Am 25. November stand Vieles still in der Türkei: Die Arbeitenden hatten alle Züge angehalten, Flüge fielen aus, Schulen und Poststellen waren geschlossen und in Krankenhäusern arbeitete nur der Notdienst.
Mit dem landesweiten Streiktag und großen Demonstrationen drückten die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes ihren Ärger über ihre Löhne aus, für die sie sich immer weniger kaufen können. Die Regierung hat ihnen 5% Lohnerhöhung „angeboten“, während die Inflation 9% beträgt. Und einige lebensnotwendige Güter sind seit einem Jahr sogar um 20%, 50% oder, wie städtische Gaspreise, um 80% teurer geworden.
Eine Million Arbeitende im Öffentlichen Dienst, das heißt jeder zweite, beteiligte sich an dem Streiktag. Und das, obwohl er verboten war und die Regierung ihnen offen drohte.
Premierminister Erdogan erklärte im Fernsehen: „Dieser Streik ist illegal und diejenigen, die daran teilnehmen wollen, müssen damit rechnen, den Preis dafür zu zahlen.“
Seit dem Militärputsch 1980 ist es den Arbeitenden im Öffentlichen Dienst der Türkei verboten, zu streiken. Doch dieses Mal ließen sich viele von ihnen durch das Verbot und die Drohungen der Regierung nicht mehr einschüchtern. Jeder zweite Beschäftigte folgte dem Streikaufruf fast aller Gewerkschaften (nur die Gewerkschaft Memur Sen, die den Islamisten nahe steht, hatte nicht aufgerufen).
Diese Massenbeteiligung löste die Drohungen von Regierungschef Erdogan in Luft auf.
Mit dem Streiktag gegen die sinkende Kaufkraft und für höhere Löhne haben die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes nicht nur auf ein schweres Problem aufmerksam gemacht, dass alle Arbeitenden, auch in der Privatwirtschaft, betrifft.
Sie haben vor allem gezeigt, wie Entschlossenheit und Zusammenhalt der Arbeitenden die Drohungen und Verbote der Bosse und der Regierung besiegen können.