Tröglitz war kein Einzelfall. Drei weitere Flüchtlingsheime wurden in den letzten Monaten in Brand gesteckt. In Hessen schossen Rechtsradikale mit einer Waffe auf ein Flüchtlingsheim. In Wuppertal drangen sie in das Heim ein, fotografierten die Flüchtlinge und stellten die Fotos ins Internet: zum Abschuss freigegeben. In Dortmund standen Rechtsradikale vermummt mit Fackeln vor dem Heim. In Frankfurt/Oder schlugen sie zwei syrische Flüchtlinge krankenhausreif.
Die Liste ist nicht zu Ende. Denn die Anschläge auf Flüchtlinge nehmen immer mehr zu, besonders seit Pegida. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es die ersten Todesopfer geben wird.
Diese Flüchtlinge sind eben der Gefahr von Krieg, Elend und Flucht entronnen, sie dachten sie wären endlich in Sicherheit. Und dann sowas!
Die Rechtsradikalen sind ganz kleine Gruppen. Doch sie arbeiten mit Einschüchterung und Terror. Sie terrorisieren Flüchtlinge und andere, die ihnen nicht passen. Und sie versuchen alle einzuschüchtern, die sich ihnen entgegenstellen… damit sich irgendwann keiner mehr traut, etwas zu sagen.
Dem Bürgermeister des kleinen Dorfes Tröglitz, der sich für das Flüchtlingsheim einsetzte, schickten sie Morddrohungen und wollten vor seiner Haustür aufmarschieren. Er wehrte sich trotzdem, zusammen mit zahlreichen anderen Anwohnern. Doch als er erschüttert feststellte, dass alle – Politiker des Landkreises, Behörden und Polizei – ihn und die anderen Einwohner alleine ließen und gleichgültig zusahen, trat er zurück.
Und auch diese passive Haltung des Staates ist kein Einzelfall. Trotz ihrer großen Reden: Wenn es wirklich drauf ankommt, sind die staatlichen Organe die letzten, auf deren konkrete Unterstützung sich die Bevölkerung und die Flüchtlinge verlassen können.
Mehr noch: Die herrschenden Politiker schaffen selber den Nährboden für die rechtsextremen Gruppen. Nicht zuletzt, weil auch sie Woche für Woche wiederholen, die Flüchtlinge wären angeblich ein riesiges und teures „,Problem“, und weil auch sie den Eindruck vermitteln, kaum ein Land müsste so viele Flüchtlinge versorgen wie Deutschland.
Dabei bleiben meisten Flüchtlinge in den armen Ländern gefangen. Denn selbst Kriegsflüchtling können nicht legal nach Deutschland einreisen. Der einzige Weg führt illegal über das Mittelmeer. Doch wie viele Boote kentern! Wie viele Flüchtlinge erreichen Europa nur als Leichen. Und von Woche zu Woche werden die Toten mehr.
Die wenigen Flüchtlinge, die es lebend bis Deutschland schaffen, werden in unwürdige Unterkünfte gepfercht, für die man so wenig Geld wie möglich ausgibt: vier Menschen unterschiedlicher Herkunft in einem kleinen Zimmer oder 50 in eine Turnhalle. Und die große Mehrheit wird schnell wieder in die armen Länder abgeschoben.
Diese Flüchtlinge verursachen auch keine „unbezahlbaren Kosten“. Nehmen wir die Stadt Essen. 2014 hat sie 6,6 Millionen mehr für Flüchtlinge ausgegeben. Doch gleichzeitig hat sie fünf Mal soviel verloren, nur weil die großen Essener Konzerne 37 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer gezahlt haben.
Und reden wir nicht vom Bund, der den Konzernen und Banken jeden Tag (!) mehr Subventionen schenkt, als er für die Flüchtlinge im gesamten Jahr ausgibt. Diese Konzerne, die kaum noch Steuern zahlen und die öffentlichen Kassen ausplündern, sind die wahren „unerträglichen Kosten“. Im Gegensatz zu diesen Parasiten geht die Mehrheit der Flüchtlinge nach kurzer Zeit arbeiten – und zahlt Steuern.
Doch von diesen wahren Parasiten wollen die Herrschenden ablenken. Deshalb erwecken sie lieber den Eindruck, dass kein Geld für die Schulen und keine Sozialwohnungen da wären, weil man alles für die Flüchtlinge bräuchte.
Die Politiker selber machen so die Hilflosesten dieser Gesellschaft – die Flüchtlinge – zu den Sündenböcken für die leeren Kassen und die Armut, die in Wahrheit die herrschende Klasse und ihre Politik verursacht.
Eben das ist der Nährboden, auf dem rechtsextreme Ideen stärker werden können. Die Erfolge von Pegida und der AfD sind ein Ausdruck davon. Und diese Erfolge ermutigen einige Rechtsradikale dazu, nicht bei Worten stehen zu bleiben.
Und es ist leider wahrscheinlich, dass die Regierung unter diesem rechten Druck selber noch härtere Maßnahmen gegen Flüchtlinge durchsetzen und einen Teil der rechten Propaganda übernehmen wird… was die Rechten wiederum noch stärker macht.
Darauf zu hoffen, dass die Regierung, dass der Staat die rechte Entwicklung und den rechtsradikalen Terror bekämpft, ist also nicht nur sinnlos, es ist gefährlich. Die einfache Bevölkerung kann nur auf sich selber zählen. Das fängt damit an, sich nicht einschüchtern zu lassen: wie in Tröglitz, wo Einwohner nach dem Brand anboten, die Flüchtlinge bei sich zuhause aufzunehmen. Es fängt damit an, sich in einem Dorf oder Stadtteil zu organisieren, um sich gegenseitig und die Flüchtlinge zu unterstützen und vor Angriffen zu schützen.
Letztendlich jedoch kann man die rechte Entwicklung nur bekämpfen, wenn man ihren Nährboden bekämpft. Wenn die arbeitende Bevölkerung wieder anfängt, sich gegen die wahren Verursacher von Armut, Arbeitslosigkeit und leeren Kassen zusammenzutun und zu wehren: gegen die herrschende kapitalistische Klasse und ihre Regierung. Diese Perspektive in der arbeitenden Bevölkerung zu verbreiten, ist daher das Wichtigste, was wir heute gegen das Erstarken der Rechten tun können.