Leitartikel
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Unsere Wut braucht eine Perspektive, keine Sackgassen
In Altena im Sauerland greift ein Mann den Bürgermeister mit einem Messer an. Der 56jährige arbeitslose Maurer begründet seine Tat politisch: Der Bürgermeister helfe den Flüchtlingen und nicht Leuten wie ihm, dessen Haus zwangsversteigert wird und dem man das Wasser abgedreht hat. Eine Woche später versucht ein 37jähriger Arbeitsloser, einen Beschäftigten des Jobcenters umzubringen, nachdem man ihm das wenige HartzIV gekürzt hat.
Beide Ereignisse sind einerseits Einzelfälle. Doch gleichzeitig sind sie ein beunruhigendes Symptom einer tiefergehenden Entwicklung. Beide Männer gehören zu der wachsenden Zahl derer, die Arbeitslosigkeit, Verschuldung und die Schikanen des HartzIV-Systems in die Verzweiflung treibt. Sie haben die Wut im Bauch. Doch sie richten die Wut nicht gegen die Verursacher dieser Zustände, sondern gegen andere Arbeiter oder gegen noch Ärmere als sie selber.
Nicht die Beschäftigten im Jobcenter haben sich das perfide bürokratische System ausgedacht, das Arbeiter, die ihren Job verloren haben, gezielt erniedrigt und zur Verzweiflung treibt: Damit sie jede Arbeit annehmen, egal wie schlecht bezahlt und unsicher sie ist. Das haben die Regierungen getan, um den Kapitalisten in ihrem Krieg gegen die Arbeiter zu helfen. Die Arbeitenden im Jobcenter sind selber Opfer davon, sind teils selber befristet und haben HartzIV erlebt.
Nicht die Flüchtlinge sind schuld, dass die Konzerne ständig Arbeiter in die Arbeitslosigkeit stoßen. Und dass niemand hilft, wenn die Banken Arbeiter und Rentner mit Krediten erdrosseln, sie ihre Wohnung verlieren oder E.ON ihnen den Strom abstellt. Im Gegenteil, die Flüchtlinge sind selber Opfer dieses Systems. Erst hat der Krieg der Großmächte ihnen in ihrer Heimat alles genommen: Arbeit, Wohnung, zum Teil das Leben ihrer Familie. Und nun gehören sie hier zu den vielen Arbeitern, die hin und her gestoßen werden zwischen schlecht bezahlten Jobs, Tagelöhnerarbeiten und den Schikanen der Ämter.
Doch die Idee, die Flüchtlinge wären für die Existenzsorgen der übrigen Bevölkerung verantwortlich, wird gezielt verbreitet. In ekeligster Form von der AfD, die mit ihrer Hetze Verzweifelte regelrecht bewaffnet. Doch auch CDU und SPD reden dauernd von den „Problemen“ und „Kosten“ der Flüchtlinge.
Keiner dieser Politiker fragt je, wie viel zig Milliarden der Staat für E.ON oder VW ausgibt, für Subventionen, Steuergeschenke und die Beseitigung ihrer Umweltskandale. Oder redet ständig von den 8 Milliarden, die allein der neue Stuttgarter Bahnhof kostet. Und keiner redet von den tiefgreifenden Problemen, die Siemens, General Electrics, Thyssen oder die Deutsche Bank verursachen, indem sie trotz Milliardengewinnen tausende Arbeiter entlassen.
AfD, CDU, SPD, alle schützen die Kapitalisten, die auf dem Rücken der Arbeiter und der ganzen Welt unfassbare Reichtümer aufhäufen − indem sie die Wut über die Folgen davon auf Teile der einfachen Bevölkerung lenken. Und egal, wenn dadurch am Ende vielleicht Arbeiter auf andere Arbeiter losgehen!
Wenn die arbeitende Klasse aus diesem bedrohlichen Schlamassel rauskommen will, muss sie ihre Wut gegen die wahren Verursacher richten. Nur wenn die Arbeiter, ob mit oder ohne Arbeitsplatz, ob noch im Berufsleben oder Rentner, ob Deutsche oder Migranten, zusammenhalten, sind sie stark genug, um ihre Interessen gegen diejenigen durchzusetzen, die ihre Existenz bedrohen: die kapitalistische Klasse. Und es braucht wieder eine politische Kraft, die in den Betrieben, den Stadtteilen, ja überall diese Perspektiven vertritt.
Vor langer Zeit hat die SPD diese Rolle gespielt. Doch sie hat längst die Seite gewechselt. Seit vielen Jahrzehnten macht sie Politik für die Unternehmer. Sie versucht zwar immer noch so zu tun, als könnte sie gleichzeitig die Interessen der Unternehmer UND der Arbeiter vertreten. Nur gelingt der SPD diese Täuschung immer weniger, weshalb sie auch immer mehr Stimmen verliert.Auch in den jetzigen Regierungsverhandlungen wird die SPD wieder so tun, als wolle sie auch „soziale“ Forderungen für die Arbeiter durchsetzen. Nichts als leere Worthülsen! Die kapitalistische Klasse verlangt eine Politik, die sie immer reicher macht… indem sie immer mehr Arbeitende niederdrückt. Und sollte die SPD doch wieder in die Regierung gehen, wird sie genau diese Politik fortsetzen. Auch wenn sie damit noch mehr Wähler und Mitglieder verliert.
Selbst die in der SPD, die heute gegen eine Regierungsbeteiligung sind, haben im Grunde keine andere Perspektive. Sie hoffen, ein paar Jahre Opposition könnten kurzzeitig die Illusion zurückbringen, die SPD stünde „auf Seiten der kleinen Leute“. Aber nur, um so bei der nächsten Wahl wieder mehr Stimmen zu bekommen… und dann wieder genau dieselbe Politik zu machen wie heute!
An dem Dilemma der SPD zeigt sich, in was für eine Sackgasse ihre Politik führt. Eine Sackgasse, in die sie viele Arbeiter mit hineingezogen hat, die ihr vertraut hatten. Die SPD hat damit einen großen Anteil an der heutigen Verbitterung und politischen Orientierungslosigkeit.
Einen Ausweg kann nur eine politische Strömung bieten, die zu 100 Prozent auf Seiten der Arbeiter steht und ihnen hilft, sich darauf vorzubereiten, den Kampf gegen die kapitalistische Klasse wieder aufzunehmen und ihr letztlich die Macht streitig zu machen. Dass eine solche Strömung wieder entsteht, wird für unsere Zukunft entscheidend sein.
Internationales
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Trump und die westlichen Großmächte sind Israels Komplizen gegen die Palästinenser
Wir veröffentlichen im Folgenden einen Artikel unserer französischen Genossen von Lutte Ouvrière vom 11. Dezember 2017.
Trumps Erklärung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, ist ein Ausdruck für die ganze Arroganz und Verachtung der imperialistischen Herrscher. Dass dieser Narr und Provokateur dies aus innenpolitischen Gründen getan hat, um seiner anti-arabischen und anti-muslimischen Wählerschaft zu gefallen, ändert daran nichts.
Seit jeher sollte Jerusalem die Hauptstadt des zukünftigen, palästinensischen Staates werden. Trump hat nun zu verstehen gegeben, dass dies für die USA nicht in Frage kommt. Er hat damit offiziell die Annexion Ost-Jerusalems durch die israelischen Truppen infolge des Sechs-Tage-Kriegs von 1967 gebilligt. Die USA, die sich so „demokratisch“ geben, unterstützen all den Landraub, den der israelische Staat seit Jahrzehnten auf Kosten der Palästinenser begeht.
Als der israelische Staat nach dem Zweiten Weltkrieg gegen den Willen der britischen Kolonialmacht gegründet wurde, entsprach dies dem legitimen Wunsch vieler Juden, ihren eigenen Staat zu haben, nachdem sie die Verfolgung und den Völkermord der Nazis überlebt hatten. Aber dieser Staat hätte nicht gegen das palästinensische Volk aufgebaut werden müssen, dessen Recht auf einen Staat ebenso legitim war. Beide Völker hätten auf einem Stück Erde zusammenleben können, wie es in so vielen Gegenden der Welt der Fall ist.
Der israelische Staat jedoch wurde von Anfang an auf der Unterdrückung der Palästinenser aufgebaut. Sie wurden gejagt, in Lager gepfercht und zu Flüchtlingen auf ihrem eigenen Land gemacht.
Heute haben die Palästinenser keinen Staat, sondern zwei voneinander getrennte Gebiete, zerfressen durch die Kolonien, zerstückelt durch unüberwindliche Mauern und extrem überwachte Grenzen; zwei Gefängnisse unter freiem Himmel, ohne jede Chance auf wirtschaftliche Entwicklung, ohne Bewegungsfreiheit − unter der ständigen Gewaltherrschaft der israelischen Armee und Polizei.
Der Entscheidung Trumps folgten zahlreiche Äußerungen der Missbilligung, vom UN-Generalsekretär bis zu den europäischen Staatschefs. Was für eine Heuchelei! Der kleine Staat Israel kann nur deshalb das palästinensische Volk unter seiner Knute halten, weil er seit Jahrzehnten das Wohlwollen der Großmächte genießt.
Die Resolutionen der UNO haben die Annexionen verurteilt, die Kolonisierung der besetzen Gebiete und das Los, zu dem man die Palästinenser verdammt. Doch Israel kümmert sich nicht im Geringsten darum. Denn die politischen Führer dort wissen, dass sie auf die Unterstützung der Großmächte zählen können.
Für sie ist der Nahe Osten eine ehemalige Kolonie, ein großes Ölfeld, an dem sie ihre eignen Interessen haben. Zusammen mit anderen Staaten wie Saudi-Arabien ist Israel in dieser Region der Hüter dieser imperialistischen Interessen.
Und so vergießen die westlichen Staaten zwar in regelmäßigen Abständen einige Krokodilstränen über das Los der Palästinenser und machen dem israelischen Gendarmen ein paar Vorhaltungen. Doch die Geschäfte laufen weiter. Der israelische Staat, dessen Premierminister Netanyahu erst Sonntag noch von Macron empfangen wurde, weiß, dass die westlichen Staaten ihn in seinem endlosen Krieg gegen die Palästinenser unterstützen werden, was auch immer sie tun.
Die Führer der arabischen Staaten sind nicht weniger heuchlerisch. Im Lauf der Geschichte haben sie die Palästinenser wie Feinde behandelt, weil sie das Beispiel fürchteten, dass deren Kampf ihren eigenen Völkern gab. Und sie haben nicht gezögert, sie niederzumetzeln, wie beim Schwarzen September 1970 in Jordanien.
Auch das saudische Regime kritisiert die Entscheidung Trumps. Welch eine Farce! Die Öl-Scheichs behandeln ihre eigene Bevölkerung nicht anders als Israel die Palästinenser.
Sie halten Millionen Immigranten, die ihre Städte bauen und ihre Bohrtürme bedienen, in einer Art Sklaverei. Sie verweigern den Frauen die elementarsten Rechte: das Recht, ohne Einwilligung ihres Herrn Ehemanns zu arbeiten, zu studieren, einen Pass zu beantragen oder ein Bankkonto zu eröffnen. Sie richten die Jemeniten mit ihren Bomben zugrunde. Und genau wie Israel genießt dieses reaktionäre, feudale Regime das Wohlwollen der Großmächte, denen es sein schwarzes Gold verkauft und von denen es Todesmaschinen kauft.
Steuern wir auf eine neue Intifada dieser palästinensischen Jugend ohne Zukunft zu? Ihr empörendes Los macht jedenfalls deutlich, wie unfähig diese von den imperialistischen Interessen beherrschte Welt ist, den Völkern ein Leben in Würde zu ermöglichen. Trump hat den Palästinensern einen weiteren Schlag versetzt. Aber seine Komplizen heißen Macron, May und Merkel.
Um ihre Ordnung aufrecht zu erhalten, verurteilen die Reichen und Mächtigen dieser Welt ein gesamtes Volk zu lebenslänglichem Gefängnis. -
Trump weiß (manchmal), was er tut
Trump und die US-Regierung wollen eine riesige Steuerreform durchsetzen. Ihr Herzstück besteht darin, dass die Unternehmenssteuer auf Gewinne von 35% auf 20-22% sinken soll. Die Kapitalisten sparen auf diese Weise 150 Milliarden Dollar pro Jahr! 150 Milliarden, die dann im Gesundheitswesen, in den Schulen, beim Brückenbau und allem anderen Nützlichen fehlen.
Trump mag geistig gestört sein. Aber er ist ein guter und zielstrebiger Diener der kapitalistischen Klasse.Kaum hat die US-Regierung ihre Steuersenkungen angekündigt, kommt auch prompt die Reaktion deutscher Politiker und Konzernchefs: „Wenn die USA die Steuern für Unternehmen senken, dann müssen sie auch in Deutschland gesenkt werden – sonst gehen alle Firmen mit ihren Gewinnen in die USA.“ Dabei hatte Trump die Steuersenkungen in den USA eben damit begründet, dass die Firmen in den USA bislang viel mehr zahlen müssen als in Europa.
Es ist ein schönes Ping-Pong-Spiel, bei dem sich die Regierungen gegenseitig die Bälle zuspielen und so mit der Entscheidung der jeweils anderen Regierung rechtfertigen, was sie ohnehin tun wollten: Den Konzernen auch noch die letzten Steuern zu schenken.