Leitartikel
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Die eigenen Aktionäre und Manager plünderten Karstadt aus!
Während 70.000 Beschäftigte des insolventen Konzerns Arcandor (Karstadt) nicht wissen, was mit ihrer Zukunft ist, sitzen seine Aktionäre und Manager in einem goldenen Rettungsboot.
Seit Jahren haben die nämlich wertvolle Teile aus dem Konzern geklaut und damit Löcher in das „Boot“ Arcandor gerissen, das nun mitsamt der Mannschaft untergeht.Man nehme nur die Oppenheim-Bank, die ein Viertel von Arcandor besitzt. Die hat 2003 fünf Karstadt-Häuser sehr billig gekauft und sie danach für horrende Mieten an Karstadt zurück vermietet. Bis zu 23% vom Umsatz des Kaufhauses musste Arcandor als Miete zahlen!
Dabei ist schon eine Miete von 10% des Umsatzes die „Todesgrenze“ für ein Warenhaus. Alles darüber hinaus bedeutet zwangsläufig, ein Kaufhaus tief in die roten Zahlen zu treiben. Die Oppenheim-Bank hat also wissentlich ihr eigenes Unternehmen mit ruiniert!Die im Dunkeln sieht man nicht
Und warum hat Karstadt das mitgemacht? Vielleicht, weil alle seine Spitzenmanager (Urban, Middelhoff, Eick…) seit Jahren eng mit der Oppenheim-Bank verbunden sind? Gegen den Ex-Vorstandsvorsitzenden Middelhoff wurde deswegen jetzt ein Verfahren wegen Untreue eröffnet. Er und seine Frau haben nämlich jeder einen Anteil im Wert von 7,5 Millionen Euro an diesem Immobilienfonds der Oppenheim-Bank, der die Karstadt-Häuser besitzt. Er profitierte damit direkt von den horrenden Mieten.
Unter Middelhoff wurden tausende Arbeitende entlassen, mussten alle Beschäftigten massive Sparmaßnahmen erleben, weil es Karstadt „so schlecht“ gehe. So schlecht, dass er und seine Kumpanen jedes Jahr noch Millionen in ihren Taschen verschwinden lassen konnten… bis zum Tag der Insolvenz!Und das ist nur, was bekannt wurde. Wie viel dahinter liegt im Dunkeln, was niemand mitbekommt? Schließlich finden all diese Entscheidungen der Aktionäre, geschützt durch Bank- und Geschäftsgeheimnis, hinter verschlossenen Türen statt. Dabei entscheiden sie dort über Leben und Zukunft der Arbeiter, wie die Beschäftigten von Arcandor heute schmerzlich erfahren müssen.
Eine Kontrolle durch Beschäftigte und Bevölkerung
Es wäre dringend nötig, dass die Arbeitenden, die alle Reichtümer schaffen, auch kontrollieren, wie dieser Reichtum eingesetzt wird. Das Bank- und Geschäftsgeheimnis muss abgeschafft werden. Dann könnten die Beschäftigten von Arcandor und die Bevölkerung zum Beispiel schon seit Jahren wissen, was mit dem Geld bei Karstadt geschieht: wo es herkommt und über welche Wege es auf welche Konten fließt.
Wenn sie außerdem die Konten, den Immobilienbesitz, das Vermögen der großen Aktionäre und Manager kontrollieren könnten, dann hätten sie erfahren, wer welche Beziehungen zueinander hat, wer wo Vorteile und Aktien besitzt und wie viel des Reichtums der Arbeiter letztlich in den Taschen der parasitären Spekulanten landet.Dann würden die Beschäftigten – nicht nur bei Arcandor – auch sehen, dass genug Geld da ist, um alle Arbeitsplätze bei ordentlichen Löhnen zu erhalten, sogar trotz Insolvenz.
Die Arbeitenden und die Bevölkerung müssten sich auch das Recht erobern, hinter die verschlossenen Türen der Vorstände und Aufsichtsräte zu schauen: Nur so können sie die Pläne und Vorhaben der Unternehmer rechtzeitig im Vorfeld erfahren. Nur so hätten die Beschäftigten eine Chance, gegen schädliche und gefährliche Pläne wie den Verkauf und die Irrsinns-Mieten bei Arcandor mobil zu machen und sie rechtzeitig zu verhindern.
So schwer dieser Weg auch zu sein scheint – er ist in keinem Fall so schwer, wie reihenweise in Arbeitslosigkeit und Armut gestürzt zu werden. Er ist für die Arbeitenden auf Dauer die einzige Möglichkeit, der sozialen Katastrophe zu entgehen.
Internationales
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Iran: Mit Protesten wird es nicht vorbei sein
Der Wächterrat, das oberste Gremium der iranischen Diktatur, hat erneut bekräftigt, dass es den scheidenden Präsidenten Ahmadinedschad als den absoluten Wahlsieger des ersten Wahlganges und damit als neuen Präsidenten ansieht. Trotz der Massenproteste soll es keine Neuwahlen und auch keine Neuauszählung der Stimmen geben.
Hunderttausende sind in den vergangenen Tagen in Teheran und anderen Städten des Irans in Empörung dagegen auf die Straße gegangen. Sie haben das Gefühl, dass ihnen ihr Wahlzettel gestohlen wurde.Das iranische Regime antwortete mit brutaler Gewalt auf die Demonstrationen, mit Knüppeln und Scharfschützen: Dutzende haben ihr Leben verloren, zahlreiche wurden schwer verletzt und noch mehr verhaftet.
Nach dem Wenigen zu urteilen, was nach außen dringt, scheinen die Proteste nun vereinzelter und schwächer zu werden. Doch tagelang haben die Demonstranten, darunter viele junge Leute und auch viele Frauen, unter der Sympathie von Millionen Menschen mutig der staatlichen Gewalt standgehalten.Gegenkandidat Moussavi ?
Der Gegenkandidat Moussavi hatte in vielen Städtern die Hoffnung auf etwas mehr Freiheit in dieser islamistischen Diktatur geweckt, die allen mit Sittenpolizei und massiver Unterdrückung ihren Käfig aus Moralgesetzen aufzwingt. Doch als nun Hunterttausende spontan für ihn auf die Straße gingen, da brandmarkte Moussavi die Demonstranten zunächst sogar als „Unru-hestifter“ und rief immer wieder zur Ruhe auf.
Kein Wunder: Denn Moussavi ist kein Gegner, sondern ein fester Bestandteil des islamistischen Regimes. Sonst wäre er gar nicht Präsidentschaftskandidat. Denn der Wächterrat und der oberste Führer Khamenei, die die eigentliche politische Macht in den Händen halten, haben nur 4 von 475 (!) Kandidaten überhaupt zugelassen.
Moussavi ist sogar von 1981 bis 1989 schon Premierminister gewesen, als besonderer Liebling des damaligen religiösen Führers Ayatollah Khomeini. Unter Moussavi wurden zehntausende Oppositionelle verhaftet und getötet, wurden Widerstand und Streiks blutig unterdrückt. Die Veränderungen, die sich die iranische Bevölkerung von ihm erhoffen könnte, sind also mehr als begrenzt.
Seine zögerliche Haltung gegenüber den Demonstrationen und sein Programm, das sich ausschließlich an die Mittelschichten und nicht in Ansätzen an die ärmeren Schichten richtete, haben jedenfalls den Protesten nicht gerade geholfen, sich zu entwickeln.Hoffnung für die Zukunft
Es ist jedoch längst nicht gesagt, dass die Hunderttausenden, die spontan tagelang auf den Straßen waren und die Millionen, die mit ihnen sympathisierten, nun die nächsten Jahre wieder ruhig dieses diktatorische, menschen– und frauenverachtende Regime der Mullahs ertragen werden.
Die Zukunft wird es zeigen. Und auch, ob sich der Widerstand weiter auf die mittleren Schichten der Städte beschränken wird, oder ob er auch die große Masse der ärmeren Schichten, der Arbeiter und kleinen Bauern ergreifen wird, die besonders unter der dramatischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage leiden. Eine solche Bewegung hätte die Kraft und Möglichkeit, weit über einen Präsidentenwechsel hinaus den gesamten diktatorischen Staat in Frage zu stellen.