Die (politischen) Methoden der Rechtsradikalen: Einschüchterung, Terror und Mord

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Mittlerweile scheint festzustehen, dass der Kassler Regierungspräsident Lübcke (CDU) am 3. Juni von einem rechtsradikalen Aktivisten ermordet worden ist. 2015 hatte Lübcke es gewagt, rechtsextremen Pegida-Aktivisten auf einer Bürgerversammlung die Stirn zu bieten. Auf ihre Forderung „Flüchtlinge raus“ schlug er ihnen vor, sie selber könnten ja stattdessen das Land verlassen.

Diese eine Aussage machte ihn zu einem der beliebtesten Hassobjekte der AfD-Propaganda im Netz. Monatelang erhielt er Morddrohungen. Der bekannte rechte Autor Pirinci schrieb zu ihm: „Die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“
Fast vier Jahre später wurde Lübcke im Zuge der Europawahl erneut zur Zielscheibe von Hasstiraden im Internet. Und nur wenige Tage nach den europaweiten Wahlerfolgen der extremen Rechten wurde Lübcke mit einem gezielten Kopfschuss umgebracht.

Der mutmaßliche Täter Stephan E. ist seit mindestens 26 Jahren in der rechtsradikalen Szene aktiv. In den 1990ern beteiligte er sich an Anschlägen auf Asylbewerberheime. Später gehörte er der bewaffneten, rechtsradikalen Terrormiliz Combat 18 an, die in mehreren Ländern Europas aktiv und für zahlreiche Anschläge und Morde verantwortlich ist. 2009 gehörte er zu den gut organisierten Rechtsradikalen, die in Dortmund die 1.Mai-Demonstration der Gewerkschaft angriffen und Steine auf demonstrierende Arbeiter schmissen. Und nun hat er wohl einen Politiker ermordet.

Der Lebensweg von Stephan E. ist typisch für die Rechtsradikalen und macht deutlich, was uns mit ihnen erwartet. Sie sind nur eine Minderheit, doch mit Einschüchterung und Terror versuchen sie, Einfluss zu bekommen – wobei sie vor Mord nicht zurückschrecken. Sie richten sich gegen alle, die eine andere Meinung vertreten und sich gegen sie stellen. Und sie richten sich ganz grundsätzlich gegen die Arbeiter und ihre Organisationen.
Heute terrorisieren sie meistens den schwächsten Teil der Arbeiterklasse: die Arbeiter ausländischer Herkunft. Außerdem – wenn auch noch vereinzelt – Kundgebungen der Gewerkschaften. In Italien haben sie – ermutigt durch die hetzerischen Reden des rechtsextremen Innenministers Salvini – begonnen, ausländische Arbeiter und Gewerkschafter anzugreifen, die sich gegen die unmenschliche Ausbeutung auf den Plantagen zu wehren versuchen.
Und erinnern wir uns, wie Amazon gezielt eine rechtsextreme Gruppe engagiert hat, um seine ausländischen Saisonarbeiter außerhalb der Arbeit und sogar in ihren Unterkünften zu überwachen und in Schach zu halten.

Sollten sie an Stärke und Rückhalt gewinnen, werden diese Rechtsradikalen morgen wie in der Vergangenheit versuchen, als Handlager für die Unternehmer Streiks und Arbeiterproteste auseinanderzutreiben.
Dies ist ein Grund, warum das Erstarken der rechtspopulistischen Parteien in ganz Europa so gefährlich für uns Arbeitende ist. Ihr Erstarken führt dazu, dass diese rechtsradikalen Schläger sich stärker und in ihrem Terror ermutigt fühlen. Und es führt auch zu einem wachsenden Rückhalt der Rechtsextremen im Staatsapparat, wie die verschiedenen Skandale mit rechtsextremen Polizistengruppen und nicht zuletzt der Fall des Präsidenten des Verfassungsschutzes, Maaßen, gezeigt haben.
Auch der Spitzenkandidat der AfD in Görlitz, der beinahe erster AfD-Oberbürgermeister geworden wäre, ist Polizeikommissar. Und in manchen ländlicheren Gegenden Ostdeutschlands ist es für die Gewerkschaft bereits schwer, eine Kundgebung anzumelden, weil AfD-nahe Beamte sie verbieten.

Ein solcher Staat kann und wird uns nicht vor den Rechtsradikalen schützen. Auch, weil er grundsätzlich der Staat der kapitalistischen Klasse ist und Rechtsradikale eben keine Gegner des kapitalistischen Systems sind, sondern ihre Herrschaft nur eine Variante ist, die das kapitalistische System annehmen kann.

Wir Arbeitenden müssen uns darauf vorbereiten, uns und unsere Organisationen selber zu verteidigen: unser Recht, unsere Meinung zu sagen, uns zu organisieren, zu demonstrieren oder zu streiken. Und auch darauf, die Ursachen dieser rechtsextremen Gefahr zu bekämpfen: die kaputte kapitalistische Gesellschaft, zu deren Fäulnisprodukten der Anstieg rückwärtsgewandter, rechtsextremer Ideen und Terrorgruppen gehört.