Leitartikel
-
Vom Krankenhaus zur Profit- und Ausbeutungs-Maschine
Erst hat der neue Gesundheitsminister Jens Spahn entdeckt, wie toll HartzIV angeblich die Armut bekämpft. Und nun erzählt er uns, wie toll wir im „guten deutschen Gesundheitswesen“ versorgt würden! Was meint er? Die Krankenhäuser und Pflegeheime, wo Beschäftigte von einem Patienten zum nächsten hetzen, zig Dinge gleichzeitig erledigen und nicht mal Zeit haben, Patienten zu trinken zu geben? Die Arztbesuche, wo gesetzlich Versicherte selbst notwendige Untersuchungen und Medikamente nicht bekommen?
Spahn hat mit seinen arroganten Sprüchen über die angeblich „eingebildete“ Benachteiligung von gesetzlich Versicherten und unseren angeblich zu hohen Ansprüchen klargemacht: Von ihm haben wir nichts zu erwarten. Im Gegenteil, hinter ein paar leeren Worten über „Sofortmaßnahmen für die Pflege“ plant die neue Regierung, die Zustände weiter zu verschlimmern. Die Kapitalisten haben nämlich in ihrer kriselnden Weltwirtschaft das Gesundheitswesen als Möglichkeit entdeckt, Gewinn zu machen. Und alle Regierungen helfen ihnen seitdem dabei, sich immer mehr Geld aus dem Gesundheitswesen unter den Nagel zu reißen. Eben deshalb werden die Zustände immer schlechter.
Nehmen wir nur die Krankenhäuser: Früher kam man hier nicht einmal auf die Idee, man könnte mit der Behandlung von Patienten „Gewinn“ oder „Verlust“ machen. Jede Untersuchung und jede Übernachtung wurde von den Krankenkassen einzeln bezahlt. Seit 15 Jahren aber erhält das Krankenhaus pro Patient nur noch eine Pauschale, die oft vorne und hinten nicht reicht. Daher machten auf einmal fast alle Krankenhäuser „Verlust“.
Also haben sie angefangen zu sparen. Sie haben viele Bereiche an Subfirmen ausgelagert, wo die Arbeiter zum Teil weniger verdienen als HartzIV. Und sie haben radikal Stellen abgebaut. Der Staat hat obendrein viel zu wenig Pflegekräfte ausgebildet.
Milliarden sind so bereits beim Personal eingespart worden (während die Konzerne für Medikamente und medizinische Geräte Jahr für Jahr mehr Geld von den Krankenhäusern bekommen).
Und die Spar-Schraube nimmt kein Ende. Denn jedes Mal, wenn die Krankenhäuser Geld eingespart haben, werden die Pauschalen weiter verringert… Mit katastrophalen Folgen: Mittlerweile sind die Zustände in den Krankenhäusern eine Gefahr für die Gesundheit aller dort Arbeitenden, und für die Patienten.
Und da die GroKo die Pauschalen nicht abschaffen will, werden weitere Einsparungen kommen!Pauschalen und Gewinn-Verlust-Logik haben die Krankenhäuser in eine Art Fabrik verwandelt. Patienten werden nach „Stückzahlen“ gerechnet: Man muss möglichst viele von ihnen pro Monat „durchschleusen“ – mit möglichst wenig Beschäftigten und großer „Gewinnmarge“. Ein Fünftel aller Krankenhäuser wurde sogar geschlossen, damit in den übrigen Krankenhäusern jedes Bett und jeder OP-Saal voll „ausgelastet“ ist. Lieber sollen Patienten auf dem Flur liegen, als dass manchmal Betten leer sind!
Mit dieser Fabrik-Logik ist ein Teil der Krankenhäuser trotz Spar-Pauschalen so rentabel geworden, dass private Konzerne sie haben wollen. Die fünf großen Krankenhaus-Konzerne (wie Fresenius/Helios oder Asklepios) haben bereits ein Drittel aller deutschen Krankenhäuser aufgekauft! Diese Konzerne verschenken einen Teil der Gelder des Krankenhauses als Gewinn-Ausschüt-tung an die Aktionäre. Meist kaufen sie das Krankenhaus obendrein auf Kredit und zahlen dann die Raten ebenfalls mit dem Geld des Krankenhauses zurück.Banken und Aktionäre stehlen so einen ganzen Teil des Gesundheitsbudgets. Und für die Arbeitenden bleibt umso weniger übrig. Kein Wunder, dass nach einer Privatisierung meist ein Viertel der Arbeitsplätze vernichtet oder mit drastischen Lohnkürzungen an Fremdfirmen ausgelagert wird. Entlassungen, unbeschreibliche Arbeitshetze und Niedriglöhne sind Alltag in den privatisierten Krankenhäusern.
Diese Konzerne führen außerdem nur Behandlungen durch, die Geld einbringen. Alles andere wird den öffentlichen Krankenhäusern überlassen oder schlichtweg gestrichen. Auf der Insel Sylt gab es nur eine einzige Geburtenstation. Asklepios hat sie geschlossen: Sie war nicht rentabel genug. Und sie schließen auch skrupellos das einzige Krankenhaus in 50 Kilometer Umkreis.
Und genau diese Privatisierung will die Große Koalition weiter vorantreiben! Mit einer Milliarde Euro pro Jahr will sie gezielt private Spezialkliniken fördern und Prämien für die Schließung gemeinnütziger Krankenhäuser zahlen. Ja, die Regierung will Prämien zahlen für die Zerstörung von Krankenhäusern mit all ihren Arbeitsplätzen und wunderbaren Möglichkeiten, Menschen zu heilen. Nur, um Auslastung und Gewinn der privaten Krankenhäuser noch zu steigern.
Diese kapitalistische Profitlogik ist wirklich krank, gefährlich und zerstörerisch: im Gesundheitswesen wie in allen anderen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft!
Doch mit der Verwandlung der Krankenhäuser und Pflegeheime in Profitmaschinen wurde auch offensichtlicher, dass die Beschäftigten dort Arbeiter sind wie alle anderen. Dass sie streiken können. Und dass sie dieselben Probleme und Gegner haben wie die Arbeiter in der Industrie und allen anderen Branchen: Arbeitshetze, Stellenabbau… Und genau das kann eine Stärke werden: Denn nur, wenn die Arbeiter sich zusammentun und entschlossen kämpfen, können sie das Kräfteverhältnis ändern, können sie Konzerne und Regierung zwingen, viele Arbeitende einzustellen und die Arbeit überall wieder unter mehr Kollegen aufzuteilen… und letztlich irgendwann die Gesellschaft aus dem Sumpf der Profitlogik befreien.
Internationales
-
Frankreich: Eisenbahner im Streik gegen den Angriff auf ihre Arbeitsbedingungen
Vor einem Jahr ist Macron in Frankreich Präsident geworden. Seitdem hat er ein Gesetz nach dem anderen verabschiedet, das den Superreichen ermöglicht, sich noch mehr und noch schneller zu bereichern: Die Konzerne müssen weniger Steuern zahlen, von der Vermögenssteuer ist quasi nichts übrig geblieben…
Für die arbeitende Bevölkerung hingegen hat er Schlag auf Schlag Maßnahmen durchgesetzt, die ihr Leben schwerer machen. Dank Macron können die Arbeiter noch einfacher entlassen werden, haben noch unsicherere und noch schlechtere Arbeitsbedingungen. Und geht es nach ihm, so gibt es bald noch 120.000 Arbeitsplätze weniger in Schulen, Krankenhäusern, im ganzen Öffentlichen Dienst.Und nun hat er einen regelrechten Frontalangriff auf die Arbeiter der französischen Bahn (SNCF) begonnen. Er will ihnen die Rechte wegnehmen, die die Arbeiter bei der Bahn noch hatten. Alle, die neu eingestellt werden, sollen weniger Rente und weniger Lohn bekommen und kaum noch Kündigungsschutz haben. Und vor allem will Macron, dass Strecken und Arbeiten der Bahn einfacher privatisiert werden können. Die Eisenbahner könnten dann gezwungen werden, zu den Privatbetrieben zu wechseln, die die Strecke oder Werkstatt übernommen haben: Betriebe, in denen wesentlich schlechtere Bedingungen herrschen.
Die Eisenbahner wollen diesen Angriff auf ihre gesamten Arbeitsbedingungen verhindern. Deshalb haben sie seit Ende März angefangen zu streiken. Sie kämpfen dagegen, dass all die Verschlechterungen, die die Bosse bereits in den Privatbetrieben durchsetzt haben, auch bei der Bahn stattfinden. Und sie wollen verhindern, dass die junge Generation in noch größerer Unsicherheit und für noch schlechtere Löhne und Renten arbeitet.Die Regierung und die Medien tun so, als würden die Arbeitenden bei der Bahn – weil sie noch nicht ganz so schlechte Bedingungen haben wie in vielen Privatbetrieben – unerträgliche „Privilegien“ genießen. Sie versuchen auf diese Weise, die Eisenbahner von der übrigen Bevölkerung zu isolieren. Doch in Wahrheit betrifft der Angriff auf die Eisenbahner alle Arbeiter.
Die Eisenbahner haben den Ruf, dass sie mehr als andere in der Lage sind, Widerstand zu leisten. Macron will sie genau deswegen kleinkriegen. Er hofft, dass er danach die gesamte Arbeiterklasse in die Knie zwingen und ihr ohne großen Widerstand Verschlechterungen in noch ganz anderer Größenordnung aufzwingen kann. Gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass die Arbeiter bei der Bahn sich wehren.
Bislang beteiligen sich viele an dem Streik, wenn auch in unterschiedlichem Maß. Manche streiken nur eine Stunde mit, manche einen Tag, andere an allen Streiktagen… Insbesondere bei den Lokführern und Zugbegleitern ist die Streikbeteiligung sehr hoch.Nachdem es ein Jahr lang kaum Reaktionen auf die Angriffe gegeben hatte, bringen derzeit außerdem verschiedene Gruppen mit Protesten und einzelnen Streiktagen ihren Unmut über die Verschlechterungen in ihrem Bereich zum Ausdruck: Beschäftigte der Krankenhäuser und Altenheime, Müllwerker, Rentner, Arbeitende des Öffentlichen Dienstes, Studenten, ebenso Arbeiter privater Konzerne wie bei Air France oder der Einzelhandelskette Carrefour. All das schafft eine etwas andere Stimmung und stärkt die streikenden Eisenbahner.
Wie wird ihr Streik weitergehen? Es gibt gerade bei der französischen Bahn Traditionen, dass sich alle Streikenden Tag für Tag in ihren jeweiligen Betrieben versammeln, jeden Tag gemeinsam entscheiden, ob und wie sie weiter streiken wollen, wo sie über die Entwicklung des Streiks diskutieren und organisieren, was sie tun wollen: zum Beispiel, sich an die Fahrgäste wenden, an nicht-streikende Bahnarbeiter, an Arbeiter anderer Betriebe…
Doch statt an diese Traditionen anzuknüpfen, hat die Gewerkschaftsführung diesmal von oben entschieden, dass nur an einzelnen Tagen gestreikt wird und sogar bereits für drei Monate festgelegt, welche Tage dies sein werden. Dies nimmt nicht nur den Streikenden das Recht, über ihren eigenen Streik zu entscheiden und ihn zu gestalten. Es ist vor allem auf Dauer zermürbend.Noch allerdings ist alles offen. Die Eisenbahner erleben derzeit an den Streiktagen ihre Stärke und sind stolz auf die große Streikbeteiligung. Diejenigen, die Flugblätter verteilen oder sich an anderen Aktionen in der Öffentlichkeit beteiligen, werden bestärkt durch die Solidarität von anderen Arbeitern und Fahrgästen, die sie dort erleben. Zum ersten Mal seit Jahren fangen einige an sich zu sagen, dass sie nicht nur protestieren, sondern gegen die Regierung gewinnen könnten.
Und so bleibt eine Chance, dass der Kampf weitergehen und sich über die einzelnen Tage hinaus ausweiten kann.