Tarifrunden: Wo bitte gibt es „Frieden“ zwischen Arbeitern und Unternehmern?

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In fast allen Tarifrunden in diesem Jahr haben die Bosse zwar ein klein wenig höheren Lohnerhöhungen zugestimmt als sonst. Dafür aber wurden überall extrem lange Laufzeiten vereinbart: 24 Monate in der Kautschukindustrie, 25 Monate in der Logistik, 26 Monate in der Bau-, 27 in der Metall- und Elektroindustrie und sogar 30 Monate im öffentlichen Dienst. Die nächsten offiziellen Lohn-Verhandlungen dürfen also erst in zwei bis zweieinhalb Jahren stattfinden.
Wollten die Unternehmer verhindern, dass die derzeitigen Rekordgewinne, die hohe Auslastung und all die Reden von glänzender Wirtschaft die Arbeiter noch auf die Idee bringen, im nächsten Jahr mehr Lohn zu verlangen und offensivere Forderungen zu stellen?

Sicher ist, dass sie von uns Arbeitenden jetzt betrieblichen „Frieden“ verlangen. Wir sollen mehr als zwei Jahre lang stillhalten, während sie ihren Krieg gegen uns fortsetzen: Sie wollen weiterhin Stellen abbauen, womit die Arbeitslast für die verbleibenden Arbeiter noch größer wird. Sie wollen weiter Bereiche in schlecht bezahlte Subfirmen auslagern… Mit ihren Angriffen sorgen sie obendrein dafür, dass immer mehr Arbeitende die tariflichen Lohnerhöhungen gar nicht mehr bekommen: die vielen Leiharbeiter, all die Arbeiter der ausgelagerten Tochter- und Fremdfirmen, oder auch ganze Konzerne wie Real, die komplett aus dem Tarifvertrag aussteigen. Das alles, um ihre Rekordgewinne noch weiter zu steigern.

An ihre „Friedenspflicht“ zwischen zwei Tarifrunden haben sich die Bosse noch nie gehalten. Also, warum sollten wir Arbeitende es tun?