Das rote Tuch – Nr. 133

  • Statt Entlassungen und Betriebsschließungen: Aufteilung der Arbeit unter Allen!

    Über 600.000 Arbeitende haben in den letzten Monaten bereits ihre Arbeit verloren. Und es ist nicht vorbei. Tag für Tag gibt es neue Ankündigungen von Entlassungen und Betriebsschließungen: bei Karstadt, BMW, Airbus, Esprit, MAN… Und nicht zu vergessen bei all deren Subfirmen, Leihfirmen und Zulieferern. Arbeiterinnen und Arbeiter, die zum Teil seit Jahrzehnten dort gearbeitet und ihre Gesundheit ruiniert haben, stehen von heute auf morgen mit nichts da als einem Schreiben fürs Arbeitsamt.

    Die Besitzer der Konzerne haben über Jahre steigende Gewinne in ihre Tasche gesteckt, immer mit dem Argument, sie würden in schlechten Zeiten schließlich das „Risiko“ tragen. Doch wenn die Krise da ist, bleiben diese Reichtümer unangetastet. Ja, selbst jetzt, mitten in der Krise, genehmigen sich die Aktionäre der zehn DAX-Konzerne 35 Milliarden Euro an Dividende – während sie uns gleichzeitig erzählen, die Entlassungen wären „alternativlos“.

    Daimler zum Beispiel will 20.000 Arbeitende entlassen und allen übrigen den Lohn kürzen, um so 2 Milliarden Euro zu sparen. Dabei hat der Konzern in nur einem Jahr das Fünffache (!) dieser Summe an Gewinn gemacht. Doch dieses Geld, das auf den Konten der Großaktionäre gelandet ist, bleibt unangetastet. Stattdessen raubt man zehntausenden Arbeitenden Arbeitsplatz und Lohn!

    Die kapitalistische Klasse verfügt über riesige private Aktien- und Immobilienvermögen, die sie durch unsere Arbeit angehäuft hat. Selbst wenn man ihnen einen Großteil davon wegnehmen würde, könnten sie immer noch sorgenfrei leben. Wir Arbeitenden aber haben nur unsere Arbeit und unseren Lohn. Es ist unsere einzige Existenzgrundlage. Uns das zu rauben, ist ein Verbrechen – ganz besonders in der Krise, wo es fast unmöglich ist, einen anderen Job zu finden!

    Um gut durch die Krise zu kommen und ihre Profitrate wiederherzustellen, haben die Kapitalisten einen gnadenlosen Kampf begonnen. Und die Regierung hilft ihnen dabei. Angefangen damit, dass sie hunderte Milliarden Euro aus dem Hut gezaubert hat, die sie den Kapitalisten als „Rettungspakete“ schenkt.
    Die Regierung behauptet, diese „Rettungspakete“ würden unsere Arbeitsplätze retten. Was für ein schlechter Scherz! Airbus, Lufthansa oder Daimler bekommen Milliardenhilfen vom Staat. Doch das hindert keinen dieser Konzerne daran, tausende Arbeitende zu entlassen. Nein, gerettet werden hier einzig die Gewinnmargen und Vermögen der Kapitalisten, die diese wie in der Vergangenheit in Spekulationen, Firmenkäufe und andere parasitäre Geschäfte stecken werden.

    Dafür, dass die Reichen mit Geld überschüttet werden, wird die Regierung bei uns umso mehr sparen. So soll es 2021 keinen Cent für die Rentner geben. Und der Öffentliche Dienst wird noch mehr zusammengespart – sogar Schulen, Altenheime und Krankenhäuser, trotz all der Erfahrungen in der Corona-Epidemie. In Essen kam jetzt die Ankündigung, dass aus Kostengründen 2 Krankenhäuser geschlossen werden, noch vor Ende des Jahres. Die CDU-Landesregierung begrüßte dies… als Schritt in die richtige Richtung!

    Die Antworten der Kapitalisten und ihrer Regierung auf die Krise bedeuten eine Katastrophe für uns alle. Wir Arbeitenden müssen ihrer Logik von Profit und Wettbewerbsfähigkeit unsere eigenen Rettungspläne entgegenstellen.

    Daimler will sein Lothringer Werk schließen und die Produktion an deutsche Standorte verlagern, ohne dort auch nur einen Arbeiter mehr einzustellen. 1.600 Arbeiter in Lothringen sollen also entlassen werden und die Arbeiter an den deutschen Standorten dafür noch schneller arbeiten – obendrein für weniger Lohn. Bosch seinerseits schließt ein deutsches Werk und verlagert die Produktion an andere Standorte in Europa. Und so machen es alle Konzerne.
    Genau das Gegenteil ist nötig: Statt dass die einen von uns arbeitslos werden und die anderen noch mehr schuften müssen, muss die Arbeit zwischen allen Arbeitenden aller Standorte aufgeteilt werden. Unsere Devise muss lauten: Alle müssen weniger arbeiten, damit alle Arbeit haben!

    Kein Festangestellter, kein Befristeter, kein Leiharbeiter, kein Arbeiter einer Subfirma darf von seinem Arbeitsplatz verjagt oder seines Lohns beraubt werden. Die Arbeit muss unter allen Arbeitenden aufgeteilt werden. Wenn weniger zu tun ist, müssen Arbeitstempo und Arbeitszeit sinken, ohne dass die Löhne sinken. Dafür müssen die gigantischen Vermögen der kapitalistischen Klasse herangezogen werden.
    Außerdem müssen massenhaft Arbeitsplätze dort geschaffen werden, wo sie so dramatisch fehlen: in den Krankenhäusern, Kitas, Schulen, dem Nahverkehr, in der Altenpflege, für öffentlichen Wohnungsbau und vieles mehr.

    Die Krise hat außerdem nicht die Mieten, Strom- und sonstigen Rechnungen gesenkt, im Gegenteil! Daher brauchen alle Arbeitenden ihren vollen Lohn, nicht Kurzarbeitergeld oder gar dauerhafte Lohnkürzungen.

    Von jedem Arbeitenden und kleinen Selbstständigen, der in HartzIV rutscht, wird verlangt, dass er alles offenlegt und beweist, dass er kein Geld hat. Wir Arbeitenden müssen uns das Recht nehmen, genau das mit den Konzernen und Kapitalisten zu tun – und ihre Konten, Geschäftsbücher und Entscheidungen kontrollieren!

    In der heutigen Krise werden viele gleichzeitig angegriffen: ob sie in einem Autowerk oder Krankenhaus arbeiten, ob sie Festangestellte, Leiharbeiter oder Rentner sind. Und das kann unsere Stärke werden: Wenn wir uns bewusst werden, dass wir alle gegenüber diesen Angriffen die gleichen Interessen – und damit einen gemeinsamen Kampf zu führen haben.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.

  • Die Luxusindustrie hat keine Krise

    Bei Porsche werden die Arbeiter derzeit reihenweise gezwungen, Überstunden zu machen. Nachdem sie erst in Kurzarbeit waren, müssen sie jetzt allein im Werk Zuffenhausen an 12 Samstagen zusätzlich arbeiten kommen.

    Die Nachfrage nach Autos, die sich normale Lohnabhängige oder kleine Selbstständige kaufen, ist zwar drastisch eingebrochen. Die Nachfrage nach Luxusautos aber ist auch in der Krise weiter ungetrübt. Kein Wunder: Deren Käufer sind nicht in der Krise.

  • Die Europäische Union: ein klappriges Gespann

    Der folgende Artikel ist eine Übersetzung eines Artikels unserer französischen Genossen von Lutte Ouvrière aus ihrer gleichnamigen Zeitung vom 24.7.20.

    Im Morgengrauen des 21. Juli ist es den Verantwortlichen der 27 EU-Staaten endlich gelungen, ein Abkommen zuwege zu bringen, das – wie sie sagen – die durch Covid-19 stark geschädigte Wirtschaft wieder ankurbeln soll.

    Die EU wird auf den Finanzmärkten 390 Milliarden Euro an Schulden aufnehmen, die in Form von Subventionen an die am stärksten getroffenen Länder gehen sollen. Im Abkommen ist ebenfalls vorgesehen, dass die EU bis zu 360 Milliarden Euro weitere Schulden aufnehmen kann, um sie an einzelne EU-Staaten weiterzuverleihen. Für die Subventionen kommt die Gesamtheit der 27 Staaten auf, die Kredite hingegen müssen von den Staaten zurückgezahlt werden, die sich das Geld bei der EU leihen.

    Diese Summen gesellen sich zu den hunderten Milliarden hinzu, die die einzelnen Staaten bereits aus dem Hut gezaubert haben, um die Profite ihrer Konzerne zu sichern. Infolge der Pandemie haben sich Wirtschaft und Handel verlangsamt. Genau wie 2008 versuchen die Staaten, die Maschine wieder ans Laufen zu kriegen, indem sie sie mit Geld überschütten. Indem sie das EU-Konjunkturpaket akzeptiert haben, das Frankreich und Deutschland vorgeschlagen haben, machen die EU-Staaten einfach nur das gemeinsam, was jeder Staat sowieso schon auf eigene Rechnung macht.

    Und im Verhältnis dazu sind ihre gemeinsamen Maßnahmen eigentlich ziemlich gering. Frankreich zum Beispiel wird aus dem EU-Paket 40 Milliarden Euro erhalten. Die sollen laut dem Wirtschaftsminister einen Teil der Kosten des 100 Milliarden Euro schweren Konjunkturpakets decken, das die französische Regierung im September beschließen will. Und vor diesem Konjunkturpaket gab es bereits das 340 Milliarden Euro schwere Rettungspaket, das die französische Regierung zu Beginn der Krise bereitgestellt hat.
    Ganz zu schweigen von den einzelnen (ebenfalls milliardenschweren) Rettungsplänen, die der Automobil-, Luftfahrt- oder Rüstungsbranche gewährt werden.
    [Und die Summen, die die deutsche Regierung für ähnliche nationale Rettungs- und Konjunkturprogramme ausgibt, sind noch höher.] (Anmerkung der Übersetzer)

    Das 750-Milliarden-Euro-Paket, das ursprünglich von Merkel und Macron vorgeschlagen wurde, dient vor allem dazu, die Wirtschaft in Südeuropa wieder anzukurbeln. Denn die Wirtschaft der EU-Staaten ist sehr eng verflochten, und die deutschen und französischen Kapitalisten können sich den Bankrott so wichtiger Länder wie Italien oder Spanien nicht leisten, die für sie ebenso Lieferanten wie Kunden sind. Deshalb haben die deutschen Kapitalisten ihre bisherige Haltung geändert. Waren sie vorher immer absolute Gegner gemeinsamer europäischer Schulden, haben sie nun ihre politische Sprecherin aufgefordert, sich für diesen Plan auszusprechen.
    Die Staatschefs der beiden großen EU- Mächte Frankreich und Deutschland hatten einen zweiten Beweggrund für ihren Vorschlag. Macron hat es im Laufe der Verhandlungen folgendermaßen ausgedrückt: „Wenn wir die Staatschefs in Schwierigkeiten bringen, dann droht uns ein Erstarken des Populismus in diesen Ländern.“ Dies gilt vor allem für die Nutznießer des Konjunkturprogramms – insbesondere für Italien, wo die extreme Rechte mit ihrer Propaganda, die EU lasse Italien im Stich, wieder
    an die Regierung zu kommen droht.

    Der niederländische Premierminister Rutte hingegen, der den Plan bekämpft hat, regiert ebenfalls unter dem drohenden Schatten der extremen Rechten: Er wollte ihr auf dem Gebiet des nationalen Egoismus Zugeständnisse machen  und hat sich entsprechend geweigert, für die südeuropäischen Länder zu zahlen.

    Doch im Moment wollen die großen Konzerne und Banken Europas über einen gemeinsamen Binnenmarkt und eine einheitliche Währung verfügen, was die EU gewährleistet. Und das zählt mehr als die Schwierigkeiten irgendeines Politikers. Das Abkommen wurde also geschlossen, und alle Verhandler konnten sich als Sieger präsentieren: um dem Preis, dass die finanziellen Beiträge der zögerlichen Staaten gesenkt wurden; mit der Versicherung, dass man die kreditnehmenden Staaten zwingen werde, ihre Bevölkerungen für die europäischen Gelder bezahlen zu lassen; und mit einer nichtssagenden Resolution, die niemanden in Bezug auf den Rechtsstaat zu irgendwas verpflichtet.

    Die Einigkeit wird wohl nur von kurzer Dauer sein. Denn die Wirtschaftskrise kann letztlich nur die Kräfte stärken, die die EU auseinandertreiben. Das Beispiel Großbritanniens und des Brexit zeigt, dass politische Entgleisungen zu unkontrollierten Austritten führen können. Und vor allem drängt der Existenzkampf zwischen den Konzernen jeden einzelnen Konzern dazu, sich immer stärker auf seinen Nationalstaat zu stützen. Und eben dies ist das aggressivste unter den Lösungsmitteln, das auf die Europäische Union der Kapitalisten einwirkt.

  • Die Bundeswehr rüstet für den Krieg

    In den letzten fünf Jahren hat die Große Koalition die Ausgaben für Militär und Rüstung um ganze 30% erhöht – auf fast 50 Milliarden Euro! Nur 6 Länder auf der ganzen Welt geben mehr Geld für Militär aus als Deutschland.
    Zig Milliarden Euro werden für Waffen ausgegeben statt für nützliche Dinge, für Kitas, Altenheime oder Wohnungsbau, wo das Geld dringend gebraucht würde. Bedrohlich ist auch, dass diese massive Aufrüstung mit dem erklärten Ziel stattfindet, die Bundeswehr „für eine aktivere Teilnahme an Kriegen auf der Welt“ auszurüsten! Und von denen zeichnen sich einige drohend am Horizont ab.

    Die wirtschaftlichen Machtkämpfe, die Handelskriege und das politische Säbelrasseln zwischen den Großmächten haben in den letzten Jahren bedrohlich zugenommen. Denn die Weltwirtschaft ist bereits seit einiger Zeit auf dem Abwärtstrend, und je heftiger die wirtschaftliche Krise ist, je weniger Profitquellen es gibt, desto aggressiver werden die Auseinandersetzungen der verschiedenen Großmächte um Märkte und Einflussgebiete.
    In den letzten Monaten hat sich insbesondere die Auseinandersetzung zwischen den USA und China weiter verschärft. US-Präsident Trump und sein demokratischer Gegner Biden machen beide Wahlkampf mit schier absurden Anschuldigungen gegen China. Trump hat unter diesem Vorwand weitere Zölle gegen China verhängt. Beide Länder haben Botschaften des anderen Staates geschlossen. Und Anfang Juli hat das US-Militär zwei Flugzeugträger ins Südchinesische Meer geschickt.

    Bislang bleibt all dies auf der Ebene von Drohgebärden. Doch die derzeitige massive weltweite Verschärfung der Weltwirtschaftskrise und die innenpolitischen Schwierigkeiten einiger Regierender könnten letztlich zu einer militärischen Eskalation führen. Hier oder in einem der zahlreichen anderen Konflikte zwischen den USA, der EU, Russland, Nordkorea oder dem Iran… womit ein Krieg beginnen würde, der viele Länder betreffen und für die Menschheit eine Katastrophe bedeuten würde.

    Die derzeitige Aufrüstung macht deutlich, dass die Herrschenden sich auch in Deutschland darauf vorbereiten, für die Interessen der deutschen Konzerne Krieg zu führen. Vor diesem Hintergrund soll auch eine neue Truppe von 100.000 aktiven Reservisten gebildet werden: Zivilisten, die zum Beispiel ein freiwilliges Jahr bei der Bundeswehr gemacht haben und zur Unterstützung der Berufsarmee herangezogen werden können. Diese neuen Waffen und Soldaten sind nicht nur für Paraden da, sondern dafür, eines Tages in Kriegen eingesetzt zu werden… wenn wir das nicht verhindern.

  • Rassismus in Polizei und Armee: Fakten sind ein hartnäckig Ding

    Vor kaum einem Monat, als auch in Deutschland Menschen gegen polizeiliche Gewalt und Rassismus demonstrierten, haben Regierungspolitiker, Polizeichefs und Journalisten eine regelrechte Kampagne begonnen gegen alle, die es wagten zu behaupten, in Polizei und Bundeswehr gebe es Rassismus und rechtsextreme Netzwerke: Alles Verleumdung, die deutschen Sicherheitskräfte seien integer und tolerant, basta.

    Keine zwei Wochen später löste die Bundesverteidigungsministerin eine ganze Einheit des KSK-Sonderkommandos auf. Diese Einheit mit rund 400 Soldaten war schon seit Jahren für ihre offene rechtsextreme Haltung inklusive Hitlergrüßen bekannt. Als nun herauskam, dass sie Waffen, 48.000 Schuss Munition und 62 kg Sprengstoff aus den Bundeswehr-Beständen für rechtsradikale Anschläge beiseite geschafft hatten, war es dann doch zu viel.
    Eine weitere Woche später musste der Hessische Polizeipräsident zurücktreten. Er hatte verschwiegen, dass an rechtsradikalen Drohmails, unterschrieben mit NSU 2.0, die in den letzten Monaten an zahlreiche Frauen und Migranten verschickt wurden, offensichtlich Polizisten aus Hessen beteiligt waren. Und dies, nachdem erst zwei Jahre vorher ein rechtsradikales Netzwerk in der Frankfurter Polizei aufgedeckt worden war.
    Aber nein, es gibt keine rechtsradikalen Strukturen und keinen Rassismus in den deutschen Sicherheitskräften!

    Die EU hat der Bundesregierung geraten, dies einmal in einer unabhängigen Studie untersuchen zu lassen. CSU-Innenminister Seehofer hat mit dieser Aufgabe nun… den Verfassungsschutz beauftragt! Also genau das staatliche Organ, das unter anderem beim NSU-Terrornetzwerk jahrelang die Augen zugedrückt und sogar Beweise gegen die Rechtsradikalen und ihre Beziehungen zum Staatsapparat vernichtet hat. Das nennt man wirklich den Bock zum Gärtner machen.

  • Covid-19: Die Langzeitfolgen der Profitgier

    Mittlerweile gibt es erste Erkenntnisse darüber, welche Langzeitfolgen eine Erkrankung an Covid-19 haben kann. Manche Patienten leiden noch Monate danach an Erschöpfungszuständen, Gliederschmerzen und Atemnot. Bei anderen wurden die Nerven angegriffen, sie leiden unter Schwindel, Geschmacks- und Geruchsverlust oder Konzentrationsschwierigkeiten. Andere erlitten einen Schlaganfall oder Hirnhautentzündung. All dies kam auch bei Patienten vor, bei denen die Covid-Erkrankung selber relativ milde verlaufen ist. Auch das verbirgt sich hinter den abstrakten Zahlen, wenn wir wieder von 66 Infizierten auf einem Schlachthof, 45 in einem Paketverteilzentrum, 174 auf einem Bauernhof oder 50 in einem Krankenhaus hören.

    Ja, viele haben sich auf der Arbeit infiziert: in Krankenhäusern und Altenheimen, die geschwächt sind durch das jahrelange Kaputtsparen – und in all den Betrieben, besonders in denen mit vielen prekären Arbeitenden, wo die Bosse einfach keine ernsthaften Schutzmaßnahmen ergreifen. Die neuen Studien zu den Langzeitfolgen machen deutlich, dass diese verantwortungslosen Sparmaßnahmen und die verantwortungslose Profitgier nicht nur kurzzeitig die Gesundheit der Arbeitenden gefährden, sondern zum Teil für Jahre oder lebenslang ihre Gesundheit ruinieren können!

  • Wir brauchen mehr Krankenhäuser, nicht weniger!

    Die Contilia-Gruppe (ein katholisches, privates „Gesundheitsunternehmen“) will zwei der drei Kliniken im Essener Norden schließen – und zwar schon in den nächsten sechs Monaten. Und das, nachdem wir gerade erst in unseren Nachbarländern erlebt haben, welche mörderischen Folgen zu wenig Krankenhäuser haben!
    Diese Entscheidung ist eine Katastrophe für viele, die dort arbeiten und die jetzt ihren Job verlieren. Und es ist eine Katastrophe für den gesamten Norden und Nordosten der Stadt mit seinen 200.000 Einwohnern, wo es dann kein einziges Krankenhaus mehr gibt – gerade in den ärmsten Stadtteilen, in denen die ärztliche Versorgung ohnehin schon viel schlechter ist.

    Die Schließung bedeutet auch, dass die übrigen Klinken und Notfallambulanzen der Stadt noch voller werden, dass Patienten noch länger warten müssen. Doch genau das will Contilia. Denn sie will mit der Schließung nicht nur zwei „unren-table“, renovierungsbedürftige Krankenhäuser loswerden, sondern ihren übrigen Essener Krankenhäusern dadurch auch mehr Patienten, mehr Operationen und damit mehr Gewinn bescheren.

    Ja, längst gilt für Krankenhäuser die gleiche Logik wie für alle kapitalistischen Unternehmen. Sie stehen in Konkurrenz untereinander, aus kapitalistischer Logik „unrentable“ Kliniken werden geschlossen – und die übrigbleibenden sollen immer voll belegt sein, am besten mit Warteschlangen, damit sie profitabel arbeiten. Nicht nur Contilia arbeitet nach dieser Logik, sondern alle privaten wie öffentlichen Krankenhausbetreiber. Und die Regierung fördert dies ganz gezielt. Sie zahlt sogar Prämien für jedes Krankenhaus, das geschlossen wird. Diese kriminelle Politik muss gestoppt werden!

  • Poco: Ran an den Speck

    Beschäftigte aus sieben Poco-Filialen in NRW haben aufgedeckt, dass Poco – einer der größten deutschen Möbelhändler – in großem Stil beim Kurzarbeitergeld betrogen hat. Poco hat Beschäftigte, die offiziell in Kurzarbeit waren und für die Poco Kurzarbeitergeld kassiert hat, reihenweise arbeiten kommen lassen. Damit das nicht auffällt, sollten die Arbeitenden nicht stempeln, sondern ihre Arbeitszeiten handschriftlich auf einem Zettel eintragen. Außerdem hat ein Gebietsleiter alle Vorgesetzten per Mail dazu aufgefordert, aufmüpfige – insbesondere gewerkschaftlich aktive Kolleginnen und Kollegen – gezielt in Kurzarbeit zu schicken und damit aus dem Betrieb zu entfernen. Die Poco-Firmenleitung hatte darauf gesetzt, dass die übrigen Beschäftigten den Betrug aus Sorge um ihren Arbeitsplatz mitmachen. Doch sie hat die Rechnung ohne die Arbeiter gemacht.

  • Kurzarbeit: Die Bosse greifen ungeniert zu

    Poco ist kein Einzelfall. Gegen rund 10.000 Betriebe wird wegen Kurzarbeitergeld-Betrug ermittelt, und die Dunkelziffer ist noch sehr viel höher. Und wie viele Konzerne handeln zwar legal, aber kein Stück besser! All die Konzerne, die über Jahre Milliardengewinne hatten und in der Corona-Zeit problemlos die Löhne hätten weiterzahlen können – statt dafür die Arbeitslosenkassen (aus denen das Kurzarbeitergeld bezahlt wird) zu plündern. Man denke nur an den Porsche-Konzern mit seinen Milliardengewinnen, der trotzdem sechs Wochen lang Kurzarbeitergeld kassiert hat, bevor er jetzt seine Arbeiter massenhaft Überstunden machen lässt, weil die Auftragsbücher voll sind.
    Ob mit offenen Betrügereien oder legaler Ausnutzung der Gesetze: Die Konzerne halten die öffentlichen Kassen für ihre persönliche Schatztruhe, aus der sie sich jederzeit und ungeniert bedienen können.

  • Ausbeutung leicht gemacht

    Kaum hatte die Regierung angekündigt, dass Arbeiter in der Schlachtung und Fleischzerlegung künftig nicht mehr über Werkverträge (also über Subfirmen) beschäftigt werden dürfen, da hat Tönnies stattdessen… auf einen Schlag 15 verschiedene Tochterfirmen gegründet.
    Über die kann Tönnies nun auch weiterhin beliebig niedrige Löhne zahlen und all seine Machenschaften verschleiern, weil bei 15 Tochterfirmen niemand mehr weiß, wer wo zu welchen Bedingungen beschäftigt ist. Sprich: anderes Etikett, gleiche Ausbeutung.

    Kein Wunder: Bei dem Arsenal an legalen Ausbeutungsmethoden, wie es die Regierung den Bossen in den letzten 20 Jahren geschaffen hat, hat Tönnies freie Auswahl.

    * * * * * *

    Während der Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück derzeit unter öffentlicher Beobachtung steht und daher eine Zeit lang für etwas weniger schlimme Arbeitsbedingungen sorgen muss, geht es in allen anderen Fleischfabriken (egal wem sie gehören) genauso weiter wie bisher.
    Mit derselben verantwortungslosen und skrupellosen Profitgier, mit demselben bewussten Weggucken der Behörden… und denselben Folgen: Erst Anfang der Woche sind erneut 66 Arbeiterinnen und Arbeiter auf einem Schlachthof an Covid erkrankt.

    Die Entscheidungen und die Arbeitsbedingungen in den Betrieben dürfen nicht unter alleiniger Kontrolle der Kapitalisten und der in ihren Diensten stehenden Regierung sein. Die Arbeitenden und die Anwohner müssen die Betriebe kontrollieren!

Kein Artikel in dieser Ausgabe.

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