Es ist eine erdrutschartige Niederlage. In quasi allen großen Städten der Türkei hat Erdogans Partei AKP die Kommunalwahlen verloren, darunter die ihm wichtigsten: Istanbul und die Hauptstadt Ankara.
Und das, nachdem Erdogan in den letzten Jahren vor keinem Mittel zurückgeschreckt ist, um seine Macht zu sichern.
Er hat hunderttausende Kritiker und vermeintliche Regime-Kritiker aus dem Öffentlichen Dienst entlassen und verhaften lassen und so ein Klima der Angst geschürt. Er hat nationalistische Hetze und Gewalt geschürt, insbesondere durch einen neuen Krieg gegen die Kurden in der Türkei und im Ausland. Er hat reihenweise kritische Journalisten verhaften lassen und 95% der Medien unter seine Kontrolle gebracht, die Tag und Nacht für ihn Propaganda machen. Und bei Wahlergebnissen hat er gerne mal nachgeholfen.
Doch all das hat nicht mehr geholfen. Die Realität der Wirtschaftskrise, der Arbeitslosigkeit, der steigenden Preise und der arbeiterfeindlichen Sparmaßnahmen der Regierung waren stärker. Mit nationalistischen Parolen kann man keinen Einkaufskorb füllen.
Viele ehemalige Anhänger Erdogans sind nicht mehr wählen gegangen oder haben die Oppositionsparteien gewählt. Diese jedoch – ein Bündnis aus der sich sozialdemokratisch nennenden, nationalistischen CHP und einer Abspaltung der rechtsextremen MHP (der Grauen Wölfe) – sind ebenso Feinde der Arbeiter. Sie haben bereits erklärt, dass sie mit Erdogans Regierung „zum Wohle des Landes“ zusammenarbeiten werden.
Auf diese Oppositionsparteien werden die Arbeiter nicht zählen können, um sich gegen diesRegierung und die Konsequenzen der Krise zu verteidigen. Doch das ist auch nicht nötig. Die türkische Arbeiterklasse hat selber die Kraft und die Kampfbereitschaft hierzu. Das hat sie bereits oft genug bewiesen.