Überall erzählen uns die Unternehmer mit Krokodilstränen in den Augen, es falle ihnen schwer, aber sie „müssten“ einfach bei uns sparen: Sie „müssten“ Stellen abbauen, Betriebsrenten und Altersteilzeit kürzen, das Arbeitstempo erhöhen, mehr an Fremdfirmen auslagern, mehr Befristung und Leiharbeit einführen, die Löhne kürzen… Angeblich ginge es nicht anders: Die Konkurrenz sei so hart, die Verluste zu hoch, der Absatzmarkt zu wackelig.
Nur, wenn es um die großen Aktionäre geht, da sieht die Lage auf einmal anders aus. Für sie haben die Konzerne immer Geld, und zwar immer mehr. Allein die 30 größten deutschen Konzerne, von der Deutschen Post bis Siemens, haben ihren Aktionären in diesem Jahr über 30 Milliarden Euro an Gewinnausschüttung (Dividende) geschenkt, so viel wie noch nie.
Ja, während sich Siemens-Arbeiter um ihren Arbeitsplatz sorgen müssen, weil Siemens wegen der angeblich „schwieri-gen Lage“ tausende Stellen vernichten will, schenkt Siemens seinen Aktionären 2,75 Milliarden Euro an Dividende, 10% mehr als im Vorjahr.
Und das gilt sogar für Konzerne, die Verluste machen. Denken wir nur an E.ON! Die entlassen tausende Arbeitende, machen drastische Sparprogramme und verlangen Milliardenhilfen vom Staat, alles weil sie angeblich Milliardenverluste machen. Doch gleichzeitig zahlt E.ON seinen Aktionären auch in diesem Jahr eine saftige Gewinn(!)-Ausschüttung. Zig Mal so viel, wie E.ON einspart, indem es tausenden Arbeitern ihren Arbeitsplatz und ihren Lohn raubt, gibt E.ON gleichzeitig für die Dividenden der Aktionäre aus.
Dafür halten wir unsere Knochen auf der Arbeit hin, hangeln uns von Leiharbeits- zu befristetem Vertrag und warten auf die Armutsrente: Damit die großen Aktionäre noch reicher werden!
Diese Großaktionäre sind niemand anderes als die 1 Prozent Reichsten der Welt, ganz vorne mit dabei die reichsten Deutschen: Schaeffler, die Familie Quandt, die Aldi-Brüder… Alle diese Milliardäre und Multimillionäre besitzen Anteile an den großen Unternehmen.
Für sie haben die Betriebe nur eine Aufgabe: Sie sollen Gewinn abwerfen. Die Kapitalisten legen kein Geld in einem Stahlkonzern oder Möbelhaus an, weil sie der Stahl oder die Möbel interessieren. Die Betriebe sind für sie nur eine Kapitalanlage. Was sie interessiert, ist dass sie am Ende mehr Geld haben als vorher. Und das ist nur möglich, indem sie sich Monat für Monat, Jahr für Jahr einen Teil des Reichtums, den die Arbeitenden in diesen Unternehmen schaffen, aneignen.
Das ist ein Hauptgrund, warum die Reichen immer reicher werden: Weil sie die Arbeiter immer stärker ausbeuten, weil sie immer mehr Reichtum aus den Unternehmen ziehen.
Und sie werden dabei immer rücksichtsloser. Denn ihre Wirtschaft steckt in der Krise, und die Großaktionäre haben daher kein Vertrauen in die Zukunft. Sie befürchten, dass vielleicht bald die nächste Finanzkrise kommt, dass der Markt in China oder ein anderes Herzstück der Wirtschaft zusammenbricht. Und deshalb wollen sie umso schneller möglichst viel Gewinn aus den Betrieben herausholen und auf ihre privaten Konten verfrachten – koste es, was es wolle:
Egal, wie viele Arbeiter sie dafür entlassen, wie sehr sie die Arbeitshetze erhöhen, wie viele Löhne sie kürzen. Egal, wie sehr die Großkonzerne dafür die kleineren Betriebe auspressen, die das dann auf ihre Arbeiter abwälzen. Und egal, wie viel Steuern die Konzerne dafür hinterziehen und wie viele Aufträge und Gelder sie sich vom Staat schenken lassen, der das dann bei den Arbeitenden im Öffentlichen Dienst einspart. Alles egal, Hauptsache, am Jahresende steigt die Dividende.
Kein Arbeitender wird also verschont. Ob wir nun in Groß- oder Kleinbetrieben arbeiten, in privaten Firmen oder im Öffentlichen Dienst, ob wir arbeiten, Arbeit suchen oder Rentner sind – wir alle werden immer und immer wieder angegriffen.
Doch gerade das wird der kapitalistischen Klasse irgendwann zum Verhängnis werden. Denn es trägt auch dazu bei, uns bewusst zu machen, dass alle Arbeitenden dieselben Probleme und Gegner haben. Dass es für uns alle nur einen Ausweg gibt, wenn wir uns gemeinsam der Profitlogik entgegenstellen. Wenn wir dafür kämpfen, dass der von uns Arbeitenden geschaffene Reichtum zuallererst unsere Existenzgrundlage sichert.
Dass Entlassungen verboten und die Unternehmen stattdessen gezwungen werden, die Arbeit wieder unter mehr Kollegen aufzuteilen. Dass die Älteren in Rente gehen können und dafür junge Leute eingestellt werden. Dass alle unbefristete Festverträge bekommen – und zwar zu Löhnen und späteren Renten, von denen man vernünftig leben kann.
Und gerade weil die kapitalistische Klasse uns nicht in Ruhe lässt, weil sie uns alle ständig und immer rücksichtsloser angreifen wird, wird sie die Arbeitenden irgendwann davon überzeugen, diesen Kampf zahlreich wieder aufzunehmen.