Unikliniken Düsseldorf und Essen: Ein erfolgreicher Streik mit vielen wertvollen Erfahrungen

— Nr.

In 34 Streiktagen am Uniklinikum Essen und 44 Tagen in Düsseldorf haben die Arbeitenden 180 zusätzliche Arbeitsplätze pro Klinikum erkämpft! Sie haben durchgesetzt, dass fast keine Pflegekraft nachts mehr alleine auf einer Station sein muss. Überhaupt ist nun zum ersten Mal verbindlich festgelegt, wie viele Pflegekräfte mindestens auf einer Station sein müssen. Und nicht zuletzt haben sie durchgesetzt, die Beschäftigten, die das Uniklinikum Düsseldorf in Tochterfirmen mit Mindestlöhnen ausgelagert hat, einen Tarifvertrag mit höheren Löhnen bekommen sollen.

Das war alles andere als einfach. Klinikvorstände und Regierung haben nämlich freiwillig gar nichts herausgerückt – trotz all ihrer großen Reden, dass man für mehr Personal im Krankenhaus sorgen wolle. Im Gegenteil, sie haben hartnäckig ihre Sparpolitik verteidigt und ihr Recht, die Beschäftigten auszupressen.
Doch sie hatten nicht mit der Entschlossenheit Streikenden gerechnet. An beiden Kliniken hat nur eine Minderheit gestreikt, rund 300-400 von ein paar tausend Beschäftigten. Aber die haben sich nicht kleinkriegen lassen.

Geholfen hat dabei, dass die große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen, die aus unterschiedlichen Gründen selber nicht gestreikt haben, trotzdem mit dem Streik solidarisch waren. Die Streikenden waren also nicht isoliert, und dies hat sicher auch dazu beigetragen, dass die Vorstände am Ende nachgegeben haben.

In diesem Streik haben gut 15 verschiedene Berufe zusammen gestreikt: Pflegekräfte, Beschäftigte aus Reinigung, Service, Küche, Krankentransport, Laboren, Einkauf,… Das ist nicht selbstverständlich im Krankenhaus, wo die Hierarchien zwischen den Berufen sehr stark sind.

Bis zum Schluss haben die Vorstände versucht, die Streikenden nach Berufen zu spalten. Sie haben den Pflegekräften etwas mehr Personal versprochen, wenn sie aufhören zu streiken – aber den Arbeitenden der anderen Berufe wollten sie nichts geben.
Noch massiver haben sie diese Spaltung gegenüber den Tochterfirmen (also den Subfirmen) versucht. Vorstände und Politiker haben den Streikenden versucht zu „erklären“, dass die Beschäftigten des Uniklinikums und der Tochterfirmen keinen gemeinsamen Streik machen dürften, da sie „rechtlich“ nicht zum gleichen Betrieb gehören – obwohl sie alle im Klinikum arbeiten. Sie wollten erreichen, dass die Streikenden gerade die Kollegen fallen lassen, die es ohnehin am schwersten haben: meist Migranten, die in diesen Tochterfirmen viel unsicherere Verträge, schlechtere Bedingungen und Löhne haben.

Doch der Streik, in dem man sich besser kennengelernt und zusammen gekämpft hat, hat alle Kollegen zusammengeschweißt. Und so haben sie den Vorständen stets geantwortet: „entweder alle oder keiner“ – bis diese am Ende auch 40 Stellen für die Nicht-Pflegeberufe herausrücken und Tarifverhandlungen für die Tochterfirmen versprechen mussten.
In einer Zeit, in der Unternehmer und Politiker uns permanent versuchen zu spalten (ob nach Berufen, nach Nationalität, Religion und Hautfarbe, nach Geschlecht, in Stammbelegschaft, Befristete, Leiharbeiter und Subfirmen) ist dies vielleicht der größte Erfolg ihres Streiks.

Insbesondere in Essen hatten die Streikenden ihren Streik außerdem unter ihrer eigenen Kontrolle. Sie haben selber und gemeinsam entschieden, was sie in ihrem Streik fordern. Jeden Morgen haben sich alle Streikenden versammelt, haben über alle wichtigen Fragen, Probleme und Aktionen im Streik diskutiert und entschieden. Nach jedem Treffen mit dem Vorstand wurde darüber offen berichtet und die Streikenden haben gemeinsam diskutiert, was sie von den Angeboten und Verhaltensweisen der Vorstände halten und wie sie darauf reagieren. All das hat die Vertreter der Arbeitgeber, die an vertrauliche Verhandlungen mit bekannten Funktionären der Gewerkschaft gewohnt sind, ziemlich irritiert.

In dieser Gesellschaft wird man daran gewöhnt, die Politik den Politikern und die Fragen im Betrieb dem Betriebsrat und der Gewerkschaftsleitung zu überlassen. In diesem Streik hingegen haben viele Arbeitende zum ersten Mal erlebt, dass sie sehr wohl fähig sind und es sogar besser ist, wenn sie die Dinge selber in die Hand nehmen.

Und sie haben noch eine wichtige Erfahrung für die Zukunft gemacht. Nämlich, dass sie Teil einer Gemeinschaft sind: der arbeitenden Klasse. Und dass es in ihr auch heute noch Solidarität gibt.
Delegationen aus verschiedenen Betrieben und Branchen sind im Streikzelt vorbeigekommen, um den Streik zu unterstützen. Umgekehrt sind die Streikenden zu anderen Krankenhäusern und Betrieben gefahren und in verschiedene Essener Stadtteile. Und fast alle, die sie dort angesprochen haben, haben den Streik unterstützt, mit ihrer Unterschrift und zum Teil mit Geld.

Viele haben sich gefreut, dass sich endlich jemand wehrt. Zum einen, weil jeder selber morgen Patient sein kann. Und auch, weil die meisten im eigenen Betrieb selber unter Stellenabbau, Arbeitshetze und Auslagerungen leiden. Mehr als einmal haben Arbeiter gesagt: „Was ihr macht, das müssten wir überall machen.“
Und es stimmt. Alle Arbeitenden haben im Grunde die gleichen Probleme und Interessen. Gerade das macht es uns möglich, gemeinsam zu kämpfen. Und eben das kann uns morgen stark machen.