In der Demokratischen Republik Kongo (DRK) tobt seit fast dreißig Jahren ein Krieg, der von den Medien nahezu totgeschwiegen wird. Zwischen 6,5 und 10 Millionen Menschen wurden in ihm bereits getötet und mehr als 7 Millionen wurden vertrieben. Nur dank der Spieler der Nationalmannschaft kam dieser Krieg kurzzeitig einmal ins öffentliche Bewusstsein: Beim Afrika-Cup 2024 hielten diese sich eine Revolverhand an ihre Schläfe und eine andere vor ihren Mund, um das blutige Chaos im Kongo und das Schweigen der Großmächte anzuprangern.
Wir veröffentlichen zu diesem Thema die gekürzte Übersetzung eines Artikels aus der Zeitschrift Lutte de Classe (Nr.241, Juli/August 2024), der zweimonatlichen Zeitschrift unserer französischen Genossen von Lutte Ouvrière.
Der Osten der Demokratischen Republik Kongo, der 3.000 Kilometer von der Hauptstadt Kinshasa entfernt liegt, wird von 200 verschiedenen bewaffneten Banden terrorisiert. Einige werden von kongolesischen Kriegsherren angeführt, andere sind mit den Nachbarstaaten Ruanda, Uganda und Burundi verbunden. Diese bewaffneten Milizen leben von der Erpressung der Kleinbauern, die Edelhölzer fällen oder Kakao produzieren, und von der Ausbeutung Hunderttausender „Erzschürfer“. In zwei der wichtigsten Provinzen, Nord- und Süd-Kivu, gibt es nämlich die weltweit größten Reserven an Coltan (dem Erz, aus dem Tantal gewonnen wird), sowie Zinn- und Wolframvorkommen. Dies sind wichtige Metalle für die Elektronik-, Rüstungs-, Auto- und Luftfahrtindustrie. In Kivu und Ituri weiter nördlich gibt es auch große Mengen an Gold.
Die ständigen Kriege und alles, was sie mit sich bringen – Übergriffe, Vergewaltigungen und Genitalverstümmelungen, die als Waffen im Krieg eingesetzt werden – haben Ursachen. Sie haben eine Geschichte und Verantwortliche, und zwar unsere sauberen Machthaber in den imperialistischen Großmächten. (…)
Die Kolonialpolitik hat tickende Zeitbomben hinterlassen
Der afrikanische Kontinent wurde 1885 in Berlin unter den Großmächten aufgeteilt. Die heutigen Rivalitäten haben da ihren Ursprung. Kongo Leopoldville (die spätere DRK, eine Region von der Größe Westeuropas und Einzugsgebiet des Kongoflusses) wurde zunächst eine belgische Kolonie. Sie war persönliches Eigentum des belgischen Königs Leopold II und ihre Grenzen waren natürlich ohne Rücksicht auf Bevölkerung, Sprachen und Bräuche gezogen worden. Großbritannien riss sich Uganda unter den Nagel, Deutschland kolonisierte Ruanda und Burundi, die 1918 in den Besitz Belgiens übergingen.
Nach dem Motto „Teile und Herrsche“ machten sie aus den dort lebenden Menschengruppen feste, voneinander getrennte Einheiten, die sie Ethnien nannten. In Ruanda begünstigten die Kolonialherren die Tutsi-Eliten. Im benachbarten Kongo stellten sie jedoch die traditionellen Tutsi-Führer ruandischer Abstammung kalt, die sie für aufsässig hielten. Außerdem siedelten sie ganze Bevölkerungen entsprechend ihrem Bedarf an Arbeitskräften um. Im Jahr 1937 gründete die belgische Kolonialverwaltung die Banyarwanda Immigration Mission, die Tutsi aus Ruanda in kongolesische Gebiete deportierte. Auch Hutu aus Ruanda wurden umgesiedelt, um in den Goldminen von Kivu und den Kupferminen von Katanga zu arbeiten. Die belgischen Kolonialherren machten sich die ethnischen Spaltungen zunutze und verschärften sie, genau wie die Briten und Franzosen in ihren jeweiligen Kolonialreichen. Damit legten sie Zeitbomben, die bis heute explodieren.
Als Belgien dem Kongo 1960 die Unabhängigkeit zugestand, war die Einheit des Landes äußerst fragil. Nichts in der kolonialen Vergangenheit hatte es ermöglicht, feste Bindungen zwischen den verschiedenen Regionen dieses riesigen Landes zu knüpfen. Die Wirtschaft war vollständig auf die Bedürfnisse des Mutterlandes Belgien ausgerichtet worden. Es gab keine starke nationale, also kongolesische Bourgeoisie oder auch nur eine landesweit vereinte politische Führungsschicht. Kaum war der kongolesische Staat unabhängig, geriet er daher unter starken separatistischen Druck. Jeder politische Clan war in einer anderen Provinz verwurzelt und verteidigte seinen Zugang zu den Reichtümern des Landes.
Und hinter jedem Clan stand eine Großmacht. Von 1960 bis 1963 unterstützten die Belgier und Franzosen die Abspaltung von Katanga, einer Region, die reich an Kupfer und Kobalt ist. Die USA sahen den Zerfall des Landes jedoch kritisch. Dieser hätte nicht nur den weniger mächtigen Konkurrenten (Frankreich und Belgien) zugute kommen, sondern auch die gesamte Region destabilisieren und den sowjetischen Einfluss fördern können.
1963 griffen die USA über die UNO daher militärisch ein. Sie brachten den Oberst Mobutu Sese Seko an die Macht, um eine Abspaltung Katangas zu verhindern und eine starke Macht gegen die Aufstände und Guerillabewegungen im Kongo zu etablieren (…). Im unabhängigen Kongo waren nämlich Guerillabewegungen entstanden, die sich mehr oder weniger auf den Marxismus beriefen. Eine von ihnen war die Guerillabewegung von Laurent-Désiré Kabila, der dreißig Jahre später von sich reden machen sollte. Kabila durfte Che Guevara in seinen Unterschlupf begrüßen, der mit 150 kubanischen Ausbildern angereist war.
In dieser Zeit gab es auch ein politisches Erwachen in der Arbeiterklasse, nicht zuletzt unter den Bergarbeitern, die Jean Zieglers Roman Das Gold von Maniema beschreibt. Doch die Kämpfe der Arbeiter wurden von den Guerillas geleitet… und fehlgeleitet. Denn diese beriefen sich zwar auf den Marxismus, aber nur um die Unterstützung der UdSSR zu bekommen. In Wahrheit ging es ihnen in ihrem Kampf darum, ihren Machtapparat und ihren politischen Führungsanspruch gegen die vom Imperialismus unterstützte Staatsgewalt zu verteidigen.
32 Jahre lang plünderte Mobutus diktatorisches Regime die Reichtümer des Landes, was zum Verfall der Infrastruktur, der wenigen öffentlichen Diensten und sogar der Industrie- und Bergbauunternehmen führte. Diese Plünderung war nur möglich dank der permanenten militärischen, finanziellen und politischen Unterstützung der Großmächte, für die Mobutu der treueste Staatschef in der Region war. Ab den 1980er Jahren jedoch wurde die wirtschaftliche Lage katastrophal, als die Rohstoffpreise in den Keller gingen. Die vom IWF und der Weltbank auferlegten „Strukturanpassungspläne“ vernichteten auch noch den Rest der verbliebenen Schulen, Krankenhäusern und Gesundheitszentren.
Das Chaos in der DRK, ein Ergebnis imperialistischer Rivalitäten
In den 1990er Jahren war das Mobutu-Regime ausgeblutet. Die Wirtschaftskrise verschärfte die inneren Spannungen und Abspaltungstendenzen. Die nationale Armee hatte nicht mehr die Mittel, um ihre Soldaten auszurüsten und zu bezahlen. Im Osten stützten sich Politiker auf ethnische Rivalitäten und schufen sich eigene Truppen, um ihre lokale Macht zu stärken und sich zu bereichern. Bereits 1993 führte ihre demagogische Politik in Nord-Kivu zu Pogromen gegen Tutsi, bei denen 7000 Menschen getötet und 250.000 vertrieben wurden. Was die Region jedoch in einen Krieg stürzte, war der Völkermord in Ruanda im Jahr 1994, den das Hutu-Regime an den Tutsi verübte. Das Regime erhielt hierbei bis zum Schluss die volle Unterstützung Frankreichs, das die völkermörderische Armee bewaffnet und geschützt hat.
Das Hutu-Regime wurde daraufhin von der gegnerischen (und von den USA unterstützten) Armee von Paul Kagamé geschlagen. (…) 1,5 Millionen Hutus flüchteten daraufhin in den Ost-Kongo, ebenso die Reste des alten Regimes, das die Flüchtlinge dort als Manövriermasse nutzte. Es bildete im Ost-Kongo die 100.000 Soldaten starke Demokratische Front zur Befreiung Ruandas, die die kongolesische Tutsi-Bevölkerung angriff. Als Reaktion auf diese Übergriffe bildeten Tutsi ihrerseits Milizen. (…) Das blutige Chaos in Ruanda griff somit auf den Kongo über. (…)
1997 ließen die USA Mobutu fallen und setzten auf seinen alten Konkurrenten Laurent-Désiré Kabila. Von seiner Hochburg im Osten aus (…) stürzte Kabila den alten Diktator Mobutu, dessen Armee zusammenbrach. Kapitalisten, die mit dem angloamerikanischen Imperialismus verbunden waren, brachte diese Unterstützung viele Vorteile: Sie erwarben vom kongolesischen Staat zahlreiche Bergbau-Konzessionen, die Kabila und seinem Umfeld ebenfalls ordentlich Geld in die Kassen spülten. Die französischen Konzerne hingegen gingen leer aus, da Frankreich bis zum Schluss Mobutu unterstützt hatte.
Die Vergabe der Schürfrechte für den kongolesische Bergbau erwies sich als Jackpot. Dementsprechend wuchs der Hunger der örtlichen Machthaber, von diesem Kuchen ebenfalls etwas abzubekommen. (…) Jeder wollte die Diamanten-, Kuper- und Kobalt-Vorkommen unter seine Kontrolle zu bringen. Von 1998 bis 2003 wurde fast das gesamte Land in einem neuen Krieg um diese Gebiete verwüstet. Der Osten des Landes wurde von ruandischen und ugandischen Truppen besetzt. Bis zu zwölf afrikanische Länder waren in diesen „afrikanischen Weltkrieg“ verwickelt.
Doch nicht alle Akteure dieses großflächigen Krieges waren in gleichem Maße verantwortlich. Die kleinen Warlords und über ihnen die kongolesischen oder ausländischen Truppen waren zwar sehr wohl für ständigen Übergriffe auf die Bevölkerung und die Gewalt verantwortlich. Aber die eigentliche Verantwortung für diese Katastrophe trugen die imperialistischen Großmächte. Denn um ihren jeweiligen Konzernen den Zugang zu den wertvollen Bodenschätzen zu sichern und ihn gegen ihre Konkurrenten zu verteidigen, unterstützte jede der imperialistischen Mächte einen bestimmten Diktator oder eine bewaffnete Gruppe und lieferten ihnen über Mittelsmänner (Söldner und Schmuggler) Waffen, die die Region verwüsteten.
Die Barbarei ist also kein Geburtsfehler der Demokratischen Republik Kongos und Afrikas: Sie ist ein imperialistisches Exportprodukt, genauso wie das Sturmgewehr und der Raketenwerfer.
Die endlosen Konflikte, eine Folge des Raubtierkapitalismus
2003 gab es angeblich Friedensabkommen. Doch in Wahrheit wurde der Krieg im Osten der DRK nie beendet. Auch heute noch ist die Bevölkerung gefangen zwischen einer Vielzahl von bewaffneten Banden. Einige sind kleine Banden, die ein handwerklich betriebenes Bergwerk oder ein Dorf und seine landwirtschaftlichen Flächen kontrollieren (…) Andere sind größer, wie die M23, die von Ruanda unterstützt wird und in der auch ruandische Soldaten aktiv sind; oder die Allied Democratic Forces (ADF), eine Guerilla, die gegen das ugandische Regime kämpft und heute mit dem Islamischen Staat verbündet ist.
Der (…) Nordosten der DRK dient als Rückzugsgebiet für bewaffnete Gruppen, die sich den Regimen der Nachbarländer widersetzen. Alle geben vor, Freiheit, Demokratie und das Volk zu verteidigen. Doch sie alle sind nichts anderes als Militärapparate, die nach der Macht streben und ihre eigene Diktatur errichten wollen.
Die Allianzen und Gegenallianzen zwischen diesen regionalen Milizen und Armeen wechseln ständig, abhängig davon, wer gerade welche der Bodenschätze plündern kann und will, die für die kapitalistische Wirtschaft so wichtig sind. (…) Es gibt auch viele „private Militärfirmen“, ein nette Umschreibung für Söldnerbanden. In der DRK ist die Wagner-Truppe nicht aktiv, dafür aber gibt es Barbouze, die mit Frankreich verbunden sind. In Goma, der Hauptstadt von Nord-Kivu, operieren ehemalige Angehörige der französischen Fremdenlegion (…). Genau wie eine Reihe weiterer ehemaliger Kolonien bricht der kongolesische Staat derzeit zusammen und überlässt die Macht Söldnergruppen, die sich an den Meistbietenden verkaufen, um dessen Plünderung der Bodenschätze der DRK militärisch zu sichern.
Die Plünderung der Rohstoffe
Inmitten dieses Chaos ging der Abbau der Bodenschätze immer weiter. Er war der Motor der Kämpfe und der mörderischen Vertreibungen der Bevölkerung. Der wichtigste Bodenschatz ist Coltan, aus dem Tantal gewonnen wird – ein Metall, das für viele moderne Produkte unverzichtbar ist: chirurgische Implantate und Werkzeuge, Kondensatoren und elektronische Geräte, Speziallegierungen, die vor allem in der zivilen und militärischen Luftfahrt verwendet werden. In der DRK befinden sich wohl zwischen 60 % und 80 % der weltweiten Coltan-Vorkommen. 2019 stammten 44% des weltweit verarbeiteten Coltans aus dem Kongo, etwa 2.000 Tonnen. Das meiste Coltan wird in sogenannten handwerklichen Bergwerken abgebaut, unter ihnen die Rubaya-Mine in Nord-Kivu, aus der 15% des weltweit verarbeiteten Coltans stammt.
Für den Betrieb dieser Bergwerke verkauft das kongolesische Bergbauministerium Konzessionen an Unternehmen. Im Gegensatz zum Kupfer- und Kobaltabbau in Katanga, der von der Schweizer Glencore, der belgisch-kongolesischen Gruppe Georges Forrest und großen chinesischen Staatsunternehmen beherrscht wird, sind die am Coltanabbau beteiligten Unternehmen kleiner. Das benötigte Kapital ist begrenzt, da der Abbau dort mit lächerlich geringen Mitteln erfolgt, allein durch die Muskelkraft der Bergleute, die wie Sträflinge mit Spaten und Brechstange graben. (…)
Zwei Unternehmen dominieren derzeit den Export von Coltan, das in der DRK abgebaut wird, darunter die CDMC, der ein britischer Geschäftsmann namens John Crowley vorsteht, der mit dem Schweizer Broker Chris Huber Geschäfte macht. Die Erze werden nach Ruanda oder Uganda transportiert, auf dem Landweg, mit Piroggen über die Seen der Region oder per Flugzeug. (…) Die Erze werden anschließend zu den großen Häfen an der Ostküste Afrikas, wie Dar-es-Salam in Tansania, transportiert und dort per Schiff zu Schmelzhütten in Thailand, Malaysia oder China gebracht.
Von da gelangen die Metalle schließlich zu den Konzernen der Elektronik-, Luftfahrt- und Rüstungsindustrie in Nordamerika, Europa oder Japan, in die Fabrikhallen von Apple, Intel, Samsung, Motorola, Thales, Dassault usw. Diese Konzerne saugen den Reichtum auf, der von den Bergleuten in der DRK mit lächerlich geringen Mitteln und quasi ohne Ausrüstung abgebaut wird, um die High-Tech-Produktion zu versorgen.
Zertifizierte Barbarei
Offiziell unterliegen Metalle, die in den Kriegsgebieten der DRK abgebaut werden, einem Ausfuhrverbot. (…) Es gibt hübsche Zertifikate, die bescheinigen sollen, dass die Erze nicht aus Gebieten stammen, die von bewaffneten Banden kontrolliert werden. Die Zertifizierung wird jedoch von den Exporteuren selbst vorgenommen – was mit dem Sprichwort kommentiert wird: „Die Wölfe bewachen den Schafstall.“
Damit ihre Erze den richtigen Stempel erhalten, verteilen die Zinn- und Coltan-Kapitalisten Bestechungsgelder an Beamte des kongolesischen Bergbauministeriums. Diese Beamten haben oft keine Wahl: Sie erhalten einen Dollar pro Tag und müssen ihre Familien ernähren. Wer sich widersetzt, muss mit Übergriffen von bewaffneten Bande rechnen, die im Dienste des Unternehmens steht, das die Konzessionen besitzt.
Die Arbeitsbedingungen der 240.000 Arbeiter (der sogenannten „Schürfer“), die in der Gewinnung von Coltan-, Zinn- und Wolframerzen arbeiten, sind unmenschlich. Bewegende Reportagen berichten von dem Leben dieser Bergleute, die Mulden und Stollen in die Wände der Kivu-Berge graben, Frauen und Kinder, die in diese Löcher krabbeln, um die Coltanblöcke herauszuholen – unter der ständigen Gefahr eines Erdrutsches. Die Ausbeutung ist heftig. Die Unternehmen versuchen, den Erzpreis, den sie den Bergleuten zahlen, zu drücken, und manchmal kommt es zu Wutausbrüchen. So kam es 2019 und 2020 in Masisi in Nord-Kivu zu Auseinandersetzungen zwischen Bergleuten und der Bergbaupolizei, die im Dienst der Unternehmen steht, die nie pünktlich zahlen.
Seit 2012 steigt auch die Goldproduktion im Osten der DRK. Die meisten Minen sind handwerkliche Minen, die von bewaffneten Banden kontrolliert werden. Es gibt aber auch industriell betriebene Minen, wie die Kibali-Mine in einer Provinz im Norden von Ituri. Sie ist eine der größten Goldminen der Welt. Die Konzessionen, also die Schürfrechte, liegen in den Händen des südafrikanischen Unternehmens AngloGold und des kanadischen Unternehmens BarrickGold, die wiederum den Betrieb der Mine an eine Tochtergesellschaft des französischen Konzerns Bouygues ausgelagert haben.
Den Arbeitern in den industriell betriebenen Minen geht es etwas besser, aber sie gehören zur selben Arbeiterklasse wie die, die mit rudimentären Mitteln in den sogenannten handwerklichen Minen nach den Erzen graben müssen. Nebenbei sind es oft dieselben Arbeiter: Sie wandern von einer Region in die andere, von einer Mine zur nächsten – einer Mine, die mal von einem Warlord, dann wieder direkt von einem westlichen Kapitalisten kontrolliert wird – je nachdem, wie die Kämpfe gerade verlaufen und wo es gerade Arbeit gibt. Aber die immer wieder explodierenden Wutausbrüche in – industriell wie handwerklich betriebenen – Bergwerken machen auch deutlich, dass die Arbeiter im Kongo wie überall nicht nur Opfer der Ausbeutung sind. Durch ihre Arbeit, ihre unverzichtbare Rolle haben sie auch die Kraft, sich zu verteidigen.
Die Zukunft liegt in den Händen der Arbeiterklasse
Angesichts der grausamen Situation vertreten Journalisten und NGOs die Idee, dass man eine bessere Zertifizierung der exportierten Erze bräuchte. Das ist ein großer Schwindel, solange Behörden und Privatunternehmen diese angebliche Kontrolle durchführen und nicht die Arbeiter selbst. Andere erklären, dass man Produkte, die Coltan oder andere seltene Metalle enthalten, boykottieren sollte. Tantal ist jedoch für medizinische Geräte und lebenswichtige elektronische Anlagen unverzichtbar.
Dann haben die Regierenden der Großmächte behauptet, dass eine Eingreiftruppe der Vereinten Nationen die Lage stabilisieren würde. Wie wir sehen konnten, war dies nicht der Fall, und heute ist die UN-Mission im Kongo (MONUSCO) im Gegenteil dabei, sich zurückzuziehen. Schlimmer noch, einige ihrer Offiziere waren in den Waffenhandel verwickelt.
In der DRK kann (wie in allen vom Imperialismus beherrschten Ländern) nichts Gutes von den Vereinten Nationen und den Großmächten kommen, die die Hauptverantwortlichen für die dortigen Probleme sind. Ebenfalls nichts Gutes kann von den Politikern des Landes kommen, die hauptsächlich daran interessiert sind, Zugang zu den Brosamen der Ausplünderung zu bekommen, die ihnen die westlichen Kapitalisten überlassen. Die aus dem kolonialen Unabhängigkeitsprozess hervorgegangenen Staaten brechen zusammen und machen deutlich, dass es im Kapitalismus keine Hoffnung auf Entwicklung gibt, nicht einmal in einem so großen und an natürlichen Ressourcen reichen Land wie der DRK.
Der Kapitalismus hat den Osten der DRK in einen blutigen Sumpf verwandelt, der die Vermögen amerikanischer oder europäischer Milliardäre nährt. Dieses Chaos ist kein kongolesisches Problem, sondern ein Beweis dafür, dass der Kapitalismus den vom Imperialismus beherrschten Ländern nichts anderes zu bieten hat als Unterentwicklung und bewaffnete Konflikte überall.
Aber wie überall auf der Welt gibt es auch in der DRK eine Arbeiterklasse, ohne die die Gesellschaft nicht existieren würde, ohne die die Wirtschaft nicht funktionieren würde. Nur von ihr kann Hoffnung auf Veränderung ausgehen: von den Bergleuten; von den unzähligen Arbeitern im Transportwesen, die mit Lastwagen oder einfachen Fahrrädern die Verteilung der lebensnotwendigen Güter an die Bevölkerung sicherstellen; von den Kleinbauern, die den Kakao produzieren; den von den Warlords ausgebeuteten Holzfällern; von den kleinen Straßenverkäuferinnen, den Erzschürferinnen. Auf der anderen Seite der Grenzen, in Uganda oder Burundi, ist das Leben für die Arbeiter kaum einfacher. Auch ihr Leben wird täglich beherrscht von den hohen Lebenshaltungskosten und der Gewalt der Behörden und Polizisten. Die Übergriffe von Milizen wie der M23 und die nationalistische Rhetorik der Politiker schüren ethnische Spannungen. Auch dies ist eine Art, die Armen gegen andere Arme aufzuhetzen – eine Demagogie, die neue Massaker vorbereitet.
Es gibt jedoch keine Fatalität. Wenn die Revolte ausbricht, kann sie ansteckend sein und ausbreiten – umso mehr, da es Verbindungen zwischen all diesen Arbeitern gibt. In Ostafrika, Uganda, Tansania, Kenia und sogar in Mayotte gibt es viele Flüchtlinge aus dem Osten der Demokratischen Republik Kongo. Eine winzige Minderheit schafft es in die reichen Länder, nach Europa und in die USA, wo sie die Reihen der Arbeiterklasse vergrößern. Über die Lieferketten der kapitalistischen Industrie sind wir alle durch Ausbeutung miteinander verbunden.
Nur die Arbeiter können die Gesellschaft wieder auf die Beine stellen, denn sie sorgen überall auf der Welt für die Produktion: von den Coltan-Minen über die Gießereien in Südostasien bis zu den Hightech-Elektronikfabriken in den reichen Ländern. Das Chaos, das sich auf dem gesamten afrikanischen Kontinent und anderswo auf der Welt ausbreitet, hat seinen Ursprung in der Herrschaft der Großmächte. Die nächste Arbeiterrevolution mag von einer DRK-Mine ausgehen, aber sie kann nur siegen, wenn sie sich überall ausbreitet und die gesamte imperialistische Ordnung umstößt. Diesen Kampf kann nur die Arbeiterklasse bis zum Ende führen, in den vom Imperialismus beherrschten Ländern ebenso wie in den Zitadellen des Kapitalismus.