sie müssen die herrschenden Gesetze, die herrschende „Ordnung“ verteidigen. Doch diese Ordnung beruht auf sozialen Ungleichheiten. Die Gesetze sind vor allem dafür gemacht, die Reichen, die Kapitalisten zu beschützen – gegen die Armen.
    Die Polizei jagt den kleinen Ladendieb, aber nicht den Besitzer der Supermarktkette, der mehr Steuern hinterzieht, als alle Diebe in ihrem ganzen Leben dort stehlen können. Die Aufgabe der Polizei ist, säumige Mieter auf die Straße zu setzen, nicht aber gegen Vermieter vorzugehen, die mit drastischen Mieterhöhungen die Mieter aus der Wohnung treiben. Sie jagt kleine Banden und Clans, aber sie jagt nicht Kapitalisten wie Tönnies und Co., die auf ihren Schlachthöfen legalen Menschenhandel im großen Stil betreiben. Und natürlich geht die Polizei auch nicht gegen Kapitalisten vor, die Kurzarbeitergeld kassieren und ihre Belegschaft trotzdem normal arbeiten lassen.
    Nein, die Polizei wird vor allem gegen die Armen eingesetzt, und damit zwangsläufig besonders häufig gegen Migranten, die überall den Großteil der armen und am meisten ausgebeuteten Bevölkerung ausmachen.

    Aus all diesen Gründen zieht der Polizeiapparat nicht nur überproportional die an, deren Einstellung schon vorher von Rassismus und sozialer Verachtung geprägt war. Er verändert auch viele, die jahrelang in ihm arbeiten. Und aus all diesen Gründen können die Herrschenden auch nicht die Ursachen für das Erstarken rassistischer und rechtsextremer Tendenzen in Polizei und Armee bekämpfen, selbst wenn sie es wollten: Denn dafür muss man die herrschende Gesellschaftsordnung in Frage stellen

  • Die neue A(rroganz)-Klasse

    Stolz hat Daimler verkündet, dass der Konzern zwischen Juli und September einen „überraschend hohen Gewinn“ gemacht hat: 3,07 Milliarden Euro vor Steuern, in nur drei Monaten!

    Arrogant prahlen die Daimler-Bosse mit ihren Gewinnen, während sie nur wenige Wochen vorher verkündet haben, dass sie wegen der Krise und der „schlechten Lage“ zehntausende Arbeitende entlassen wollen: 4.000 Arbeiter allein am Standort Untertürkheim – und im Berliner Werk fast die Hälfte der 2.500 Arbeiter!
    Am 8. Oktober haben Tausende wütende Daimler-Arbeiter gegen diese Entlassungspläne die Arbeit niedergelegt und spontan Straßenkreuzungen und ein Parkhaus besetzt. Es ist zu hoffen, dass dies erst der Anfang ist und die Arroganz dieser milliardenschweren Kapitalisten die Antwort erhält, die sie verdient!

  • Thyssenkrupp: Die Arbeitsplätze und Löhne wird nur ein Kampf der Arbeitenden schützen!

    3.000 Stahlarbeiter von Thyssenkrupp sind am 16. Oktober dem Aufruf der IG Metall gefolgt und haben vor der Staatskanzlei der NRW-Landesregierung in Düsseldorf demonstriert. Viele haben Angst um ihre Arbeitsplätze und Löhne, denn die Bosse von Thyssenkrupp haben deutlich zu verstehen gegeben, dass all die Verkäufe, Werkschließungen und Entlassungen der letzten Jahre erst der Anfang waren; dass sie angesichts der weltweiten Krise noch aggressiver gegen die Arbeiter vorgehen werden und „alles denkbar“ sei.

    Doch was sagt die IG Metall-Führung angesichts dieser massiven Drohungen? Sie fordert, dass der Staat bei Thyssenkrupp einsteigen solle. Mit dem Argument, dass die Stahlsparte staatliche Milliarden bräuchte, um aus der Krise zu kommen – und die Regierung als Mit-Eigentümerin dann einen Teil der Entlassungen verhindern könne. Als ob die Regierung sich um unsere Arbeitsplätze scheren würde! Der geht es einzig darum, mit ihren Rettungspaketen die Kapitalisten zu retten, nicht unsere Existenz. Wir haben es doch bei der Lufthansa gesehen. Hier hat die Regierung genau das gemacht, was die IG Metall-Führung fordert: Der Staat hat den Lufthansa-Bossen 9 Milliarden Euro gegeben und ist als Minderheits-Aktionär bei Lufthansa eingestiegen. Doch die Regierung hat von Anfang an ausdrücklich klargemacht, dass sie sich nicht in die „Personalpolitik“ einmischen wird. Das Ergebnis: Mindestens 27.000 Arbeitende der Lufthansa verlieren ihre Arbeit. Die übrigen bis zu 25% ihres Lohns.

    Allein in den Stahlbetrieben bei Thyssenkrupp arbeiten 27.000 Beschäftigte. 3.000 von ihnen waren allein am Freitag auf der Straße. Diese Masse an Arbeitenden ist die wahre Macht, die die Arbeitsplätze und Löhne verteidigen kann: wenn sie sich bewusst werden, dass sie zu dieser Verteidigung nur auf ihre eigenen Kämpfe zählen können. Ja, nur wenn die Kapitalisten und die Regierung spüren, dass die Arbeitenden wütend sind und entschlossen sind, zu kämpfen statt zu bitten, nur wenn sie Angst bekommen – nur dann besteht eine Chance, dass sie Geld für unsere Existenz herausrücken!

  • Schlachthöfe: Ausbeutung und Gesundheitsrisiko jetzt an 7 Tagen die Woche!

    Auch wenn man kaum noch davon hört, es gibt weiterhin regelmäßig Massenausbrüche von Corona in Schlachthöfen, und zwar noch immer aus denselben Gründen wie vor einigen Monaten: unmögliche Arbeitsbedingungen, Billig-Lüftungsanlagen, die die Viren durch die ganze Werkshalle verteilen und enge Gemeinschaftsunterkünfte.

    Wegen der skrupellosen, profitgierigen Haltung der Fleischbarone sind bereits mehrere tausend Arbeitende der Fleischindustrie an Covid-19 erkrankt, einige sehr schwer. Ein Teil von ihnen wird Langzeitfolgen zurückbehalten – für die niemand die Behandlungskosten übernehmen wird, vor allem wenn die Arbeitenden nach Ende ihrer Verträge wieder nach Rumänien oder Bulgarien zurückkehren.
    Immer wieder mussten Schlachthöfe aufgrund der Massenausbrüche für mehrere Wochen schließen. Mit dem Erfolg, dass nun auch Großbauern Probleme bekommen: Ein Teil ihrer Schweine konnte nicht wie geplant geschlachtet werden. Aber deren Platz im Stall ist bereits mit den nächsten Ferkeln belegt. Auf Drängen von Fleischkonzernen und Großbauern haben die Landesregierungen von Niedersachsen und NRW deshalb nun erlaubt, dass in den Schlachthöfen jetzt an sieben Tagen die Woche gearbeitet werden darf. Um die Probleme zu beheben, die die Profitgier der Fleischbarone geschaffen haben, sollen die Arbeitenden nun also nicht nur an 5, sondern an 7 Tagen die Woche bei einer körperlich und emotional schweren Arbeit ihre Gesundheit riskieren – und sich zu Niedriglöhnen ausbeuten lassen!

    Mehr noch: In Niedersachsen hat die Landesregierung aus denselben Gründen jetzt sogar erlaubt, dass der Schlachthof in Sögel trotz eines Massenausbruchs mit über 110 Infizierten weiterlaufen darf. 200 Arbeiter, die eigentlich in Quarantäne müssten, sollen stattdessen in eine sogenannte „Arbeitsqua-rantäne“! Das heißt, sie müssen arbeiten gehen, aber nach der Arbeit müssen sie sofort nach Hause und dürfen die Wohnung nicht mehr verlassen… bis sie am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen. Sie dürfen NICHTS außer Arbeiten – und das obendrein an dem Ort, an dem das größte Risiko besteht, dass sie sich und andere anstecken!

    Was hier in den Schlachthöfen passiert, treibt das auf die Spitze, was die Bosse grundsätzlich denken und uns in der derzeitigen Corona-Politik überall versuchen einzuhämmern. Dass wir Arbeitenden für sie Maschinen sind, die kein Privatleben brauchen und die nur einem Zweck dienen: ihre Betriebe, ihre Profitmaschinen am Laufen zu halten.
    Die Schlachthöfe sind kein „Ausrutscher“ dieser Gesellschaft, im Gegenteil. Hier, wo Viele aus armen Ländern arbeiten und sich daher noch schlechter wehren können, es keine Gewerkschaften gibt und damit nichts, was die Bosse irgendwie einschränkt, zeigt sich der Kapitalismus in seiner Reinform.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.