Das rote Tuch – Nr. 129

  • Die Arbeitenden sind „an der Front“ – die Kapitalisten kassieren im Hintergrund

    „In dieser Krise müssen alle zusammenstehen“, sagt die Regierung. In der einfachen Bevölkerung passiert das auch. Hier gibt es täglich unzählige Beweise von Solidarität und Hilfsbereitschaft. Doch dies gilt nicht für die kapitalistische Klasse. Die versucht im Gegenteil, in der Krise mit umso größerem Egoismus ihre Interessen durchzusetzen.

    Da müssen unzählige Arbeitende von Kurzarbeitergeld, also von 60% ihres Grundlohns, irgendwie ihre Miete und ihre Rechnungen bezahlen. Aber Konzerne wie Deichmann oder H&M versuchen mit Erpressung durchzusetzen, dass der Staat ihre Miete bezahlt.

    Da lässt sich VW Kurzarbeitergeld für 80.000 Arbeiter aus unseren Sozialkassen bezahlen – und will gleichzeitig seinen Aktionären 35% mehr (!) Dividenden zahlen.

    Da geben Verkäuferinnen, LKW-Fahrer, Pflegekräfte alles, um die Bevölkerung zu versorgen. Und zum Dank würgt die Regierung ihnen eine heftige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen rein. Still und heimlich hat sie Sonntagsarbeit, 12-Stunden-Schichten und 60-Stunden-Wochen erlaubt. Wovon die Kapitalisten seit Jahren geträumt haben, ist wahr geworden… und es wird auch gleich weidlich ausgenutzt.

    Da bemühen sich alle, zu Hause zu bleiben, nehmen menschliche und finanzielle Entbehrungen auf sich, um zu verhindern, dass es in den Krankenhäusern zu einer Katastrophe kommt. Aber gleichzeitig werden Millionen Arbeitende gezwungen, täglich weiter in nicht-lebensnotwendigen Betrieben zu arbeiten, in denen das Kontaktverbot und die Hygieneregeln nicht eingehalten werden können: Auf Baustellen mit Dixi-Klos ohne fließend Wasser. In Werkshallen mit Umluftanlagen, wo sie zu Dutzenden oder Hunderten zusammenarbeiten müssen, um elektrische Garagenöffner oder Autoteile herzustellen – als ob das nicht warten könnte!
    Im Parlament wird nach jeder Rede eines Politikers Mikrofon und Rednerpult gesäubert, weil sich die Viren auf den Oberflächen halten und übertragen werden können. Aber die Arbeitenden müssen in den Werken auf Toiletten gehen, die erst gereinigt werden, nachdem zwanzig oder dreißig Arbeiter sie benutzt haben. Wissentlich riskieren die Unternehmer die Gesundheit ihrer Arbeiter. Und sie versetzen damit den Krankenhausbeschäftigten einen regelrechten Dolchstoß. Um ein paar Tage mehr zu produzieren, sabotieren sie die Bemühungen der ganzen Bevölkerung.

    Mehr noch: Während vor allem in der Altenpflege ein dramatischer Mangel an Schutzmasken herrscht und Pflegekräfte ihre Gesundheit und die ihrer Patienten riskieren, weil sie sie ohne Maske versorgen müssen, horten viele dieser Industriebetriebe ganze Vorräte an medizinischen Schutzmasken! Nur um ihre Produktion laufen zu lassen, enthalten sie die Masken den Pflegekräften vor, die diese zwingend brauchen.

    Die Herrschenden reden davon, dass wir uns im Krieg gegen das Virus befinden. Und wie in jedem Krieg werden die Arbeitenden „an die Front“ geschickt und riskieren ihre Haut, während sich die Reichen weit hinter der Front in Sicherheit befinden. Wie in jedem Krieg bezahlt die einfache Bevölkerung den Preis, während die Kapitalisten ihre Schäfchen ins Trockene bringen.

    Und wie immer hilft die Regierung ihnen dabei. Sie behauptet zwar, sie habe ein gigantisches Rettungspaket von 1.150 Milliarden Euro aufgelegt, um alle Teile der Bevölkerung zu retten. Doch 900 Milliarden davon sind einzig ein Rettungsschirm für die Banken.

    200 Milliarden sind Direkthilfen für kriselnde Konzerne, die diese nicht zurückzahlen müssen: Die großen Aktionäre (nicht selten Milliardäre oder Banken) dürfen die Gewinne der letzten Jahre und auch zukünftige Gewinne behalten. Aber für die Verluste will der Staat aufkommen! Und die Staatshilfe verpflichtet die Konzerne nicht einmal dazu, auf Entlassungen zu verzichten.

    Weitere 50 Milliarden Euro, also schon sehr viel weniger, sind für Kleinunternehmer und Selbstständige gedacht. Diese erhalten bis zu 15.000 Euro Direkthilfen, die sie nicht zurückzahlen müssen. Gegenüber diesen 1.100 Milliarden für Banken und Konzerne und 50 Milliarden für Kleinunternehmer gibt es ganze… 3,3 Milliarden Euro für die Krankenhäuser. Eine Schande!

    Und für die Arbeitenden, die in Kurzarbeit sind oder jetzt gar keinen Job mehr haben, gibt es… NICHTS. Nichts, außer der zynischen Aussicht, einfacher HartzIV beantragen zu können.

    Die Regierung tut so, als müssten wir ihr für das Kurzarbeitergeld dankbar sein. Doch das wird von der Arbeitslosenversicherung bezahlt, von unseren Beiträgen. Wir zahlen es uns also selbst. Den Staat kostet es keinen Cent. Und dennoch ist die Regierung nicht einmal bereit, das Kurzarbeitergeld auf 90% aufzustocken, wie es die Gewerkschaften gefordert haben. Ganz zu schweigen davon, dass sie die großen Unternehmen zwingen würde, es aufzustocken!

    Nein, in der Krise gibt es keinen Waffenstillstand. Gerade jetzt greifen Regierung und Kapitalisten an, um ihre Vermögen auf Kosten der Arbeiter und der Allgemeinheit zu retten. Demgegenüber brauchen wir Arbeiter unser eigenes Rettungsprogramm.
    Heute nennen uns die Herrschenden die „Heldinnen und Helden des Alltags“. Ja, selbst sie müssen ausnahmsweise zugeben, dass wir Arbeitenden – die Millionen kleinen Rädchen, die die Gesellschaft am Laufen halten – die wichtigen Menschen in dieser Gesellschaft sind. Und umso mehr haben wir jedes Recht zu verlangen, dass unsere Gesundheit und unsere Existenzbedingungen in der Krise geschützt werden.

  • USA: Krise im Herzen des Kapitalismus

    Im rasanten Tempo breitet sich das Virus in den USA aus – und Massenarbeitslosigkeit und Armut gleich mit. Die Krankenhäuser vor allem in Großstädten sind dramatisch überlastet, es fehlt an Schutzausrüstung, an Beatmungsgeräten. Auch deshalb müssen so viele Menschen sterben – zum Teil 2.000 an nur einem Tag! Noch vor zehn Jahren besaß allein der Staat Kalifornien wegen der Erdbeben-Gefahr 3 mobile Krankenhäuser mit perfekter Ausstattung, außerdem 50 Millionen Masken und 2.400 Beatmungsgeräte. Doch um nach der letzten Finanzkrise armselige 6 Millionen Dollar einzusparen, wurde all diese Ausrüstung 2011 abgeschafft.

    Das Virus tötet nicht überall gleichermaßen. In einer Stadt wie Chicago sind 72% der Corona-Toten Schwarze – obwohl nur ein Drittel der Bevölkerung schwarz ist. Das hauptsächlich, weil viele Schwarze arm sind. Viele sind bereits gesundheitlich vorbelastet, weil ihre Arbeits- und Lebensbedingungen sie krank gemacht haben. Und viele haben obendrein keine Krankenversicherung. Sie müssen wählen, ob sie ins Krankenhaus gehen, wenn sie Corona-Symptome bekommen – und danach Rechnungen von 35.000 Dollar und mehr bezahlen müssen – oder ob sie warten… bis es vielleicht zu spät ist.

    Dasselbe gilt für viele der 18 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter, die in den letzten drei Wochen ihre Arbeit verloren haben. Die Unternehmer, die keinen Tag gewartet haben, um die Ausgangssperren und andere Krisenfolgen mit voller Wucht auf die Arbeiter abzuwälzen, haben all diesen Menschen nicht nur brutal ihre einzige Einkommensquelle genommen. Mit ihrem Arbeitsplatz haben viele außerdem ihre Krankenversicherung verloren.

    Kein Land verfügt über so viele Forscher und technische Möglichkeiten, über so viel Infrastruktur und Reichtum wie die USA. Sie ist die Speerspitze und das Schaufenster des Kapitalismus. Doch in diesem Schaufenster zeigt sich vor allem die vollkommene Unfähigkeit und Unmenschlichkeit dieses Systems.

  • Grenzenlose Verachtung

    In Las Vegas (USA) hat die Stadt mit Kreide Quadrate auf Parkplätze aufgemalt. Damit die Obdachlosen beim Schlafen die Mindestabstände einhalten, soll jeder von ihnen auf einem dieser Asphalt-Quadrat schlafen… während direkt hinter ihnen die unzähligen leerstehenden Hotels dieser Tourismus-Metropole in den Himmel ragen.
    Das ist Kapitalismus!

  • Amazon: Sicherheit? Nur, wenn sie nichts kostet

    In Italien, Frankreich, den USA… In einer Reihe von Amazon-Lagern haben in den letzten Wochen Arbeiter gestreikt – aus Wut darüber, wie Amazon mit ihrer Gesundheit spielt. Wochenlang mussten sie quasi ohne Schutzmaßnahmen arbeiten: mit tausenden zusammen in einem Lager oder in Kontakt mit hunderten Kunden, denen man das Paket an die Haustür bringt! Und das obendrein fast nie, um irgendwelche lebenswichtigen Dinge auszuliefern, sondern CDs, Oster-Dekoration oder Handtaschen, die Amazon auch jetzt um jeden Preis weiter verkaufen will. Wenn Kollegen an Covid-19 erkranken oder in Quarantäne müssen, wird dies einfach verschwiegen.

    Erst nach den Streiks, nachdem die Öffentlichkeit aufmerksam wurde und Gewerkschaften vor Gericht zogen, hat Amazon nun zumindest oberflächliche Schutzmaßnahmen ergriffen. Offensichtlich wollen sie kein Risiko eingehen, dass sie ihre Lager doch noch schließen müssen. So haben sie jetzt überall Desinfektionsmittel bereitgestellt, den Abstand zwischen den Spinden vergrößert, die Kantine geschlossen und Wege abgetrennt, sodass sich die Arbeiter beim Schichtwechsel und im Treppenhaus nicht begegnen. Auch wird Fieber gemessen.

    Doch das Wesentliche hat Amazon nicht getan: nämlich die Zahl der Arbeiter pro Schicht bedeutend zu verringern, damit man weniger gedrängt arbeitet und das Ansteckungsrisiko sinkt. Im Gegenteil, es sieht eher so aus, als wolle Amazon von der Schließung der kleinen Läden profitieren, um noch mehr zu verkaufen. Statt die Schichten auszudünnen, haben sie noch zusätzliche Leute eingestellt!

    Ja, sobald es um den Profit geht, hört die Sicherheit auf.

  • Lieferando: Das Essen wird geschützt, die Fahrer nicht

    Schutz für die Arbeiter, die für Lieferando täglich Essen ausliefern und dabei zig Türklinken anfassen und fremden Leuten gegenübertreten? Fehlanzeige. Nichts gibt es für sie: Keine Schutzkleidung, kein Desinfektionsmittel, keine Schulungen… Der einzige Beitrag von Lieferando zum „Gesundheitsschutz“ besteht darin, dass die Arbeiter aus hygienischen Gründen die Firmen-E-Bikes nicht mehr benutzen dürfen, sondern jetzt mit ihrem Privat-Fahrrad fahren müssen!
    Lieferando rühmt sich damit, ein „neues und kreatives“ Unternehmensmodell zu sein. Kreativ sind sie, zumindest in der Ausbeutung ihrer Arbeiter.

  • Schließung der Grenzen: schlechter für alle

    Nun dürfen also doch 80.000 Erntehelfer einreisen, weil es sonst… keine Ernte geben würde.
    Nach der Schließung der Grenzen hatte die Regierung zwar zunächst versucht, die Arbeiterinnen und Arbeiter aus Osteuropa durch Studenten oder Kurzarbeiter zu ersetzen. Aber man lernt die Arbeit auf dem Feld nicht innerhalb von ein oder zwei Tagen. Und die zum Teil empörend schlechten Arbeitsbedingungen und Löhne tragen auch nicht gerade dazu bei, Arbeitskräfte für die Landwirtschaft zu gewinnen. Ähnlich sieht es in der häuslichen Pflege aus, in Pflegeeinrichtungen, auf den Schlachthöfen…

    Ja, ohne ausländische Arbeitskräfte würden ganze Teile unserer Wirtschaft nicht mehr funktionieren. Eine Tatsache, die selbst diejenigen heute nur schwer leugnen können, die die Migranten sonst gerne für alles Schlechte verantwortlich machen.

  • Die Ärmsten trifft die Krise am härtesten

    Wegen der Ansteckungsgefahr haben die Jobcenter fast überall die 1-Euro-Jobs ausgesetzt – aber die Bezahlung gleich mit. Gerade die, die ohnehin schon jeden Monat rechnen müssen, um genug für Essen, Strom und Rechnungen zusammenzukratzen, haben nun von heute auf morgen bis zu 250 Euro weniger im Monat. Ihnen bleibt nur noch die nackte Grundsumme von HartzIV zum Überleben.

    Ähnlich geht es denen, die sich dank kleiner Jobs durchschlagen: Die ihre Armutsrenten mit Nebenjobs aufbessern. Die von verschiedenen Putzstellen in Privathaushalten leben. Die auf Zuruf in Geschäften, Lagern, Fabriken aushelfen. Sie alle sind plötzlich am nackten Existenzminimum – und das zu einem Zeitpunkt, wo das ganze Leben teurer geworden ist:

    Weil die Kinder nicht mehr in der Kita oder der Schule essen, sondern zuhause verpflegt werden müssen. Weil Lebensmittelpreise gestiegen und billige Dosen oder Nudeln oft gar nicht zu bekommen sind. Und weil obendrein viele Tafeln geschlossen haben. Gerade Familien mit Kindern wissen gerade gar nicht mehr, wie sie den Monat überstehen sollen.
    Doch für sie alle ist im 1,2 Billionen-Rettungspaket der Regierung nicht ein Cent vorgesehen!

    Die Regierung betreibt ihre Rettungsaktion wie einst auf der Titanic: Rettungsboote für die erste Klasse – das eiskalte Meer für die dritte Klasse!

  • Söder und Laschet: Zwei Strategien, eine Politik

    Seit Beginn der Krise gibt es eine offene Rivalität zwischen Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) und NRW-Ministerpräsident Laschet (CDU): Beide versuchen die Krise zu nutzen, um sich als nächster Kanzlerkandidat in Stellung zu bringen.

    Laschet präsentiert sich offen als der Mann der Wirtschaft, der den Unternehmen so wenig Einschränkungen wie möglich auferlegen will – auch wenn dies hohe Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung mit sich bringt.

    Söder hingegen gibt sich als „starker Mann“, der alle Einschränkungen noch ein oder zwei Tage vor allen anderen Bundesländern eingeführt hat und sie mit massiven Polizeikontrollen und harten Strafen durchsetzt. Doch natürlich geht er dabei vor allem hart gegen Jugendliche im Park oder gegen Migranten vor – aber kein bisschen gegen Bosch, Schaeffler, SKF und Co., die hinter den Toren der Fabriken hunderte und tausende Arbeiter weiter zu Bedingungen schuften lassen, die sehr viel gesundheitsgefährdender für alle sind als Jugendliche im Park!

    Söder wie Laschet wählen unterschiedliche Wege, um im Wettkampf um die Kanzlerschaft der Basis von CDU und CSU zu gefallen. Doch im Kern unterscheiden sie sich nicht: In der Krise beschützen beide das Interesse des großen Kapitals.

  • Ohne Worte

    Das Robert-Koch-Institut stuft Menschen mit einschlägigen Vorerkrankungen oder ab 50 Jahren als Risikogruppe ein, die während der Corona-Epidemie besonders geschützt werden muss. Große Konzerne wie Evonik oder die Deutsche Bahn haben da lieber ihre eigenen Regeln festgelegt. Bei ihnen zählt man als älterer Mensch erst dann zur Risikogruppe, wenn man… bereits in Rente ist!

  • Kein Russisch Roulette mit unserer Gesundheit!

    Trotz der Schließung vieler Autowerke wird bei zahlreichen Zulieferern noch immer weiterproduziert. Um die Lager zu füllen, damit die Autowerke beim Wiederanlaufen sofort ausreichend Teile haben. Und um die chinesischen Fabriken zu beliefern, die ihre Produktion gerade wieder hochfahren.

    Zu diesen Zulieferern zählen Konzerne wie Bosch oder Schaeffler – und darüber hinaus ganz viele mittlere Unternehmen, die drei oder vier Standorte mit je ein paar hundert Arbeitern betreiben. Und gerade in diesen Betrieben, von denen niemand etwas mitbekommt, herrschen zum Teil empörende Bedingungen. Enge Umkleiden, nicht gereinigte WCs…
    Die einzigen „Schutzmaßnahmen“ bestehen meist darin, dass die Kühlschränke und oft auch die Pausenräume gesperrt wurden. Zum Teil dürfen die Arbeiter nicht einmal mehr duschen gehen. Kein Essen, kein Erholungsraum, keine Dusche: Nur 8 Stunden malochen, das ist erlaubt!

  • Die einen tragen das Risiko, die anderen den Geldbeutel

    Um die neuen gesetzlichen Hygiene-Bedingungen einzuhalten, haben viele Supermärkte eigene Securities für die Eingänge eingestellt: Sie regeln den Zutritt, teilen teilweise Plastikhandschuhe aus und schlichten Probleme. Oft haben sie selber nicht einmal Schutzmasken, obwohl sie täglich mit Hunderten fremder Menschen sprechen müssen – und das zu Niedriglöhnen!

    Rewe, Aldi, Lidl, Kaufland – sie alle verdienen sich dumm und dämlich an der Krise. Ihre Besitzer, die fast alle zu den reichsten deutschen Familien gehören, sitzen in ihren geschützten Villen und zählen das zusätzliche Geld. Doch für ihre Arbeiter „an der Front“ ist ihnen jeder Cent noch zu viel.

  • Pflegeheime: Eine vorhersehbare Katastrophe

    Es ist eine Katastrophe: für die Bewohner der Pflege- und Altenheime, für die Angehörigen, für die dort Beschäftigten: Jeden Tag kommt eine neue Hiobsbotschaft, hat das Coronavirus ein weiteres Pflegeheim in ein regelrechtes Sterbeheim verwandelt. Auch die Pflegekräfte gehen nur noch mit Magenschmerzen zur Arbeit, wohlwissend, was für ein hohes Risiko sie für ihre eigene Gesundheit eingehen. Die Zahl der infizierten Beschäftigten explodiert: In St. Augustin musste das erste Pflegeheim evakuiert werden, nachdem ein Drittel der Pflegekräfte am Virus erkrankt war.

    Wie könnte es auch anders sein? Schließlich fehlt es an allem: an Schutzausrüstung, Masken, zum Teil sogar Desinfektionsmittel. Und selbst wenn ausnahmsweise alles da sein sollte: Wie sollen die Pflegekräfte die Hygieneregeln einhalten, wenn sie allein für eine ganze Station zuständig sind, wenn sie von Zimmer zu Zimmer rennen, quasi bei drei Bewohnern gleichzeitig sein müssen?

    In den Alten- und Pflegeheimen leben fast ausschließlich Risikogruppen. Gerade sie müssten besonders gut geschützt werden. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Durch die kriminelle Spar- und Privatisierungspolitik werden sie im Gegenteil besonders schlecht geschützt – und die Pflegekräfte ebenfalls!

  • Es fehlt an Allem!

    In den letzten Tagen haben Beschäftigte der Krankenhäuser ihrer Wut über die Zustände Luft gemacht: Spontan und unabhängig voneinander haben sie an einer ganzen Reihe Krankenhäuser Unterschriften gesammelt oder offene Briefe an Gesundheitsminister Spahn und andere Politiker verfasst. Allein an der Charité in Berlin haben die Beschäftigten in ihren Reihen 4.500 Unterschriften in nur einer Woche gesammelt.
    Fast überall geht es um die gleichen Missstände. Um fehlende Schutzkleidung und insgesamt den fehlenden Schutz der Beschäftigten (zum Beispiel, dass Beschäftigte kaum getestet und Risikogruppen nicht geschützt werden). Um mehr Geld für die besonders gefährdende und belastende Arbeit. Und viele fordern außerdem Konsequenzen aus der Krise: nämlich mehr Personal und Geld – und Schluss mit der Profitlogik im Gesundheitswesen.

  • Kurzarbeit in Kliniken: Der Irrsinn ihres Systems

    Eine Reihe privater Kliniken und Reha-Kliniken hat in den letzten Wochen… Kurzarbeit beantragt! Betroffen sind vor allem Reinigungskräfte und Arbeitende in Küchen, Wäschereien und Transportdiensten. Weil OPs verschoben und Krankenhausbetten für mögliche Corona-Patienten freigehalten werden müssen, gibt es in zahlreichen Krankenhäusern und Reha-Kliniken weniger Patienten, für die geputzt, gewaschen, gekocht und transportiert werden muss.

    Doch die privaten Klinik-Konzerne wollen weder ihren Arbeitern das bisschen Ruhe zu gönnen, bevor die Arbeitshetze wieder losgeht – noch wollen sie den Pflegeheimen oder anderen Krankenhäusern aushelfen, in denen gerade jetzt jede zusätzliche Hand gebraucht würde, um zu putzen, die Hygiene einzuhalten, Mundschutze zu nähen, Patienten zu füttern und vieles mehr. Da schicken sie lieber die – ohnehin schlecht bezahlten – Arbeiterinnen und Arbeiter in Kurzarbeit und lassen sich das aus unserer Arbeitslosenversicherung bezahlen.

  • Verantwortungslos

    Sehr früh schon hat die Regierung die Krankenhausbetreiber aufgefordert, alle verschiebbaren Operationen abzusagen, damit Betten für die Corona-Patienten frei werden. Sehr viele Krankenhäuser haben sich daran gehalten. Doch gerade in privaten Krankenhäusern haben Beschäftigte immer wieder angeprangert, dass munter weiter operiert wurde – allen voran bei Krankenhaus-Konzernen wie Asklepios und Helios. Der Verlust einer gewinnbringenden Knie-Operation war für diese Konzerne offensichtlich erschreckender als die Vorstellung, Corona-Patienten durch überlastete Krankenhäuser in den Tod zu schicken.
    Erst als die Regierung zusicherte, für die leerstehenden Betten zu zahlen, machten auch die privaten Krankenhäuser im größeren Maßstab Betten frei. Als jedoch klar wurde, dass die Ausgleichszahlungen der Regierung niedriger sind als die OP-Gewinne, ist ihre Bereitschaft direkt wieder gesunken.

  • Corona bei Evonik: Weniger Leute, mehr Arbeit

    Da es bereits in fast jedem Werk von Evonik bestätigte Corona-Fälle gibt, hat die Werksleitung im Chemiepark Marl beschlossen, nur noch mit absoluter Minimalbesetzung zu arbeiten.

    Sie hat sich jedoch geweigert, den Arbeitern, die wegen der Ausdünnung der Schichten nach Hause geschickt wurden, den Lohn weiterzuzahlen. Stattdessen werden diese gezwungen, Minusstunden zu machen oder Urlaub zu nehmen.

    Ganz selbstverständlich hat die Werksleitung über das entschieden, als gehöre ihr der Urlaub. Doch Urlaub ist nicht für ihre Produktionsprobleme da, sondern zu unserer Erholung. Er gehört uns!

    Um dem Ganzen die Krönung aufzusetzen, wird nicht einmal weniger produziert. Im Gegenteil: Keine zwei Tage, nachdem die Schicht ausgedünnt worden war, wurde die Produktion in manchen Bereichen sogar noch weiter hochgefahren als sonst.

    Es ist nicht sicher, ob sich die Werksleitung mit dem Coronavirus angesteckt hat… aber ganz sicher hat sie den Profitavirus!

  • Uniklinik Essen: Mehr Lohn und Zeit zum Reinigen!

    Corona war der Tropfen, der das Fass für die Reinigungskräfte am Uniklinikum Essen zum Überlaufen gebracht hat. Seit das Klinikum die Reinigungsarbeiten in eine Tochterfirma ausgegliedert hat, erhalten sie ein Drittel weniger Lohn als vorher. Jetzt sollen sie täglich ihre Gesundheit riskieren, noch mehr als sonst – und das für den Mindestlohn!
    Sie haben außerdem viel zu wenig Zeit, um ihre Arbeit zu erledigen. Und nun müssen sie außerdem die Untersuchungs- und Patientenzimmer in den Corona-Bereichen regelmäßig grundreinigen, wegen der Ansteckungsgefahr. Doch dafür haben sie nicht eine Minute mehr Zeit bekommen.

    Viele haben sich gesagt: Jetzt reichts. In wenigen Tagen haben sie – trotz massiver Einschüchterungsversuche ihrer Vorgesetzten – 290 Unterschriften gesammelt, in denen sie mehr Lohn und mehr Zeit zum Reinigen fordern. Nachdem der Klinikvorstand sich geweigert hat, ihnen auch nur einen Cent und eine Minute mehr zu geben, haben sie die Zustände in der Presse veröffentlicht.

    Auch Pflegekräfte und andere Kollegen unterstützen ihre Kolleginnen. Sie wissen, wie wichtig die Arbeit ihrer Kollegen, wie wichtig gründliche Reinigung im Krankenhaus ist – und jetzt ganz besonders. Als Zeichen der Solidarität und um dem Klinikvorstand eine Botschaft zu senden, haben sie auf verschiedenen Stationen Fotos gemacht mit dem Slogan: „Mehr Lohn und Zeit zum Reinigen – wir stehen an eurer Seite“.

Kein Artikel in dieser Ausgabe.