Vor 200 Jahren, am 5. Mai 1818, wurde Karl Marx geboren. Zu seinem 200. Geburtstag sind viele Dokumentationen, Ausstellungen und Zeitungsartikel erschienen. Seine Geburtsstadt Trier hat eine Statue von ihm aufstellen lassen. Und alle nennen Marx einen „bedeutenden Mann“… der Vergangenheit.
Der Vergangenheit? Sicher nicht. Marx lebte zwar in der Anfangszeit der Industrialisierung. Doch er hat herausgefunden, wie der Kapitalismus funktioniert.
Er hat die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus so gut verstanden, dass er bereits 1850 vorhersagen konnte, dass der Kapitalismus bis heute zu einem einzigen weltweiten Wirtschaftssystem werde, in dem jede Branche von wenigen Großkonzernen beherrscht wird. Und in dem eine winzige Minderheit, die kapitalistische Klasse, immer gigantischere Reichtümer anhäuft, während die übrige Menschheit in Armut, Elend und Zerstörung getrieben wird.
Doch nicht nur seine Analyse des Kapitalismus ist aktueller denn je. Marx zukunftsweisende Bedeutung liegt darin, dass er erkannt hat: Es gibt eine Klasse, die keinerlei Interesse am Erhalt des Kapitalismus hat und die als Einzige in der Lage ist, ihm ein Ende zu machen. Und das ist die Arbeiterklasse.
Marx fand heraus, warum die Kapitalisten die Arbeiter nie in Ruhe lassen können, warum sie immer versuchen werden, noch mehr, noch schneller, noch länger arbeiten zu lassen, zu noch niedrigeren Löhnen – und dies auch mit brutalen Methoden durchsetzen. Warum die Arbeitenden sich daher zwangsläufig immer wieder wehren und gemeinsam kämpfen müssen.
Marx zeigte auf, dass diese Profitgier und der Klassenkampf zwischen den Kapitalisten und den Arbeitenden eine zwangsläufige Folge der kapitalistischen Wirtschaft sind.
Marx zeigte jedoch auch auf, dass die Arbeiter eine andere Perspektive haben, als ewig in den Mühlen der Ausbeutung gefangen zu bleiben: Wenn sie in ihren Kämpfen gegen die Angriffe der Kapitalisten und ihres Staates irgendwann zu dem Bewusstsein kommen, dass sie ihre Lage nur wirklich ändern können, wenn sie als Arbeiterklasse selber die Macht ergreifen und die Leitung der Gesellschaft übernehmen. Dann nämlich können sie die Konzerne und Banken in Eigentum der gesamten Gesellschaft verwandeln und nicht mehr nach Profitlogik, sondern geplant nach den Bedürfnissen der Menschheit produzieren.
Marx hatte erkannt, dass der Kapitalismus selber den Arbeitern – und nur ihnen – die Macht hierzu verleiht. Denn je weiter sich der Kapitalismus ausbreitet und entwickelt, desto zentraler wird ihre Rolle in der Wirtschaft.
Waren sie zu Marx Zeiten noch eine kleine Minderheit in nur wenigen Ländern, sind die Arbeiter heute die Mehrheit der Weltbevölkerung: Von den Näherinnen in Bangladesch über die Fabrikarbeiter in China und Brasilien und die Bergleute in Südafrika bis zu den Arbeitern im Lager bei Amazon in Deutschland. Von den Verkäuferinnen über die Arbeitenden bei der Bahn und in den Krankenhäusern bis zu den Bankangestellten und Programmierern. Von den Festangestellten über die Leiharbeiter bis zu den Tagelöhnern.
Die Arbeiterklasse ist so zahlreich wie nie zuvor – und sie hält alle wichtigen Hebel der modernen Wirtschaft in ihren Händen. Ohne ihre Arbeit läuft gar nichts!
Marx machte jedoch auch deutlich, dass ihre Zahl und ihre wichtige Rolle in der Wirtschaft nur dann zu einer Macht werden können, wenn die Arbeiter zusammenhalten. Wenn sie sich der Tatsache bewusst werden, dass sie alle Teil einer einzigen gemeinsamen, weltweiten Klasse – der Arbeiterklasse – sind, mit gemeinsamen Interessen, gemeinsamen Gegnern und einer gemeinsamen Zukunft.
„Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!“ ist daher der Aufruf, mit dem sich Marx und Engels am Ende des Kommunistischen Manifests an die Arbeitenden der Welt wenden. Eine Perspektive, die heute aktueller ist denn je.
Die Arbeiterklasse ist durch und durch international. In allen großen Betrieben in Deutschland arbeiten Arbeiter aus 10, 15 Nationen zusammen, während deutsche Konzerne ihrerseits Betriebe in 20 Ländern und mehr haben. Gerade diese Tatsache versetzt die Arbeiterklasse aber auch in die beste Lage, um den Kapitalismus weltweit zu stürzen und an die Stelle der kapitalistischen Weltwirtschaft, die die Menschheit immer weiter in den Abgrund treibt, weltweit eine andere, eine sozialistische Gesellschaftsordnung aufzubauen.
Marx hatte ein tiefes Verständnis für die Entwicklung des Kapitalismus und der Geschichte – und eben deshalb ein so tiefes Vertrauen in die Arbeiterklasse, in ihre revolutionäre Rolle und Kraft.
Diese Überzeugung von Marx ist weiterhin aktuell. Vor allem der Stalinismus und nach ihm zahlreiche andere Regime haben die Ideen von Marx missbraucht, verfälscht und in ihr Gegenteil verkehrt, sodass sie viele Menschen heute mit der Diktatur einer Minderheit verbinden statt mit der Befreiung und demokratischen Herrschaft der weltweiten Arbeiterklasse.
Umso wichtiger ist es, diese Ideen am Leben zu erhalten. Mehr noch, dazu beizutragen, dass in der Arbeiterklasse wieder Selbstbewusstsein und revolutionäre Perspektiven entstehen, ist das Wichtigste, was man heute tun kann, wenn man nicht in der kapitalistischen Barbarei versinken will.